Amputationen: Versorgung von Amputationswunden

Amputationen: Versorgung von Amputationswunden

Eine Amputation ist die operative oder traumatische Abtrennung eines Körperteils.

Unter einer Amputation versteht man die Abtrennung eines Körperteils von gesundem Gewebe. Wird ein Körperteil im Gelenk abgetrennt, spricht man von Exartikulation. Amputationen werden notwendig, wenn die Heilung eines erkrankten Körperteils nicht mehr abzusehen ist und das Leben des Patienten in Gefahr ist. Die Ursachen sind vielfältig. Zu ihnen gehören beispielsweise Durchblutungsstörungen, Infektionen, Unfälle, Krebserkrankungen oder eine angeborene Gliedmaßenfehlbildung. Amputationen können das Leben von Betroffenen und deren Angehörigen zum Teil stark einschränken. Oftmals erleichtern Prothesen, Rollstühle oder Krücken die Alltagsbewältigung.

Welche Arten von Amputationen gibt es?

Grundsätzlich kann jedes Körperteil ohne überlebenswichtige Funktion amputiert werden.

Je nach Umfang und Größe wird zwischen einer Minor- (lateinisch: „kleiner“), Major- (lateinisch: „größer“) oder Grenzzonenamputation differenziert. Minoramputationen betreffen Teile des Fußes oder die Entfernung einzelner Zehen. Bei Majoramputationen werden ganze Gliedmaßen, wie das Bein oder der Arm, abgenommen. Die Grenzzonenamputation ist die Kombination aus Minoramputation in der Grenze zum vitalen Gewebe, Nekrektomie oder Débridement.

Was sind die Ursachen von Amputationen?

Die Ursachen für eine Amputation sind vielfältig. Sie reichen über das Vorliegen von Arteriosklerose, Diabetes Mellitus, Tumorerkrankungen, Infektionen, angeborenen Deformationen bis hin zu Unfällen.

Die meistgestellte Indikation ist die Arteriosklerose. Die Einengung der Arterien führt zu einer Minderdurchblutung und einem reduzierten Sauerstoffangebot in den unteren Extremitäten. Starke Schmerzen, das Absterben des Gewebes und der Verlust des arteriellen Pulses sind oftmals Anzeichen einer bevorstehenden Amputation. Kommt es zu einer Amputation, wird meist der gesamte Unterschenkel unter Knieerhaltung amputiert. Selten ist eine Amputation im Kniegelenk oder Oberschenkelbereich nötig.

Das Diabetische Fußsyndrom gilt als zweithäufigster Risikofaktor für eine Amputation. Die mit der Diabeteserkrankung einhergehenden Stoffwechselstörungen, Blutzuckerschwankungen und Nervenschädigungen führen zu schmerzenden, minderdurchbluteten und empfindlichen Füßen. Schon kleinste Verletzungen, wie Druckstellen oder Blasen, können Wunden hervorrufen, die sich schnell infizieren, chronifizieren. Im schlimmsten Fall ist eine Amputation unabdingbar. Im Gegensatz zur Arteriosklerose wird beim Diabetischen Fußsyndrom üblicherweise eine "Grenzzonenamputation" angestrebt. Die Amputation erfolgt möglichst distal („von der Körpermitte entfernt“) und gerade noch im gesunden Gewebe. Anfangs werden meist nur die Zehen amputiert. Im fortschreitenden Krankheitsverlauf kann es nicht selten zu einem Verlust des ganzen Fußes kommen. Diese Vorgehensweise wird umgangssprachlich auch „Salamitechnik“ genannt. Sie soll eine Unter- oder Oberschenkelamputationen, als "Ultima Ratio" durchgeführt, vermeiden.

Bei Tumorerkrankungen können Körperteile vorsorglich, z.B. bei Brustkrebs, oder akut amputiert werden. So wird ein Ausbreiten der Krebszellen auf weitere Organe verhindert. Glücklicherweise sind Amputationen bei Patienten mit Krebserkrankungen selten geworden. Zu den am häufigsten aufgrund eines Weichteil- oder Knochentumors amputierten Körperregionen gehören das Knie, das Becken und die Brust.

Erfrierungen sind ein weiterer Grund für Amputationen. Oftmals kommt es hierbei zu Autoamputationen - der betroffene Körperteil fällt von selbst ab. Finger sind besonders häufig von Erfrierungen oder auch unfallbedingten Quetschungen betroffen. Schwere, angeborene Fehlbildungen wie beispielsweise Tibiaaplasien (fehlende Anlage des Schienbeines) können ebenfalls ursächlich für eine Amputation sein.

Die meisten Amputationen finden in Deutschland aufgrund von Arteriosklerose oder Diabetes Mellitus statt.

Fallbeispiel: Amputation bei Diabetischem Fußsyndrom
Diabetisches Fußsyndrom

Das Diabetische Fußsyndrom ist eine der häufigsten Ursachen für Amputationen. In diesem Beispiel können Sie einen solchen Fall inklusive Bildern und ausführlichem Wundverlauf nachlesen.

Fallbeispiel lesen

Welche Symptome signalisieren eine mögliche Amputation?

Abhängig von der Grunderkrankung können unterschiedliche Symptome Vorbote einer Amputation sein.

Ein chronischer Arterienverschluss äußert sich zu Beginn in Belastungsschmerz, der auf eine Minderdurchblutung des Gewebes zurückzuführen ist. In Folge können die betroffenen Patienten nur noch wenige hundert Meter ohne Pause gehen. Bei fortschreitender Krankheit treten Ruheschmerzen und/oder nekrotische Veränderungen des Gewebes auf. Zudem kann ein Verlust des arteriellen Pulses ein Indikator für eine mögliche Amputation sein.

