Hygienemaßnahmen bei der Versorgung chronischer Wunden

Hygienemaßnahmen bei der Versorgung chronischer Wunden

Die Pflege und Behandlung von Menschen mit chronischen Wunden erfordert eine sorgfältige und fachgerechte Wundversorgung.

Zu einem hygienisch einwandfreien Umgang mit chronischen Wunden gehören gemäß fachlicher und rechtlicher Grundlagen Schutzkleidung für alle beteiligten Personen, keimarme Einmalhandschuhe, eine regelkonforme Händedesinfektion, die Non-Touch-Technik beim Verbandwechsel, der Einsatz von sterilen Instrumenten (z.B. Pinzetten und Scheren), sterile Wundauflagen und Spülflüssigkeiten, sowie der korrekte Umgang mit Einmalprodukten.

Hygienische Händedesinfektion

Die hygienische Händedesinfektion ist vor jedem Patientenkontakt und jeder antiseptischen Tätigkeit durchzuführen.

Außerdem ist eine Desinfektion ebenfalls nach dem Kontakt mit potenziell infektiösem Material sowie dem Kontakt mit dem Patienten und dessen direkten Umgebung durchzuführen. Bei der hygienischen Händedesinfektion ist das Händedesinfektionsmittel in die hohlen, trockenen Hände zu applizieren und über mindestens 30 Sekunden nach dem unten aufgeführten Verfahren bis zu den Handgelenken kräftig einzumassieren. Für ein optimales Ergebnis ist die Bewegung jedes Schrittes fünfmal zu wiederholen. Die Hände müssen während der gesamten Einreibezeit feucht sein.

Hände Desinfektion Schritt 1

Schritt 1:

 Handfläche auf Handfläche

Hände Desinfektion Schritt 2

Schritt 2:

Rechte Handfläche über linkem Handrücken & linke Handfläche über rechtem Handrücken

Hände Desinfektion Schritt 3

Schritt 3:

Handfläche auf Handfläche mit verschränkten, gespreizten Fingern

Hände Desinfektion Schritt 4

Schritt 4:

Außenseite der Finger auf gegenüberliegende Handflächen mit verschränkten Fingern

Hände Desinfektion Schritt 5

Schritt 5:

Kreisendes Reiben des rechten Daumens sowie aller Finger in der geschlossenen linken Handfläche und umgekehrt

Hände Desinfektion Schritt 6

Schritt 6:

Kreisendes Reiben mit geschlossenen Fingerspitzen der rechten Hand in der linken Handfläche und umgekehrt

Video: Händedesinfektion

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Fehlerquellen und Schwachstellen

Leider kommt es bei der hygienischen Händedesinfektion bei der Versorgung chronischer Wunden immer noch zu Fehlern, häufig bedingt durch Zeitmangel oder Unwissen. Jedoch können diese Fehler die Wundheilung und so auch das Wohlergehen des Patienten negativ beeinflussen.

Schwachstellen bei der Durchführung der Händedesinfektion

Bei einer fehlerhaften bzw. nicht gründlich oder lang genug durchgeführten Händedesinfektion können einzelne Stellen oder gar ganze Areale der Hände unberücksichtigt bleiben. Die hier eventuell zurückgelassenen Bakterien und Keime können sich wieder auf der ganzen Hand ausbreiten. Typische Stellen, die übersehen und dadurch unberücksichtigt bleiben sind:
 

Handinnenfläche

  • Fingerkuppen: 30,5% Lücken
  • Daumen: 11,3% Lücken
  • Handteller: 8,0% Lücken
     

Handrücken

  • Finger: 23,4% Lücken
  • Daumen: 48,5% Lücken
  • Handrücken: 23,0% Lücken
     

Fingerzwischenräume

  • 14,4% Lücken1
     

Typische Fehler bei der hygienischen Händedesinfektion

  • Händewaschen anstelle von Händedesinfektion
  • Händewaschen kombiniert mit Händedesinfektion
  • Einzelne Verfahrensschritte werden ausgelassen
  • Durchführung zu selten
  • Zu wenig Desinfektionsmittel
  • Zu kurze Einwirkzeit
Corona-Informationen

Hygienemaßnahmen anlässlich der Covid-19-Pandemie:

Hygienemanagement in der Arztpraxis.

