Häusliche Wundversorgung

Häusliche Wundversorgung

Unter Umständen werden Wunden auch zu Hause von Patienten selbst oder von deren Angehörigen versorgt. Dabei gibt es einiges zu beachten, gerade wenn Pflegedienste nicht oder nur bedingt unterstützen können. Aber auch Pflegedienste müssen im Rahmen der Pflegeberatung nach § 45 SGB XI Patienten und Angehörige anleiten. Mit einigen einfachen Tipps können Sie als Fachpersonen aus Arztpraxen, Apotheken und als Pflegedienst dabei unterstützen, eine gute Selbstversorgung sicherzustellen. 

Wundversorgung für Patienten und Angehörige

Geben Sie diese Anleitung gerne auch an diejenigen Patienten weiter, die sonst von Pflegediensten versorgt werden, für den Fall, dass diese aufgrund von kurzfristigen Personalausfällen nicht mehr so regelmäßig kommen können wie gewohnt.

Eingeschränkte Versorgung im Notfall

In der Corona-Krise kam es teilweise zu Versorgungsengpässen, aber auch unter anderen Umständen kann es Situationen geben, in denen sich Patienten selbst versorgen müssen. Auch nach einer guten Anleitung sind manche Details bis zum Verbandswechsel schon wieder vergessen, deshalb können diese hier vom Patienten oder dessen Angehörigen nochmal nachgelesen werden. Alle Tipps und Hinweise sind deshalb direkt für Ihre Patienten verfasst.

In einer normalen Versorgungssituation ist steriles Arbeiten sehr wichtig. In besonderen Ausnahmestationen kann man manchmal aber nicht alle Hygienestandards einhalten. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis: nach Möglichkeit sollten immer Desinfektionsmittel und Handschuhe genutzt werden, in manchen Fällen muss man aber die Versorgung auch ohne diese Mittel durchführen.

Anleitung von Angehörigen durch Pflegepersonal
Wundversorgung: Angehörige Schritt für Schritt anleiten

Pflegekräfte sind unter Umständen nicht nur verpflichtet, Angehörige anzuleiten, sondern können dadurch die Patientenversorgung in Notfällen nachhaltig unterstützen. Ausführliche Informationen finde Sie hier.

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Vorbereitung des „Arbeitsplatzes“

  • Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie zum einen genug Platz für das benötigte Material haben und an dem sie bequem bei der Versorgung an ihre Wunde kommen. Mögliche Orte sind zum Beispiel der Ess-, Küchen- oder Wohnzimmertisch.
  • Räumen Sie sich Ihren Arbeitsplatz frei, damit Sie genug Platz haben, um die Materialen vorbereiten zu können. Der benötigte Platz hängt dabei im Wesentlichen von der Menge der benötigten Materialen ab.
  • Tisch gründlich abwischen, beispielsweise mit Allzweckreiniger oder Spülmittel und ggf. zusätzlich mit einem Desinfektionsmittel, wie Sagrotan® o.ä.
  • Legen Sie alle Materialien vorab bereit: geöffnete Mülltüte, Schere, Verbandmaterial, Material zur Wundreinigung (Kompressen, Wundspüllösung) und falls vorhanden Einmalhandschuhe und Händedesinfektionsmittel.
  • Schließen Sie das Fenster.
  • Haustiere müssen in jedem Fall draußen warten!
     
Zusätzliche Tipps für den absoluten Notfall
  1. Anstelle von Wundspüllösungen können Sie im absoluten Notfall auch abgekochtes Wasser und als Unterlage ein frisches, sauberes Handtuch verwenden. Anstelle von Handschuhen und Handdesinfektionsmitteln muss ein sehr gründliches Waschen der Hände mit Seife genügen.
  2. Führen Sie den Verbandswechsel am besten 30 bis 45 Minuten nach der Einnahme von Schmerzmedikamenten durch. Sollten Sie keine feste Schmerzmedikation haben, können Sie ein Bedarfsmedikament einnehmen, um die Schmerzen beim Verbandswechsel zu verringern. Am besten halten Sie hierzu Rücksprache mit dem behandelnden Arzt.
Unterstützen durch empathische Beratung in der Apotheke

Mit gutem Hintergrundwissen und wenn Sie grundlegende Abläufe verinnerlichen, können Sie Ihre Kunden beim Kauf oder Abholen der Verbandmittel bestmöglich beraten. Bringen Sie in Erfahrung, ob ein Pflegedienst zur Versorgung kommt oder ob der Kunde selbst oder sogar seine Angehörigen die Wunde versorgen. Je besser Sie selbst informiert sind und je mehr Sie über die häusliche Situation wissen, desto gezielter kann Ihre Beratungsleistung sein. Wie Sie mit gezielten Fragen auch in emotionalen Situationen unterstützen können, erfahren Sie hier.

