Fallbeispiel: Tiefe Wunde nach Operation

Die operative Behandlung einer Nabelhernie (Nabelbruch) per offener Bauch-OP resultierte in einer Wunde, bei der sich eine Nahtdehiszenz entwickelte. Besonders belastend war die Situation für den Patienten, da er als Lagerist erst nach Abheilung seiner Bauchwunde wieder arbeiten konnte. In diesem Fallbeispiel erfahren Sie alles über Anamnese, Therapie und Heilungsverlauf.

Patient

männlich, 50 Jahre

Führende Wundursache

Wundheilungsstörung

Risikofaktoren für die Wundheilung

Adipositas per Magna

Diabetes mellitus

nein

Lokalisation der Wunde

Bauch

Infizierte Wunde

nein

Wundart

chronisch

Wundgrund

teilweise Biofilm, Fibrin, überwiegend Granulation

Wundumgebung

behaart

Wundrand

leicht ödematös

Exsudation

stark

Ausgangssituation

Bei dem Patienten wurde bei vorliegender Nabelhernie (Nabelbruch) eine offene Bauch-OP mit Einlage eines Netzes durchgeführt. Dabei wurde nach der OP trotz ersichtlicher Adipostas per Magna keine Bauchbinde verordnet. Nach Entfernung der Fäden am 10. postoperativen Tag entwickelte sich so eine Nahtdehiszenz (Aufklaffen von Wundrändern), die mit Jodoform Gaze und einfachen Saugkompressen und teilweise zweimal täglichem Verbandwechsel versorgt wurde.

Nahtdehiszenz am BauchNahtdehiszenz am Bauch

Bei der Versorgung postoperativer Wunden spielen Wundgröße und -tiefe eine Rolle. Erfahren Sie mehr über unterschiedliche OP-Wunden, mögliche Komplikationen und deren Versorgung.

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Anamnese

Diagnose

Therapie

Dokumentierter Wundverlauf

Da die Wundumgebung sehr behaart ist, wird zunächst eine gründliche Rasur durchgeführt, um eine gute Fixierung der Wundauflage zu gewährleisten (Bild 1). Nach Rasur und gründlicher Wundreinigung zeigt sich eine 35 mm breite, 605 mm lange und ca. 50 mm tiefe granulierende Wunde. Der Wundrand ist leicht ödematös, die Exsudation ist stark und farblos. Die Umgebungshaut ist unauffällig (Bild 2).

Beim zweiten Verbandwechsel zeigt sich die Wunde etwas länger (75 mm), dafür weniger breit (30 mm) und nur noch in einem umgrenzten Wundbereich tief (40 mm). Die Exsudation kann als gelb-grünlich und etwas schleimig beschrieben werden, riecht aber nicht (Bild 3). Um die Wundheilung zu unterstützen werden zwei Bauchbinden verordnet. So kann der Patient ohne Unterbrechung immer eine Bauchbinde tragen, während die andere ggf. gewaschen werden kann.

Die Wunde verkleinert sich im Verlauf kontinuierlich. Die Exsudation lässt deutlich nach und die Wunde wird gleichmäßig kleiner. Beim dritten Verbandwechsel zeigt sich die tiefe Stelle nur noch in einem sehr umgrenzten Bereich der Wunde (70 mm x 25 mm x 30 mm). Bei genauerer Betrachtung ist ein etwas mazerierter Wundrand zu erkennen (Bild 4).

Eine Woche später ist die Epithelisierung von den Rändern ausgehend gut zu sehen. Die Wunde ist insgesamt deutlich flacher und an der tiefsten Stelle nur noch 20 mm tief (Länge = 67 mm, Breite = 15 mm) (Bild 5). Auch die Exsudation hat weiter abgenommen, sodass das Verbandwechselintervall nun auf alle 4 Tage verlängert wird.

Weitere 10 Tage später ist die Epithelisierung weiter fortgeschritten. Die Wunde ist fast vollständig auf Hautniveau, eine kleine Stelle geht noch etwa 15 mm in die Tiefe, sodass der Einsatz der Hydrofaser an dieser Stelle weiterhin notwendig bleibt, um den Kontakt zum Wundgrund zu behalten. Die Größe der Wunde wird mit 5 mm Länge, 12 mm Breite und mit wenig klarer Exsudation beschrieben. Durch die Versorgung mit Hydrofaser und Superabsorber ist die Mazeration am Wundrand ohne weitere Maßnahmen wieder verschwunden (Bild 6).

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Beim nächsten Verbandwechsel kann die Versorgung durch einen Pflegedienst beendet werden. Die Wunde ist insgesamt auf Hautniveau, das Epithelgewebe bedeckt in etwa 50 % der Wundfläche. Die Wunde ist noch etwa 40 mm lang und 10 mm breit und es zeigt sich keine Exsudation mehr (Bild 7). Die Versorgung wird umgestellt auf einen dünnen Hydrokolloidverband, der alle 5 Tage gewechselt werden sollte. Der Patient wird die Versorgung zukünftig selbst übernehmen und es ist damit zu rechnen, dass die Wunde sich innerhalb der nächsten 6 bis 10 Tage komplett verschließen wird.

Durch die deutlichen Fortschritte in der Wundheilung ist der Patient inzwischen beruhigter, da er für sich auch bezüglich seiner Berufstätigkeit eine Perspektive sieht. Er weiß, wie er den Verband unter Beachtung der notwendigen hygienischen Vorgehensweise selbst wechselt und worauf er dabei achten muss. Er wurde ausführlich über die Notwendigkeit aufgeklärt, die Bauchbinde weiterhin zu tragen. Dies muss er auch deutlich über die eigentliche Wundheilung hinaus tun, um ein Rezidiv zu vermeiden. Der Patient kann frühestens zwei Wochen nach dem endgültigen Wundverschluss wieder arbeiten gehen und muss zukünftig sehr darauf achten, größere Lasten möglichst körperschonend zu bewegen. Um sein persönliches Risiko für ein Rezidiv zu vermindern, wird er eine Ernährungsberatung seiner Krankenkasse in Anspruch nehmen, da er sich vorgenommen hat, sein Gewicht zu reduzieren.

Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 1: Wunde vor Wundreinigung und Rasur (Tag 1)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 2: Ödematöser Wundrand und unauffällige Umgebungshaut (Tag 1)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 3: Exsudation ist gelb-grünlich, schleimig und ohne Geruch (Tag 5)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 4: Wunde verkleinert sich gleichmäßig, die Exsudation lässt nach und ist wieder klar (Tag 8)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 5: Wunde ist insgesamt deutlich flacher und an der tiefsten Stelle nur noch 2 cm (Tag 15)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 6: Wunde fast vollständig auf Hautniveau, eine kleine Stelle noch 1.5 cm tief (Tag 22)
Nahtdehiszenz am Bauch
Foto 7: Wunde insgesamt auf Hautniveau, etwa 50 % Epithelgewebe, keine Exsudation mehr (Tag 29)

Bitte beachten Sie, dass es sich hier um ein konkretes Fallbeispiel handelt, das nur eine mögliche Behandlungsoption darstellt.