Grundsätzlich werden offene und geschlossene sowie akute und chronische Wunden unterschieden. Es lassen sich aber noch diverse andere Differenzierungen feststellen. Diese Seite gibt Ihnen einen Überblick über die gängigsten Wundarten.
Unter einer Wunde versteht man eine Verletzung der Haut und ggf. der darunter liegenden Strukturen.
Bei einer offenen Wunde besteht immer eine Verletzung der Haut und je nach dem, ob eine weitere Verletzung tieferer Strukturen vorliegt, wird zwischen einer einfachen oder komplexen Wunde unterschieden. Unter einer einfachen Wunde versteht man eine oberflächliche Verletzung der Haut ohne eine Mitbeteiligung tieferer Gewebestrukturen. Gibt es Verletzungen an Muskeln, Sehnen, Knochen, Gelenken, inneren Organen oder Nerven, so handelt es sich um eine komplexe Wunde.
Bei einer geschossenen Wunde befindet sich die Schädigung des Gewebes unter intakter Haut, wie es z. B. bei Hämatomen, Quetschungen, Prellungen, geschlossenen Frakturen oder Organverletzungen der Fall ist.
Eine kleine Wunde hat folgende Eigenschaften:
Dementsprechend können folgende Eigenschaften einer großen Wunde zugeordnet werden:
Die Ausnahme bilden Wunden an Kopf (einschl. sichtbarer Hals) und Händen. Diese werden immer als große Wunden definiert. Alle Wunden bei Kindern bis zum 6. Geburtstag sind laut der aktuellen UV-GOÄ Kapitel L., Allgm. Bestimmungen grundsätzlich als groß zu bezeichnen.
Jede Wunde, die nach einem Zeitraum von acht Wochen noch nicht abgeheilt ist, gilt als chronische Wunde. Abgesehen von diesem zeitlichen Rahmen, gibt es Wunden, die schon ab Entstehungszeitpunkt als chronisch anzusehen sind. Dazu zählen beispielsweise das Ulcus cruris venosum, Ulcus cruris arteriosum, Ulcus cruris mixtum, der Dekubitus sowie die diabetische Fußwunde. Diesen Wunden liegt eine Ursache oder chronische Erkrankung zu Grunde, deren Mitbehandlung für den Abheilungserfolg zwingend notwendig ist. Für die Planung der damit verbundenen Kausaltherapie steht deshalb an erster Stelle eine differenzierte Diagnosestellung.
Ausführliche Informationen finden Sie im Fachartikel zu chronischen Wunden.
Akute Wunden werden durch ein unmittelbares Ereignis hervorgerufen, wie z. B. einen Sturz, einen Schnitt oder ein ähnliches Trauma. In den meisten Fällen heilen diese Wunden innerhalb von drei Wochen komplikationslos ab.
Laut Definition der ICW (Initiative chronische Wunde) gilt jede Wunde, die nicht chronisch ist als akute Wunde.
Ausführliche Informationen finden Sie im Fachartikel zu akuten Wunden.
Von einer primären Wundheilung ist immer dann die Rede, wenn ein primärer Wundverschluss erfolgt ist. Dies ist nicht bei allen Wundarten möglich und abhängig von der Ursache und dem Erscheinungsbild der Wunde. Wichtigste Voraussetzung ist, dass die Wunde sauber ist und die Wundränder glatt sind. Je nach Wundursache ist es möglich, den erforderlichen Zustand operativ herzustellen, um die Wunde dann verschließen zu können. Zu den klassischen primär heilenden Wunden zählen z.B. iatrogene bzw. postoperative Wunden.
Ist ein primärer Wundverschluss nicht möglich, muss die Wunde sekundär abheilen. Die Wundheilung ist hier von der Tiefe nach oben und von außen nach innen zu beobachten. Die Dauer der Wundheilung wird von vielen Faktoren beeinflusst.
Mehr zu der Einteilung keimbesiedelter Wunden finden Sie im Beitrag zu infizierten Wunden.
