Varizen (Krampfadern)
Varikose (Krampfaderleiden) ist eine weltweit verbreitete Volkskrankheit.
Etwa 20 Prozent aller Erwachsenen leiden in Deutschland unter dauerhaft erweiterten Venen. Meistens ist das Venensystem der Beine betroffen. Varizen (Krampfadern) treten aber auch in anderen Körperregionen wie dem Gesicht, im Becken- und Genitalbereich oder in der Speiseröhre auf.
Was sind Varizen?
Varizen sind dauerhaft erweiterte Venen, die meist am oberflächlichen Venensystem der Beine auftreten.
Varizen, auch Krampfadern genannt, sind unter der Haut liegende, geschlängelte, erweiterte Venen, in denen der Blutfluss sich verlangsamt oder stagniert. Es kann zu einem Funktionsverlust der Venenklappen kommen. Dadurch versackt das Blut, der Schwerkraft folgend, in den Beinen. In Folge bildet sich ein „Venenstau“. Varizen können sehr klein sein (z. B. Besenreiser) oder ausgeprägte, dicke Venen betreffen. Varikose, auch Varikosis oder Krampfaderleiden, ist der medizinische Begriff für das Krankheitsbild, das durch die Entstehung und das Vorhandensein von Varizen gekennzeichnet ist.
Einige Patientinnen und Patienten beschreiben keine Beschwerden, andere Betroffene leiden an Schwellungen (Ödemen), Juckreiz (Pruritus) oder Schmerzen.
Wie werden Varizen behandelt?
Zur Therapie von Varizen stehen konservative Maßnahmen wie Kompressionsstrümpfe und operative oder endovenöse Verfahren wie Verödung, Hitzeverfahren oder Verkleben zur Verfügung.
Konservative Maßnahmen
Die Basistherapie bei Krampfaderleiden sind Kompressionsmaßnahmen. Die Kompression lindert die Symptome und beugt einem Fortschreiten der Erkrankung vor. Manuelle Lymphdrainage, Gefäßsport oder Balneotherapie unterstützen die Kompressionstherapie.
Operative und endovenöse Verfahren
Das Ziel der operativen oder endovenösen Behandlung von Varizen besteht darin, nicht funktionierende Venen oder Venenabschnitte zu entfernen, um so die Funktion des oberflächlichen Venensystems zu optimieren. Da die Varikose eine chronische Erkrankung ist, können Varizen auch nach erfolgreicher Behandlung an anderen Venen erneut auftreten. Für die Behandlung von Varizen gibt es heutzutage unterschiedliche Techniken, die je nach Diagnose und den Bedürfnissen der Patientin oder des Patienten individuell eingesetzt werden.
- Krampfaderziehen – Venenstripping: „Stripping“ bezeichnet das operative Entfernen von Krampfadern. Je nach Ausmaß der Erkrankung lassen sich Krampfadern in Teilen („Teilstripping“) oder komplett ziehen. Beim „Stripping“ setzt der Chirurg einen kleinen, minimal-invasiven Schnitt in der Leistengegend und einen weiteren am Varizenende. Anschließend wird die Vene an beiden Stellen abgebunden, durchtrennt und mit Hilfe einer Sonde herausgezogen.
- Endovenöse thermische Verfahren: Endovenöse thermische Verfahren verschließen die betroffenen Venen durch Hitze. Laser, Radiofrequenzen oder Heißdampf werden dabei als Wärmequelle eingesetzt. Die Eingriffe sind minimal-invasiv und gewebeschonend.
- Endovenöse chemische Verfahren: Varizen können auch durch endovenös-chemische Verfahren verschlossen werden. Cyanoacrylatkleber oder injizierte Sklerosierungsmittel werden hierfür eingesetzt.
Medikamentöse Therapie
Zur oralen medikamentösen Therapie stehen in Deutschland folgende Substanzen mit evidenzbasierter Wirksamkeit zur Verfügung: standardisierter Roter Weinlaubextrakt (AS 195), standardisierter Rosskastanienextrakt und Oxerutin. Eine Wirkung der Venenmedikamente tritt nach etwa 2 bis 4 Wochen kontinuierlicher Einnahmezeit auf.
Diagnose und Klassifikation
Die Diagnose der Varikose umfasst eine körperliche Untersuchung der betroffenen Körperregionen und bildgebende oder apparative Verfahren (z. B. farbcodierte Duplexsonografie).
