Pruritus: Ursachen, Therapie von akutem und chronischem Juckreiz

Pruritus: Ursachen, Therapie von akutem und chronischem Juckreiz

„Juckreiz“, medizinisch Pruritus genannt, bezeichnet eine Missempfindung der Haut, die das Bedürfnis zu Kratzen oder Reiben auslöst. Pruritus kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Häufig steckt eine akute Reizung oder Hauterkrankung dahinter.

Beinahe jeder hat es schon einmal erlebt - das unangenehme, manchmal quälende Gefühl von Pruritus („Juckreiz“), auf der Haut. Doch für manche Menschen ist Pruritus mehr als nur ein vorübergehendes Ärgernis. Es kann zu einer chronischen Belastung werden, die die Lebensqualität stark beeinträchtigt.

Chronischer Pruritus kann eine Vielzahl von Ursachen haben und stellt eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Dieser Artikel befasst sich mit der Definition, Klassifikation und den Ursachen von Pruritus und gibt einen Überblick über die aktuellen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen dieses oft unterschätzten Leidens.

Pruritus, Juckreiz

Akuter Pruritus ist eine sensorische Schutzempfindung des Körpers gegenüber Hautreizungen durch u.a. Insektenstiche oder Parasitenbefall. Er dient dazu, Parasiten oder andere Fremdkörper durch Kratzen von der Hautoberfläche zu entfernen. In der Regel ist akuter Pruritus harmlos, von kurzer Dauer und leicht behandelbar.

Das Pruritus-Symptom kann sich mit zunehmender Dauer unabhängig von der primären Ursache fortsetzen. Besteht Pruritus sechs Wochen oder länger, sprechen Experten von einem chronischen Pruritus. Dabei verliert der akute „Juckreiz“ seine eigentliche Warnfunktion. Stattdessen erlangt das Symptom als chronischer Pruritus einen eigenständigen Krankheitswert. Trotz erfolgreicher Behandlung der auslösenden Erkrankung oder Ursache kann der chronische Pruritus bestehen bleiben. In anderen Fällen tritt ein chronischen Pruritus schon lange vor der Diagnose einer Erkrankung auf (prämonitorischer Pruritus). 

Definition von Pruritus

Pruritus („Juckreiz“) ist definiert als eine unangenehme Hautempfindung, die mit dem Wunsch zu kratzen verbunden ist.1

Klinisches Erscheinungsbild des chronischen Pruritus

Das klinische Erscheinungsbild des chronischen Pruritus kann von persistierendem Juckreiz bis hin zu Hautveränderungen reichen.

Das klinische Erscheinungsbild des chronischen Pruritus ist sehr vielseitig. Pruritus kann generalisiert, lokalisiert oder an täglich wechselnden Körperstellen auftreten und in der Symptomstärke schwanken. Bei einigen Patientinnen und Patienten nimmt der Pruritus bei einem Temperaturanstieg, beim Schwitzen oder nach dem Duschen zu. Bei Erkrankungen, wie dem atopischen Ekzem (Neurodermitis), kratzen betroffene Personen aufgrund eines Pruritus mitunter so lange an der Hautläsion, bis sie entepithelialisiert und der Pruritus beseitigt ist. Allerdings lindert das Kratzen der Haut den Pruritus meist nur für einen kurzen Moment. Langfristig werden der Haut weitere „juckende“ Läsionen (Kratzwunden) zugefügt, sodass ein Juck-Kratz-Kreislauf entsteht. Pruritus kann die Lebens- und Schlafqualität der betroffenen Personen stark einschränken. Insbesondere Schlafstörungen können zu einer emotionalen und physischen Erschöpfung führen.

In der Vergangenheit wurde Pruritus als Schmerzempfindung klassifiziert, bis Untersuchungen zeigten, dass Pruritus ein eigenständiges Symptom ist. Wie der chronische Schmerz bezieht der chronische Pruritus das periphere und zentrale Nervensystem mit ein. Beispielsweise liegt im Kreislauf von Jucken und Kratzen oft eine neuronale Sensibilisierung im peripheren und zentralen Nervensystem vor. Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie bedarf der Pruritus allerdings eine andere Betrachtung als der Schmerz.