Wie unsere intakte Haut, sind auch alle Wunden von Keimen besiedelt. Je nach Höhe der Keimanzahl und den daraus resultierenden Auswirkungen auf den Körper/Organismus unterscheidet man folgende Abstufungen:
Jede Wunde weißt eine gewisse Besiedelung mit Keimen unserer Hautflora auf, bei der sich im Abstrich auch ggf. pathogene Keime finden lassen. Die Anzahl der Keime ist hierbei meist gleichmäßig, so dass in der Wunde erstmal ein Gleichgewicht besteht. In dieser Phase hat das reine Vorkommen von Keimen in der Wunde keine Verschlechterung der Wundheilung zu folge.
Nimmt die Keimanzahl eines bestimmten Keimes in der Wunde in dem Maße zu, dass er die Überhand gewinnt und sich immer weiter vermehren kann, sprechen wir von einer kritischen Kolonisation. Sie ist quasi die Vorstufe der Wundinfektion, in der noch keine lokalen Infektionszeichen feststellbar sind. Jedoch kann es hier schon zu einer feststellbaren Wundheilungsstörung kommen.
Die Infektion einer Wunde ist die am häufigsten auftretende Komplikation bei der Wundheilung und kann von einer rein lokalen Infektion bis zu einer systemischen Infektion (Sepsis) fortschreiten. Liegt eine diagnostizierte systemische Infektion vor, sollte auch eine systemische Antibiotikatherapie nach Antibiogramm erfolgen. Die Erkennungsmerkmale einer Wundinfektion sind: rubor (Rötung), dolor (Schmerz), calor (Wärme), tumor (Schwellung), functio laesa (Funktionseinschränkung).
In den meisten Fällen wird der Geruch einer Wunde von den dort kolonisierten Keimen hervorgerufen. Manche Keime rufen so charakteristische Gerüche hervor, dass man den Keim fast schon olfaktorisch identifizieren könnte. Allerdings muss bei stark riechenden Wunden nicht automatisch eine Wundinfektion vorliegen. Deshalb gehört Geruch auch nicht zu den klassischen Infektionszeichen.
Andere Wunden, die einen starken Geruch aufweisen, sind Tumorwunden. Gerade bei exulzerierenden Tumoren findet sich meist ein starker fauliger, jauchiger Geruch, der durch den Gewebszerfall hervorgerufen wird.
Wundgeruch ist für die Patienten eine schwerwiegende und nur schwer auszuhaltende Komplikation. Der Geruch ist immer präsent und im Gegensatz zur Wunde an sich nur sehr schlecht „zu verstecken“. Scham und die Angst vor Zurückweisung führen in diesen Fällen nicht selten zur Selbstisolation.
Iatrogene Wunden entstehen durch eine ärztliche Behandlung zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken, z.B. bei einer Operation. Der Großteil dieser Wunden wird mit einem primären Wundverschluss versorgt und heilt komplikationslos ab. Es gibt aber auch iatrogene Wunden, wie beispielsweise eine Spalthautentnahmestelle oder ein eröffneter Abszess, die sekundär verheilen müssen und dadurch einer anderen Versorgung bedürfen als die klassische OP-Naht. Gerade bei letzterem handelt es sich nicht selten um eine recht tiefe Wunde, die vom Körper von unten nach oben aufgefüllt werden muss, bis sie komplett zuheilen kann.
Mehr Informationen zu iatrogenen Wunden.
Wunden, die sich in der Exsudationsphase befinden, weisen – wie der Name vermuten lässt – viel Wundexsudat auf. Hier ist es besonders wichtig, die Wunde mit einer gut absorbierenden Wundauflage zu versorgen, um die Bildung von Mazeration zu verhindern. Zu den stark exsudierenden Wunden gehören vor allem infizierte Wunden, stark verunreinigte Wunden oder auch Wunden bei Ödemen. Gerade bei einem vorliegenden Lymphödem können die Mengen an Wundexsudat und Lymphe so beträchtlich sein, dass ein einmaliger Verbandswechsel am Tag unter Umständen nicht ausreicht. Für diese Patienten ist ein gutes Exsudatmanagment auch in Bezug auf deren Lebensqualität sehr wichtig.
Tiefe Wunden, egal welcher Genese, müssen vom Körper zunächst von unten nach oben aufgefüllt werden, um vollständig verheilen zu können. Damit es zu keinem vorzeitigen oberflächlichen Verschluss kommt, obwohl der Defekt in der Tiefe noch vorhanden ist, ist es erforderlich, die Wunden auszutamponieren. Gleichzeitig erfüllt die Tamponade eine Dochtfunktion, die das Exsudat aus der Tiefe der Wunde in die Sekundärauflage ableitet.