Im Rahmen der Diagnostik werden eine körperliche Untersuchung der Beine sowie bildgebende und/oder apparative Verfahren eingesetzt. Der Goldstandard ist die auf Ultraschallwellen basierende farbkodierte Duplexsonografie. Die Methode ist nicht-invasiv und liefert Informationen zur Durchgängigkeit und Insuffizienz des tiefen Venensystems, zum Vorhandensein von Thrombosen oder anatomische Varianten. Ergänzend kann eine Venenfunktionsmessung beispielsweise die Photoplethysmografie durchgeführt werden. Sie ermöglicht eine Beurteilung, wie gut das Blut bei Beinbewegungen aus den Venen abgepumpt wird.
Die CEAP-Klassifikaion ist ein international etabliertes Scoring-System zur Einteilung verschiedener Stadien und Schweregrade chronischer Venenerkrankungen. Sie kommt insbesondere bei der Bewertung und Beschreibung der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) zum Einsatz, die ab dem Stadium C3 diagnostiziert wird. Die Klassifizierung nach CEAP ist aktuell gültiger Standard. Daneben ist im deutschsprachigen Raum zur Einteilung der CVI die Klassifikation nach Widmer, modifiziert nach Marshall und Wüstenberg (1994) gebräuchlich. Deren Verwendung wird allerdings von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie u. Lymphologie nicht mehr empfohlen.
Die klinische Kategorie der CEAP-Klassifikation:
- C0: Keine sichtbaren Zeichen einer Venenerkrankung
- C1: Besenreiser (Teleangiektasien) und / oder retikuläre Varizen
- C2: Varizen
- C2r: Rezidivvarizen
- C3: Ödem aufgrund eines Venenleidens
- C4: Hautveränderungen infolge einer chronischen venösen Insuffizienz
- C4a: Pigmentierung oder Ekzem
- C4b: Dermatoliposklerose, Atrophie blanche
- C4c: Corona phlebectatica paraplantaris
- C5: Abgeheiltes Ulcus cruris venosum
- C6: Florides Ulcus cruris venosum
- C6r: Rezidiv eines Ulcus cruris venosum
- CS: Symptomatisch
- CA: Asymptomatisch
Wie häufig treten Varizen auf?
Laut einer im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie durchgeführten „Bonner Venenstudie“ leidet jeder sechste Mann und jede fünfte Frau im Alter von 18 bis 79 Jahren unter einer chronischen Veneninsuffizienz mit Varizen und Beschwerden unterschiedlichen Schweregrades. Das Auftreten von Varikosen ist altersabhängig und nimmt mit steigendem Lebensalter zu.
Was ist die Ursache von Krampfaderleiden?
Ursächlich werden primäre Varikosen (etwa 70 Prozent der Fälle) und sekundäre Varikosen (etwa 30 Prozent der Fälle) unterschieden.
Primäre Varikose
Die primäre Varikose ist eine anlagebedingte Venenwanddegeneration. Die primäre Varikose ist meist durch eine familiäre Bindegewebsschwäche bedingt. Zu den Risikofaktoren gehören fehlende oder mangelnde Bewegung, Schwangerschaften, Alter, Nikotinkonsum, Einnahme oraler Kontrazeptiva oder Übergewicht.
Sekundäre Varikose
Die sekundäre Varikose ist eine nicht anlagebedingte Schwächung der Venenwand. Sie tritt häufig in Folge einer tiefen Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) auf. Bei der sekundären Varikose ist der venöse Rückstrom des Blutes zum Herzen nur eingeschränkt möglich. Ursache hierfür kann z. B. eine Thrombose sein. Die vermehrte Blutmenge erhöht Druck- und Blutvolumen in den tiefen und oberflächlichen Venen. Dadurch überdehnt die Venenwand und die Venenklappen verlieren ihre Funktion. In Folge werden auch die Verbindungsvenen in die Tiefe (Venae perforantes) insuffizient.
Krampfadertypen
Nach anatomischer Lage bzw. morphologischen Kriterien werden im Wesentlichen folgende Krampfadertypen unterschieden:
- Stammvarizen sind die häufigsten Varizen. Stammvarizen treten an den Stammvenen der unteren Extremitäten auf (Vena saphena magna und Vena saphena parva).
- Seitenastvarizen treten in den Seitenästen der Venen in den unteren Extremitäten auf.