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Video: Häusliche Wundversorgung

Bei Start des Videos werden Informationen an YouTube/Google übermittelt. Mehr hierzu unter: Google Datenschutzerklärung.

Hygienemaßnahmen

  • Hände gründlich mit Seife waschen und abtrocknen, möglichst mit einem frischen Handtuch, anschließend, wenn möglich, Hände desinfizieren.
  • Einmalhandschuhe anziehen (geht am besten mit trockenen Händen).
  • Sollten Sie keine Handschuhe haben, desinfizieren Sie gründlich Ihre Hände. Wie das Schritt für Schritt ganz genau geht, lesen Sie in unserem Artikel „Hygienemaßnahmen“.
     
Tipp

Wenn kein Desinfektionsmittel zur Verfügung steht, die Hände sehr gründlich, d.h. für mindestens 30 Sekunden mit Seife waschen und gründlich abtrocknen.

Sorgfältiges Händewaschen

Nehmen Sie sich für das Händewaschen ausreichend Zeit und beachten Sie die folgenden 5 Schritte.

Halten Sie die Hände unter fließendes Wasser.
Schritt 1: Halten Sie die Hände unter fließendes Wasser.
Die Handinnenflächen, den Handrücken, die Fingerspitzen und -zwischenräume, sowie die Fingernägel gründlich einseifen.
Schritt 2: Die Handinnenflächen, den Handrücken, die Fingerspitzen und -zwischenräume, sowie die Fingernägel gründlich einseifen.
Reiben Sie die Seife 20 bis 30 Sekunden gründlich ein.
Schritt 3: Reiben Sie die Seife 20 bis 30 Sekunden gründlich ein.
Hände unter fließendem Wasser abspülen.
Schritt 4: Hände unter fließendem Wasser abspülen.
Zuletzt die Hände und Fingerzwischenräume sorgfältig abtrocknen.
Schritt 5: Zuletzt die Hände und Fingerzwischenräume sorgfältig abtrocknen.

Abnahme des Verbandes

  • Entfernen Sie vorsichtig den Verband und stecken Sie diesen direkt in die Mülltüte. Nutzen Sie ggf. eine Pinzette dafür.
  • Sollten sich Haftrand der Wundauflage oder ein Pflaster nur schwer entfernen lassen, können Sie den Kleberand mit Desinfektionsmittel (alkoholisch) einsprühen, das löst etwas den Kleber.
  • Ist der Verband komplett entfernt, ziehen Sie die Handschuhe aus und werfen diese direkt in den Müllbeutel.
  • Ziehen Sie neue Handschuhe an.
Tipp

Sollten Sie sich an dieser Stelle nicht die Hände waschen oder desinfizieren können, fassen Sie die Wundauflage möglichst nur an den Rändern an und berühren Sie nicht die Wunde.

Wundreinigung

  • Öffnen Sie ein Päckchen sterile Kompressen und tränken Sie diese mit der Wundspüllösung, wie Kochsalz- oder Ringerlösungen. Sollte je nach Verpackungsgröße bzw. Wundgröße mehr als ein Päckchen nötig sein, legen Sie sich weitere parat.
  • Nehmen Sie eine der feuchten Kompressen auf, indem Sie die vier Ecken zusammennehmen.
  • Wischen Sie mit dem mittleren Teil der Kompresse (den Sie nicht berührt haben) über die Wunde und entfernen Sie Sekretreste und Beläge, so gut es geht.
  • Werfen Sie die benutzten Kompressen immer direkt in die Mülltüte.
  • Haben Sie das Gefühl, dass ein Teil der Beläge, z. B. festgetrocknete Sekretreste, so nicht zu entfernen sind, können Sie die feuchten Kompressen auch für eine Zeitspanne von etwa 10 Minuten auf der Wunde belassen und somit die Verkrustungen oder Beläge etwas aufweichen.
  • Sollten Sie bei einer akut entstandenen Wunde keine Wundspüllösung zur Hand haben, können Sie im Notfall eine stark verschmutzte Wunde, wie z.B. eine Schürfwunde, bei der Erstversorgung erstmal mit Wasser reinigen. Danach sollte eine Desinfektion der Wunde erfolgen.
Wundreinigung mit feuchter, steriler Kompresse
Wundreinigung mit feuchter, steriler Kompresse

Desinfektion der Wunde

  • Nutzen Sie zur Desinfektion ausschließlich nicht-alkoholische Mittel, wie beispielsweise Octenisept. Sprühen Sie es so auf die Wunde, dass diese vollkommen damit benetzt ist.
  • Beachten Sie danach die Einwirkzeit von 2 Minuten.
  • Nutzen Sie andere Produkte, dann richten Sie sich nach der Einwirkzeit, die auf der Flasche angegeben ist. Produkte mit dem Wirkstoff Polihexanid haben eine Einwirkzeit von 15-20 Minuten.
  • Verfügt das von Ihnen genutzte Produkt über keinen Sprühkopf, öffnen Sie ein neues Paket steriler Kompressen und tränken Sie die Kompressen. Nehmen Sie die Kompressen wieder an den Ecken zusammen und legen Sie diese auf die Wunde.
  • Während der Einwirkzeit können Sie die Produkte vorbereiten, die Sie für das Anlegen des Verbandes benötigen.
Tipp

Wenn Sie Schwierigkeiten haben, die Wunde selbständig zu reinigen oder dabei und dabei starke Schmerzen entstehen, verzichten Sie auf diesen Schritt. Besprechen Sie das dann bei Ihrem nächsten Kontakt mit Ihrem Arzt oder Pflegedienst.

