Verkleben von Verbandstoffen mit der Wunde vermeiden

Verkleben von Verbandstoffen mit der Wunde vermeiden

Um Schmerzen oder Reizungen bei der Wundversorgung zu minimieren, lohnt es sich, die richtige Wundauflage einzusetzen. Bewährt haben sich moderne Materialien. Selbst bei festklebenden Wundauflagen gibt es Möglichkeiten, sie sanft zu lösen.

Oft suchen Kundinnen oder Kunden am Handverkaufstisch Hilfe, weil sich ihre Verbandsmaterialien nur schwer von Wunden entfernen lassen. Oder sie wünschen sich aus leidvoller Erfahrung Produkte, die eben nicht mit Wunden (Läsionen) verkleben. So können Sie Patientinnen oder Patienten bei der Wundversorgung unterstützen. 

Eine Kompresse, ein Verband oder ein Pflaster klebt an der Wunde – was tun?

Kein Pflaster und kein Verband sollten schnell, gar ruckartig, abgezogen werden. Dies verursacht Schmerzen, kann aber auch zu Schäden am heilenden Gewebe führen. Hier bietet es sich an, den Verband flach über der Haut und in Haarwuchsrichtung abzuziehen. Gelingt dies nicht, kann die verklebte Wundauflage eingeweicht werden. Geeignet sind auf Körpertemperatur angewärmte, sterile Kochsalzlösung oder Ringerlösung. Bei Bagatellverletzungen gesunder Personen reicht auch warmes Leitungswasser aus.

Danach sollte die Wunde nicht lange offen liegen, sondern rasch abgedeckt werden. Unabhängig vom Material gilt: Wundauflagen mit Kleberändern sind eher zu vermeiden; sie können beim Abziehen zusätzliche Schmerzen verursachen. Speziell bei Pflastern lohnt es sich, auf Produkte zu achten, die ein nicht verklebendes Wundkissen haben. 

Auch wenn der Wechsel von Wundauflagen unangenehm ist: Ein Austausch in regelmäßigen Intervallen (je nach Produkt) unterstützt den Heilungsvorgang. Darauf sollten Kundinnen und Kunden unbedingt hingewiesen werden. 

Dracopor-Pflaster entfernen: horizontales Abziehen
Dracopor-Pflaster entfernen: horizontales Abziehen

Warum klebt ein Verband, ein Pflaster oder eine Kompresse an der Wunde?

Wenn eine Wunde heilt, tritt Flüssigkeit (Exsudat) aus. Exsudat enthält Blutplasma und zelluläre Bestandteile des Blutes. Es kann das Pflaster, die Wundauflage oder den Verband durchfeuchten. Wenn die Wundflüssigkeit eintrocknet,  können Wundabdeckungen mit der Wunde verkleben. 

Im Laufe der Wundheilung bildet der Körper auch Fibrin. Dieses Eiweiß kann sich an der Oberfläche des Pflasters oder Verbands ablagern und dazu führen, dass dieser mit der Wunde verklebt. Ähnliche Effekte haben Zellreste der Haut, soweit sie in der Wunde vorhanden sind. 

Schmerzvermeidung bei der Wundversorgung

Ein atraumatischer Verbandwechsel beginnt weit vor dem eigentlichen Verbandwechsel. Er vermeidet Schmerzen sowie die Verletzung neugebildeten Gewebes beim Entfernen des Verbands und der anschließenden Wundversorgung

Atraumatischer Verbandwechsel

Gibt es Wundauflagen, die nicht mit der Wunde verkleben?

Im Beratungsgespräch wünschen sich Kundinnen und Kunden Kompressen, Wundauflagen oder Pflaster, die nicht mit Wunden verkleben. Oft denken sie dabei nur an die trockene/klassische Wundversorgung; umso wichtiger sind fachkundige Informationen. 

Die Strategie der trockenen Wundversorgung hat immer noch ihre Berechtigung, stößt aber auch an Grenzen. Klassische Materialien bewähren sich etwa bei kleinen, oberflächlichen Schnittwunden oder Schürfwunden, die nicht stark bluten und nicht infiziert sind. Auch nach kleineren chirurgischen Eingriffen oder bei Wunden, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Heilung befinden, eignen sich einfache Wundpflaster. In den genannten Fällen tritt nur noch wenig bis gar kein Exsudat aus. Die Gefahr, dass Verband, Pflaster oder Kompresse an der Wunde kleben, ist gering. 