Chronischer Prurigo oder Pruritus?

Die Begriffe Pruritus und Prurigo werden manchmal fälschlicherweise synonym verwendet. Pruritus ist ein „Juckreiz“, der nicht an Hauterscheinungen gebunden ist. Der chronische Prurigo hingegen ist eine Hautkrankheit, die oft mit einem chronischen Pruritus und ausgeprägter Papel- oder Knotenbildung der Haut einhergeht.

Klassifikation des Pruritus

Die Klassifikation des Pruritus gemäß dem International Forum for the Study of Itch (IFSI) unterteilt den Juckreiz in verschiedene Kategorien basierend auf Faktoren wie der Ursache und dem Vorliegen von Läsionen.

In der Vergangenheit wurden verschiedene Begriffe zur Beschreibung unterschiedlicher Formen des Pruritus verwendet, die sich auf die auslösende Ursache (z. B. atopischer Pruritus: Pruritus bei atopischem Ekzem), den auslösenden Trigger (z. B. aquagener Pruritus: Pruritus nach Wasserkontakt) oder den klinischen Phänotyp (z. B. genitoanaler Pruritus: bezeichnet Lokalisation des Pruritus) bezogen.

Die S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus“ empfiehlt die Klassifikation gemäß des International Forum for the Study of Itch (IFSI). Orientierend an der Anamnese und klinischen Untersuchung wird der Patient oder die Patientin im ersten Schritt einer klinischen Gruppe zugeordnet.2 Im zweiten Schritt wird die zugrundeliegende Erkrankung einer differentialdiagnostischen Kategorie zugeteilt.

Klinische Gruppe bei chronischem Pruritus

IFSI I: Chronischer Pruritus auf primär läsionaler (veränderter) Haut (CPL): bei Vorliegen einer Hauterkrankung 

IFSI II: Chronischer Pruritus auf primär nichtläsionaler (unveränderter) Haut (CPNL): ohne initiales Vorliegen von Hautveränderungen

IFSI III: Chronischer Pruritus mit schweren Kratzläsionen: Vorherrschen von chronischen Kratzläsionen (z.B. chronische Prurigo, Lichen simplex), die eine Einteilung in die erste oder zweite Gruppe nicht ermöglichen

Differentialdiagnostische Kategorien

  • Dermatologische Erkrankungen
  • Systemische Erkrankungen (einschließlich medikamentöser Pruritus)
  • Neurologische Erkrankungen
  • Psychische/Psychosomatische Erkrankungen
  • Multifaktoriell: mehr als eine Ursache für Pruritus verantwortlich
  • Pruritus unklarer Genese

Pruritusdokumentation und Pruritusmessung

Pruritus wird über Patienten-Fragebögen zur Selbsteinschätzung erfasst.

Mit Hilfe von standardisierten Fragebögen können der Schweregrad des Pruritus und seine Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffenen Person erfasst werden. Zur regelmäßigen Erfassung des Symptoms empfiehlt die S2k-Leitlinie eine visuelle Analogskala (VAS), numerische Ratingskala (NRS) oder verbale Ratingskala (VRS).

Krankheiten, die mit Pruritus einhergehen können

Pruritus ist ein Symptom bei einer Vielzahl von Krankheiten, kann aber auch von Medikamenten oder äußerlichen Faktoren wie Chemikalien ausgelöst werden oder eine Alterserscheinung sein.

Chronischer Pruritus kann durch systemische, neurologische oder psychiatrische Erkrankungen verursacht werden. Besonders häufig geht er mit Hautkrankheiten einher. Die Einnahme bestimmter Medikamente kann ebenfalls dauerhaften „Juckreiz“ auslösen. 