Anlegen des neuen Verbandes

  • Sollten Sie über sterile Handschuhe oder sterile Pinzetten verfügen, nutzen Sie diese, um die Wundauflage aus der Verpackung zu entnehmen und auf die Wunde zu bringen.
  • Haben Sie keine dieser Materialen, versuchen Sie die Wundauflage so zu fassen, dass Sie nicht die Wundkontaktfläche berühren. Schaumverbände können Sie zum Beispiel problemlos mittig auf der Außenseite greifen.
  • Die Klebe- bzw. Wundkontaktfläche einiger Produkte ist durch eine Folie geschützt, die Sie vor dem Aufbringen der Wundauflage abziehen müssen. Diese sind meist zweigeteilt, sodass sie die eine Hälfte halten und die andere Hälfte abziehen können. Bringen Sie die nun freie Hälfte auf der Wunde auf, ziehen Sie die zweite Hälfte der Schutzfolie vorsichtig ab und bringen Sie so den Rest des Verbandes auf die Wunde.
  • Sollte Ihr Produkt keine explizite Außenseite haben, wie Wunddistanzgitter oder Hydrofasern, fassen Sie es vorsichtig an einer Ecke, die später keinen Kontakt zur Wunde hat.
  • Verwenden Sie die Produkte, wie sie vom Arzt empfohlen wurden!
  • Nutzen Sie ein Produkt, das nicht selbstklebend ist, fixieren Sie es mit klebendem Fixiermull oder einer Mullbinde.
Anlegen eines Verbandes
Anlegen eines Verbandes

Entsorgung der Materialien

  • Entsorgen Sie die angefallenen Verpackungen in dem Müllbeutel, verschließen Sie diesen und werfen ihn in die Restmülltonne.
  • Waschen Sie gründlich Ihre Hände und desinfizieren Sie diese.

Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?

  • Wenn Entzündungszeichen an der Wunde auftreten (Rötung, Schwellung, Schmerz, Wärme, Funktionseinschränkung)
  • Wenn der Patient Fieber bekommt
  • Wenn die Wunde stark/unangenehm riecht
  • Wenn sich die Wunde optisch verschlechtert, z. B. größer geworden ist oder sich anderweitig stark verändert hat
  • Wenn die Wunde plötzlich viel nasser ist oder sehr trocken

Bitte beachten Sie, dass diese Anleitung nur eine Unterstützung sein kann und keine Behandlung durch qualifiziertes Personal ersetzt. Beachten Sie deshalb dringend den Punkt: „Wann sollte ich unbedingt zum Arzt gehen?“.

Was gibt es sonst noch zu wissen?

  • Material zur Versorgung akuter Wunden wie Wundschnellverbände bekommen Sie rezeptfrei in der Apotheke, fragen Sie gern nach unserem DRACO®-Sortiment – die Kosten müssen selbst getragen werden.
  • Mittel zur Wund- und Flächendesinfektion bekommen Sie in der Apotheke oder im gut sortierten Drogeriemarkt – die Kosten müssen selbst getragen werden.
  • Produkte der modernen Wundversorgung, so auch unser DRACO®-Sortiment, sind erstattungsfähig und können vom Arzt verschrieben werden. Sollten Sie kein Rezept haben, bekommen Sie die Produkte auch rezeptfrei in der Apotheke.
  • Das Gleiche gilt auch für sterile Spüllösungen wie Kochsalzlösung.
  • Sollten Sie unsicher sein, wie genau ein Produkt angewendet werden muss, schauen Sie in die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker (notfalls telefonisch).
  • Sollten Sie unsicher sein welche Seite des Produktes nach oben muss, orientieren sie sich an Folgendem: Klebende Flächen nach unten, Schrift oder farbliche Markierung nach oben.

Wenn Ihre Kunden vermehrt oder auch in ungewöhnlichen Mengen Wundversorgungsmaterialien kaufen möchten, fragen Sie nach, wofür diese benötigt werden. Unter Umständen sollten Sie zu einer ärztlichen Abklärung raten. 

Video: Hygienischer Verbandwechsel

Debridement – Wundreinigung: Nekrosen & Wundbeläge entfernen

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Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.