Berichten Kundinnen oder Kunden von stark nässenden Wunden, lohnt es sich, auf die moderne Wundversorgung mit speziellen Materialien zu setzen. Diese verkleben selbst beim Austritt von viel Exsudat kaum mit der Wunde, lassen sich atraumatisch (gewebeschonend und schmerzarm) entfernen und unterstützen zudem die Wundheilung durch die Schaffung eines idealfeuchten Mikroklimas. Einige Beispiele: 

  • Hydrokolloidverbände bestehen aus Gelbildnern und Polymeren. Sie sind geeignet für mäßig exsudierende Wunden. Die Materialien halten die Wunde feucht, fördern die Heilung und schützen vor äußeren Einflüssen. Sie eignen sich gut zur Versorgung oberflächlicher Druckgeschwüre (Dekubitus Kategorie II).
  • Alginatverbände sind für stark exsudierende Wunden ideal. Sie nehmen viel Flüssigkeit auf und bilden ein Gel, das die Wunde feucht hält. Alginatverbände sind sowohl für oberflächliche als auch für tiefe Wunden geeignet und werden oft bei ulzerierenden und/oder infizierten Wunden verwendet. 
  • Hydrofasern sind gelbildende Faserverbände. Verwendung finden sie häufig bei mäßig bis stark exsudierenden Wunden. Hierbei nehmen sie das Exsudat, im Gegensatz zu Alginaten, nur vertikal auf. Durch die Gelbildung wird die Wunde feucht gehalten, ein Verkleben mit der Wunde vermieden und der Wundrand geschützt. Sie sind für oberflächliche und tiefe Wunden geeignet.
  • Semipermeable Folien sind Wundauflagen, die die Wunde vor äußeren Einflüssen schützen, aber dennoch eine gewisse Durchlässigkeit für Luft und Wasserdampf bieten. Sie sind ideal für flache, nicht exsudierende Wunden.
  • Schaumstoffverbände sind für stark exsudierende Wunden geeignet. Sie nehmen Exsudat auf und fördern die Feuchtigkeitsregulierung. Diese Verbände eignen sich für offene Beine (Ulcera), Operationswunden und Dekubitusgeschwüre.
  • Superabsorber sind geeignet für stark bis sehr stark exsudierende Wunden.  Durch ihr hohes Aufnahme- und Retentionsvermögen (Rückhaltevermögen) von Wundflüssigkeit ermöglichen sie weniger Verbandwechsel und längere Wundruhe. 
Horizontales Abziehen und Überdehnen eines Hydrokolloidpflasters
Horizontales Abziehen und Überdehnen eines Hydrokolloidpflasters

Die Wundheilung kurz zusammengefasst

In der Apotheke berichten Kundinnen oder Kunden oft von schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit, die sie bei der Wundversorgung gemacht haben. Ein atraumatischer Verbandswechsel beginnt bei der Auswahl der geeigneten Materialien anhand der jeweiligen Phase der Wundheilung. Daran orientiert sich die Beratung – und die Auswahl geeigneter Materialien. 

Die Exsudationsphase tritt unmittelbar nach der Verletzung auf und dauert in der Regel mehrere Tage. In dieser Phase kommt es zu Entzündungsreaktionen, um die Wunde vor Infektionen zu schützen. Die Blutgefäße in der Umgebung der Wunde ziehen sich zusammen (Vasokonstriktion), gefolgt von einer Vasodilatation (einer Aufweitung der Blutgefäße), wodurch mehr Blut und Immunzellen in die Wunde gelangen. Makrophagen und Neutrophile, also Zellen des Immunsystems, reinigen die Wunde von Fremdkörpern, Bakterien und toten Zellen.

Während der Granulationsphase, die mehrere Tage bis Wochen dauert, beginnt der Aufbau von neuem Gewebe. Fibroblasten produzieren Kollagen, das für die Wundheilung entscheidend ist, und Kapillaren (Blutgefäße) werden wiederhergestellt, um die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen zu gewährleisten.

Zuletzt befindet sich eine Wunde in der Epithelisierungsphase – für mehrere Wochen bis Monate. In dieser Phase wird das Kollagen in der Wunde restrukturiert und gestärkt, um die Wunde zu schließen. Narbengewebe bildet sich, wobei die anfängliche Narbe oft dicker und röter ist, aber im Laufe der Zeit blasser und flacher wird.

Literatur