Mehr Informationen zu tiefen Wunden.
Aseptisch ist ein Begriff aus der Hygiene und bedeutet „keimfrei“. Genau genommen gibt es keine Wunde, die zu hundert Prozent keimfrei ist. Wunden, die durch aseptische Operationen entstanden sind, gelten jedoch als aseptische Wunden. Dazu zählen auch Einstichstellen von Kathetern, z.B. zentrale Venenkatheter.
Eiter ist ein Abbauprodukt, das bei Entzündungsreaktionen entsteht und sich in Höhlen oder abgekapselten Bereichen sammelt. In der Wundversorgung ist Eiter somit eher bei tiefen Wunden anzutreffen oder im Zuge lokaler Wundinfekte bei verschlossenen OP-Wunden.
Da Eiter ein gelbliches Sekret ist, kommt es immer wieder vor, dass ein vorhandener Fibrinbelag der Wunde mit Eiter verwechselt wird. Handelt es sich bei der vorliegenden Wunde um eine oberflächliche Wunde ohne Fisteln und/oder Unterminierungen, kann es sich grundsätzlich jedoch nicht um Eiter handeln.
Eine traumatische Wunde entsteht immer durch eine Verletzung von außen. Man unterscheidet hier zwischen mechanischen, thermischen, chemischen oder aktinischen (strahlenbedingten) Wunden.
Mechanische Wunden können diverse Ursachen haben und unterscheiden sich dem entsprechend auch in ihrer Beschaffenheit. Hierzu zählen z.B. Schnitt-, Stich-, Kratz-, Riss-, Schürf-, Schuss- und Bisswunden, sowie Ablederungen, auch Décollement genannt, oder Amputationen. Je nach Art des Traumas können sich in der Wunde Fremdkörper befinden, die bei einer gründlichen Wundreinigung entfernt werden müssen.
Wird die Haut durch Temperatureinwirkungen unterschiedlicher Art (Hitze, Kälte oder Strom) geschädigt handelt es sich um eine thermische Wunde. Je nach Temperatur und Dauer der Hitzeeinwirkung ist die Schwere der Schädigung unterschiedlich und kann bis zu den tiefsten Gewebsschichten reichen.
Eine chemische Wunde entsteht durch einen Kontakt der Haut entweder mit Säuren oder Laugen. Das Ausmaß der Schädigung ist abhängig von der Konzentration und Menge der Chemikalie, Dauer des Kontaktes und der Eindringtiefe. Chemische Wunden ähneln einer Verbrennung, weshalb manchmal auch von einer chemischen Verbrennung die Rede ist. Die Schädigung durch eine Lauge ist meist schwerwiegender als bei einer Schädigung durch Säure. In beiden Fällen kommt es meist zu einer Nekrose, also dem Absterben des Gewebes im betroffenen Bereich.
Wunden, die durch autoaggressives Verhalten hervorgerufen werden, werden als kutane Artefakte bezeichnet. Sie entstehen durch bewusst durchgeführtes Schneiden, Kratzen, Quetschen, Reiben oder Verbrennen und können somit ein vielfältiges Bild aufweisen. Meist finden sich die Wunden an gut zugänglichen Stellen und werden nicht selten durch weitergehende Manipulation bei der Abheilung behindert.
Wie lang eine Wunde braucht, um vollständig zu verheilen, ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, welche sowohl intrinsisch (von innen herkommend) als auch extrinsisch (von außen kommend) sein können.
Intrinsische Faktoren, die die Wundheilung nachteilig beeinflussen, sind zum Beispiel Durchblutungsstörungen oder Nebenerkrankungen wie Diabetes. Faktoren wie bestehende Ängste oder Schmerzen können aber ebenso dafür mit verantwortlich sein, wenn eine Wunde plötzlich stagniert.
Zu den extrinsischen Faktoren gehören beispielsweise Druck oder Verunreinigungen, die nicht durch eine gründliche Reinigung entfernt oder durch eine nicht fachgerechte Versorgung in die Wunde gelangt sind.