- Perforansvarizen betreffen die Perforansvenen, welche die oberflächlichen mit den tiefen Venen verbinden.
- Retikuläre Varizen sind sehr kleine Krampfadern der Beine mit einem Durchmesser von 2 bis 4 mm Durchmesser bezeichnet. Sie bilden häufig ein netzartiges Venengeflecht, vor allem an der Außenseite der Ober- und Unterschenkel und in der Kniekehle.
- Besenreiservarizen sind mit einem Durchmesser von bis zu 1 mm die kleinsten Varizentypen. Sie liegen meistens an der Rückseite des Oberschenkels und stellen überwiegend ein kosmetisches Problem dar.
Die Diagnose der Varikose umfasst eine körperliche Untersuchung der betroffenen Körperregionen und ein bildgebendes Verfahren (z.B. die farbkodierte Duplexsonographie oder Photoplethysmographie).
Sind Varizen nur in den Beinen lokalisiert?
Meistens befinden sich Varizen im Bereich der Beine. Generell können sie am gesamten Körper auftreten.
- Hoden (Varikozele oder"Krampfaderbruch): Krampfadern an den Hoden treten bei 15 bis 20 Prozent aller Männer auf. Sofern keine spezielle Ursache vorliegt, bilden sie sich meist zurück. Dennoch sollten Betroffene einen Urologen konsultieren, weil Beschwerden bis hin zur Unfruchtbarkeit nicht ausgeschlossen werden können.
- Speiseröhre (Ösophagusvarizen): Ösophagusvarizen sind Krampfadern unter der Schleimhaut der Speiseröhre. Sie können sich bei erhöhtem Druck in der Pfortader (Vena portae) entwickeln. Ösophagusvarizen treten vor allem bei Menschen mit Lebererkrankungen wie Leberzirrhose auf.
- Beckenvarizen: Krampfadern der Venen im kleinen Becken und um die inneren Geschlechtsorgane werden unter dem Begriff Beckenvenensyndrom zusammengefasst. Dieses Venenleiden betrifft vor allem Frauen, insbesondere nach einer Schwangerschaft. Häufig gehen die Beschwerden mit chronischen Unterleibsschmerzen einher, die teils langwierige Krankheitsverläufe nach sich ziehen können. Das Beckenvenensyndrom tritt oft in Zusammenhang mit der Menstruation, dem Geschlechtsverkehr, dem Wasserlassen oder nach längerem Stehen auf. Vor allem abends verschlimmern sich die Beschwerden häufig. Zusätzlich können sichtbare Krampfadern im Genitalbereich, auf dem Gesäß und an den Oberschenkeln entstehen.
Varizen sind oft nicht nur ein kosmetisches, sondern vor allem ein medizinisches Problem. Im fortgeschrittenen Stadium spannen die Beine unangenehm oder schwellen im Tagesverlauf an. Es kann zu bleibenden Hautveränderungen, Venenentzündungen, CVI oder Geschwüren wie dem Ulcus cruris venosum kommen. Manchmal ist auch eine Venenthrombose die Folge. Venenerkrankungen sollten unbedingt zeitnah von einer Ärztin oder einem Arzt behandelt werden, um eine Ausdehnung zu verhindern.
Worauf sollten Betroffene achten?
- Das Tragen von Kompressionsstrümpfen hilft, Symptome von Beinvarizen zu lindern und Komplikationen zu verhindern.
- Um den Blutfluss anzuregen und die Beinmuskulatur zu trainieren, sollten Betroffene viel Ausdauersport wie Walken, leichtes Joggen, Schwimmen oder Radfahren betreiben.
- Ebenso sind Wechselbäder mit kaltem und warmem Wasser ein gutes Gefäßtraining. Während sich die venösen Gefäße bei warmen Temperaturen weiten, ziehen sie sich bei kaltem Wasser zusammen. Dadurch bleiben die Gefäße straff und elastisch. Saunagänge, heiße Vollbäder oder Sonnenbaden sollten jedoch gemieden werden, da zu hohe Temperaturen die Venen stark erweitern.
- Damit das venöse Blut leichter aufwärts fließen kann, können Betroffene nachts die Beine leicht hochlagern.
- Bei der Kleiderwahl liegen weite Outfits vorn. Enge, abschnürende Kleidung und das Überschlagen der Beine behindern den Blutkreislauf.