Das diabetische Fußsyndrom kann entstehen, wenn hohe Blutzuckerwerte Nerven und Gefäße schädigen und infolgedessen die Beine oder Füße nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Aus kleineren Verletzungen können aufgrund einer gestörten Wundheilung schnell chronische Wunden werden. Infiziert sich das empfindliche Gewebe zusätzlich, ist eine Amputation die letztmögliche Therapieoption.

Andererseits muss manchmal auch ganz unvorhergesehen, beispielsweise nach Unfällen, amputiert werden.

Amputation einer Zehe
Amputation einer Zehe

In viele Fällen zeichnet sich über einen längeren Zeitraum ab, dass eine Amputation notwendig wird.

Welche besonderen Komplikationen sind mit Amputationen verbunden?

Eine der wichtigsten und häufigsten Komplikationen nach Amputationen sind Phantomschmerzen, auch Phantomsensationen genannt.

Bis zu 50% aller Patienten haben noch Empfindungen oder Schmerzen in den Körperstellen, die amputiert wurden. Die Schmerzqualität variiert dabei zwischen den Patienten und wird häufig als unangenehm, brennend, kribbelnd, juckend oder quetschend beschrieben. Zudem kann das Schmerzgefühl häufig in unterschiedlichen Regionen der fehlenden Extremität auftreten. Ursache für den Phantomschmerz ist das sog. „Schmerzgedächtnis“. Bei Phantomschmerzen ist das nozizeptive Schmerzsystem pathologisch aktiviert. Zudem liegen funktionelle und strukturelle Veränderungen im Bereich des zentralen Nervensystems, insbesondere des Kortex (Großhirnrinde) vor. Durch Nervenläsionen am abgetrennten Stumpf kann es zu sogenannten ektopen Entladungen kommen. Als Folge entsteht eine komplexe neuronale Antwort im zentralen Nervensystem. Die Nervenzellen werden übererregbar, was in eine Schmerzempfinden resultiert.

Eine frühzeitige, perioperative Regionalanästhesie kann die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Phantomschmerzen senken. Die medikamentöse Behandlung beinhaltet bei schwerwiegenden Fällen Morphin und Opiate. Zusätzlich können trizyklische Antidepressiva eingesetzt werden. Bei der „Spiegeltherapie“ wird durch die Verwendung von Spiegeln die gesunde Extremität des Patienten so gespiegelt, dass dieser den Eindruck gewinnt, die amputierte wäre wieder da. Nun kann der Patient die gesunde Extremität so bewegen, dass die schmerzhafte Stellung verändert und eine Schmerzlinderung erzielt wird. Nach wiederholtem Training gelingt es einem Teil der Patienten imaginär eine schmerzhafte Position zu wechseln.

Neben Phantomschmerzen können nach einer Amputation, wie bei allen Operationen, Infektionen oder Wundheilungsstörungen auftreten, die den Heilungsverlauf erschweren oder verlängern. Die Operation von Diabetes-Mellitus-Patienten birgt das besondere Risiko schlechter Blutzuckerwerte während des Eingriffs. Eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckers während und nach der Operation kann die Überlebenschancen von diesen Patienten deutlich verbessern.

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Wie können Amputationen vorgebeugt werden?

Entscheidend für die Vermeidung von Amputationen ist die Identifikation und spezialisierte Betreuung von Hochrisikopatienten. Patienten mit Diabetes Mellitus und schlecht heilenden chronischen Fußwunden sollten sich zeitnah in spezialisierten Diabetes-Zentren vorstellen. Dort kann der betroffene Fuß von einem Expertenteam aus Diabetologen, Gefäßchirurgen, Orthopäden und Podologen fachgerecht versorgt werden. In vielen Fällen kann dadurch eine Amputation vermieden werden. Amputationen nach Arbeits- und Autounfällen können durch das Festlegen und Einhalten von hohen Standards in der Arbeitssicherheit reduziert werden.

Wie werden Amputationswunden versorgt?

Eine Amputation ist eine schwerwiegende Behandlungsform, deren Durchführung und Nachbehandlung sorgfältig geplant werden sollte.

Entscheidend bei der Durchführung der Amputations-OP ist die Herstellung eines vaskulär gut versorgten Stumpfes mit ausreichender Weichteildeckung und einer nicht druck- oder zugbelasteten Nervenversorgung. Die postoperative Wundversorgung, der Verbandswechsel sowie eine Kompressionstherapie sind wichtig für eine frühzeitige und erfolgreiche Prothesenversorgung.

Amputationswunden sind akute Wunden. Das Draco®-Sortiment bietet für die Versorgung von Amputationswunden eine Vielzahl von Produkten aus der klassischen und modernen Wundversorgung. Zum Stillen von Blutungen eignen sich sterile Kompressen wie beispielweise DracoFix Mullkompressen. Sterile Wundverbände der DracoPor-Serie decken die Wunden ab und bieten Schutz vor äußeren Einflüssen. Ist die Wundheilung abgeschlossen, steht eine Versorgung mit einer Prothese im Fokus. Ein Beinstumpf sollte nach dem Eingriff möglichst eine zylindrische Form erlangen, damit er später mit einer Prothese versorgt werden kann. Spezielle gewickelte Kompressions- und Stützbinden wie der DracoLastic Verband unterstützen die Umformung. Der Prozess ist zeitaufwändig und dauert mehrere Monate. Physiotherapeutische Maßnahmen wie Mobilitäts- und Muskelaufbautraining tragen zusätzlich dazu bei, dass der Patient schnell wieder aktiv werden kann.

Einer Amputation schließt sich oftmals eine lebenslange Nachsorge und Rehabilitation an.

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.