Verband- und Hilfsmittel richtig abrechnen

Verband- und Hilfsmittel richtig abrechnen

Apotheken versorgen Patientinnen und Patienten nicht nur mit Arzneimitteln. Oft benötigen Menschen mit einer Erkrankung auch Verbandmittel oder Hilfsmittel. Solche Rezepte führen teils zu einem vermehrten Aufwand im Backoffice.

Fehler bei der Abrechnung mit gesetzlichen Krankenkassen können zu wirtschaftlichen Schäden führen, denn es droht die Verweigerung von Zuschüssen (Retaxationen) – bis hin zur Nullretaxation. Auf diese Punkte sollten Apotheker, Apothekerinnen, PTA und PKA achten.

Allgemeine Regelungen zur Abrechnung

Abrechnung von Hilfsmitteln

Zu den Hilfsmitteln zählen beispielsweise Gehhilfen, Rollstühle, Sehhilfen, Hörgeräte, aber auch apothekentypische Waren wie Inkontinenzhilfen, Bettschutzeinlagen, Stomaartikel, Kompressionsstrümpfe, Spritzen, Kanülen, Inhalationshilfen, Augenpflaster oder Messgeräte zur Bestimmung des Blutzuckers. Hilfsmittel sind Gegenstände, die nach einem Heilungsprozess zum Ausgleich eines vor allem körperlichen Funktionsdefizits angewendet werden, also sachliche medizinische Leistungen.

Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln muss die Apotheke mehrere Aspekte kontrollieren:

  • Ist die Apotheke beziehungsweise der zuständige Apothekerverband/
    Landesapothekerverband Vertragspartner einer bestimmten Krankenkasse?
  • Hat die Krankenkasse den Kostenvoranschlag bewilligt?
  • Einmal im Jahr muss folgendes kontrolliert werden: Hat die Apotheke vorab ein spezielles Genehmigungsverfahren für die Abgabe bestimmter Hilfsmittel, die sogenannte Präqualifizierung, durchlaufen?

Die Verordnungen sind – wie auch bei Arzneimitteln – 28 Tage gültig, wobei der Tag der Ausstellung nicht mitgezählt wird.
 

Abrechnung von Verbandmitteln

Verbandmittel sind weder Arzneimittel noch Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel. Ärzte müssen auf die Wirtschaftlichkeit der Verordnung achten, was Apothekenmitarbeiter jedoch nicht zu prüfen haben. Unterscheidungen zwischen klassischer und moderner Wundversorgung gibt es bei der Verordnung nicht. Eine Ausnahme: Okklusionspflaster aus der Augenheilkunde sind Hilfsmittel und keine Verbandmittel.

Verbandmittel müssen auch nicht, wie von Generika bekannt, im Zuge von Rabattverträgen ausgetauscht werden, sie unterliegen also nicht der Substitution (aut idem oder aut simile) und auch nicht der Importquote. Es gibt keine generische Verordnung (wirkstoffbezogene Verordnung) wie bei Arzneimitteln, sondern produktbezogene Verordnungen - was auf dem Rezept steht, muss abgegeben werden.

Aber Vorsicht: Verordnet die Arztpraxis Hilfsmittel und Verbandsmittel auf dem gleichen Rezept, darf die Apotheke im speziellen Fall nicht beliefern. Ein Beispiel wären Urinbeutel inklusive Kompressen. In dem Fall bleibt nur: Kontakt zur Arztpraxis aufzunehmen, damit separate Verordnungen ausgestellt werden. Auch bei falschen Angaben zum Status.

Abrechnung von Hilfsmitteln

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Das gibt es bei Rezepten für Verbandmittel (Sprechstundenbedarf und einzelne Patienten) zu beachten:

  1. Verbandmittel können unter Beachtung der medizinischen Notwendigkeit und des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) zu Lasten der GKV verordnet werden.
  2. Die Verordnung von Verbandmitteln fällt in die Arzneimittel-/Verbandmittel-Richtgrößen (Budget).
  3. Verbandmittel unterliegen nicht der Substitution (aut idem oder aut simile) und auch nicht der Importquote.
  4. Ein Rezept ist eine Urkunde. Änderungen und Ergänzungen der Verordnung bedürfen immer einer erneuten Arztunterschrift mit Datumsangabe.
  5. Für die Berechnung des gesetzlichen Zuzahlungsbetrags für Verbandmittel für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 31 SGB V Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit § 61 Abs. 1 S. 1 SGB V), ist der Wert der Verordnungszeile maßgebend.
  6. Chronisch Kranke haben nur Zuzahlungen in Höhe von 1% der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (statt 2 % für andere Versicherte). Bei Überschreiten der Belastungsgrenze kann bei der Krankenkasse ein Antrag auf Zuzahlungsbefreiung gestellt werden.
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FAQs allgemein:

Was sind Hilfsmittel?

Können Verbandmittel auch Hilfsmittel sein?

Sind Kompressen Hilfsmittel?

Sind Wundauflagen Hilfsmittel?

Sind Pflaster Hilfsmittel?

FAQs: Anspruch und Verordnung:

Welche Hilfsmittel sind verordnungsfähig?

Wann gilt ein Hilfsmittel als genehmigt?

Gibt es eine Zuzahlung für Hilfsmittel?

Was bekommt man für Pflegehilfsmittel?

Rechtliche Grundlagen

  •  § 31 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) besagt: „Versicherte haben einen
    Anspruch auf die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die
    Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 ausgeschlossen
    sind, und auf die Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen“.
    Damit hat der Gesetzgeber Verbandmittel der Leistungspflicht der gesetzlichen
    Krankenversicherungen unterworfen, obwohl sie nicht apotheken- und nicht
    verschreibungspflichtig sind.
     
  • Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Verbandmittel 2008 definiert als
    Produkte, die dazu bestimmt sind, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken
    oder deren Körperflüssigkeit aufzusaugen. Dies sind z. B. Wund- und Heftpflaster
    („Pflasterverbände“), Kompressen, Mittel zur feuchten Wundversorgung, Mull- und
    Fixierbinden, Gipsverbände, Mullkompressen, Nabelkompressen, Stütz-,
    Entlastungs-, Steif- oder Kompressionsverbände sowie Verbandmittel zum Fixieren
    oder zum Schutz von Verbänden. Zu den Verbandmitteln zählt auch das
    Trägermaterial, das arzneilich wirkende Stoffe für oberflächengeschädigte
    Körperteile enthält.
     
  • Verbandmittel sind verordnungsfähig. Sie fallen nicht unter die Ausschlussregelung nach
    § 34 Abs. 1 S. 1 SGB V von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und auch nicht
    unter die Regelung für arzneimittelähnliche Medizinprodukte nach § 31 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V.
     
  • Verbandmittel sind CE-geprüfte Medizinprodukte gemäß § 3 Medizinproduktegesetz
    (MPG) und keine Hilfsmittel oder Arzneimittel im Sinne der GKV!
Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.