Weitere Hygienemaßnahmen

Neben der korrekten Händedesinfektion kann auch eine Non-Touch-Technik verwendet werden. Außerdem sollte ein Verbandwechsel immer hygienisch korrekt durchgeführt werden.

Non-Touch-Technik

Bei der Non-Touch-Technik gilt der Grundsatz, dass alle Instrumente und Materialien, die mit der Wunde in Berührung kommen, steril sein müssen. Es wird mit unsterilen Handschuhen und sterilen Instrumenten gearbeitet. Dabei wird die Wunde nicht mit den Händen berührt. Nur so kann gewährleistet werden, dass steriles Material „nicht-kontaminiert“ in die Wunde eingelegt wird.
 

Hygienisch korrekter Verbandwechsel

Damit weder Keime in die Wunde eingeschleppt noch aus der Wunde auf andere Gegenstände oder Personen übertragen werden können, ist es wichtig, die Hygiene beim Verbandwechsel streng zu befolgen. Vor dem Verbandwechsel sollten alle benötigten Materialien bereitgestellt werden. Dazu gehören:

  • Desinfektionsmittel
  • Entsorgungsbehälter
  • Sterile und unsterile Einmalhandschuhe
  • Sterile Instrumente
  • Sterile Wundauflagen
  • Sterile Kompressen zur Wundreinigung
  • Einmalschürze

Vor Beginn des Verbandwechsels sollte auch der Arbeitsbereich entsprechend gereinigt und vorbereitet werden. Ebenso ist der Patient auf den anstehenden Verbandwechsel vorzubereiten. Bei einer schmerzhaften Wunde sollte gegebenenfalls rechtzeitig an eine Analgesie gedacht werden.

Folgende Schritte sind zu berücksichtigen:

  • Hygienische Desinfektion der Hände.
  • Einmalschürze und unsterile Handschuhe anlegen.
  • Ggf. zusätzlich einen Mundschutz verwenden, z. B. wenn der Patient MRSA-positiv ist oder eine infektiöse Krankheit hat.
  • Den alten Verband von außen inspizieren, entfernen, von innen inspizieren und mit den unsterilen Handschuhen entsorgen.
  • Hände erneut desinfizieren.
  • Sterile Handschuhe anziehen.
  • Wunde gründlich inspizieren.
  • Wunde reinigen, ggf. Wunddesinfektionsmittel nutzen (Einwirkzeit beachten!).
  • Nach der Wundreinigung frische unsterile Handschuhe anziehen, wenn die neue Wundauflage mit der Non-Touch-Technik mit sterilen Instrumenten durchgeführt wird, ansonsten sterile Handschuhe anlegen.
  • Den neuen Verband anlegen.
  • Hände erneut desinfizieren.

Video: Handschuhe im Praxisalltag

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Video: Hygienemanagement in der Arztpraxis

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Wunddokumentation

Neben der richtigen Hygiene und Wundreinigung ist auch die Dokumentation der Wunde wichtig.

Die Wunddokumentation erfolgt nach der Reinigung der Umgebungshaut und der Wunde selbst. Analog oder digital – Wunddokumentationsbögen ermögli­chen eine schnelle, übersichtliche und standardisierte Erfassung des Wundstatus nach den entsprechend definierten Parametern. Aus hygienischen Gründen sollten zur Vermessung der Wundgröße Einmalinstru­mente, wie z. B. Papierlineale, verwendet werden.

Die Fotodokumentation ergänzt die schriftliche Doku­mentation der Wunde, ersetzt diese jedoch nicht. Die Grundvoraussetzung für das Fotografieren der Wunde ist die dokumentierte und jederzeit widerrufbare Ein­willigung des Patienten nach vorheriger Aufklärung. Fotos sollten alle vier Wochen gemacht werden.

Interaktiver Wunddokumentationsbogen

Der Wunddokumentationsbogen dient zur einfachen und übersichtlichen digitalen Erfassung von Wunden. Auf der Seite „Wunddokumentation“ lassen sich die wichtigsten Parameter zur Beschreibung der Wunde auswählen und über kurze Freitextfelder weiter präzisieren. Die Behandlung kann über die Seite „Therapieplan“ erfasst werden.

Kostenfreier Download

Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.