Besteht Pruritus auf primär läsionaler Haut, liegt meist eine Hauterkrankung bzw. Dermatose vor, u.a.:

  • entzündliche Dermatosen wie atopisches Ekzem, Kontaktdermatitis, Lichen ruber oder Urtikaria
  • Infektionskrankheiten wie Skabies, Follikulitis (zunächst akuter, gelegentlich chronischer Pruritus)
  • Autoimmunerkrankungen wie Neurofibromatose, Ichtyose
  • kutane Lymphome

Pruritus auf primär nicht-läsionaler Haut wird häufig durch systemische, neurologische oder psychiatrische Erkrankungen ausgelöst, u.a.:

  • endokrine und metabolische Erkrankungen wie chronische oder dialysepflichtige Nierenerkrankungen (nephrogener Pruritus), Diabetes mellitus. Rund 40 % der Dialysepatienten leiden an mäßigem bis sehr starkem Pruritus
  • Infektionen wie HIV-Infektion
  • hämatologische und lymphoproliferative Erkrankungen wie Eisenmangel, Multiples Myelom
  • solide Tumoren wie Bronchial-, Zervix-, Kolon-, Gallengangs- und Gallenblasenkarzinom
  • neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose
  • psychiatrische/psycho-somatische Erkrankungen wie Angststörungen, Depression

Prinzipiell kann jedes Medikament Pruritus verursachen.  Beim medikamentös induzierten Pruritus handelt es sich häufig nicht um eine echte Allergie, sondern um eine pseudoallergische Reaktion. Es gibt zudem eine Reihe äußerlicher (exogener Ursachen) für Pruritus. Mögliche äußerliche Auslöser umfassen Chemikalien, Pflanzen (Nesseln, Juckbohne) oder Insekten/Arthropoden (Stiche, Bisse, Ektoparasiten). Der senile Pruritus, auch bekannt als Altersjuckreiz, bezieht sich auf das auftretende „Jucken“ bei älteren Menschen, das oft aufgrund von Hauttrockenheit und anderen altersbedingten Veränderungen der Haut entsteht.

Diagnostik: Untersuchung einer Dermatitis
Dermatitis: Diagnostik
Atopisches Ekzem an der Hand
Atopisches Ekzem

Behandlungsansätze und Therapiemöglichkeiten

Die aktuelle S2k-Leitlinie empfiehlt bei chronischem Pruritus eine rückfettende Basistherapie alleine oder in Kombination mit spezifischen topischen, systemischen Wirkstoffen und/oder UV-Phototherapie.

Die Behandlung der Grunderkrankung ist der erste Schritt bei der Therapie des Pruritus. Fast immer bedarf die Therapie einer Kombination von verschiedenen Maßnahmen. Bei Patientinnen und Patienten mit trockener Haut sollte zunächst ein Therapieversuch mit einer rückfettenden Basistherapie erfolgen. Generalisierter oder schwerer lokaler Pruritus bedarf normalerweise zusätzlich zu einer topischen auch einer systemischen Behandlung. Das Therapieansprechen beim chronischen Pruritus kann bis zu 12 Wochen dauern.

Topische Therapie

Topische Lokalanästhetika wie Menthol und/oder Polidocanol, oder Lidocain werden zur topischen Therapie des chronischen Pruritus empfohlen. Zur kurzfristigen Therapie des chronischen Pruritus bei einer steroidresponsiven Dermatose und bei sekundären entzündlichen Kratzläsionen werden zudem topische Glukokortikosteroide empfohlen. Die Therapie des lokalisierten chronischen Pruritus mit Capsaicin kann erwogen werden. 

Calcineurininhibitoren werden ab dem Alter von 2 Jahren als Zweitlinien-Therapie zur Therapie des chronischen Pruritus bei atopischem Ekzem empfohlen und können bei anderen entzündlichen Dermatosen (Off-label) und bei sekundären entzündlichen Kratzläsionen (Off-label) erwogen werden.

UV-Phototherapie („Lichttherapie“)

Die UV-Phototherapie soll Zellen des Immunsystems daran hindern, übermäßig Histamin auszuschütten. Dadurch kann Pruritus gelindert werden. Eine UV-Phototherapie wird bei chronischem Pruritus, bei entzündlichen Dermatosen und chronischen Kratzläsionen empfohlen. 

Systemische Therapie

Antihistaminika: Antihistaminika sind Substanzen, die die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Histamin abschwächen oder aufheben. Sie zählen zu den klassischen Allergiemedikamenten.Der Einsatz von nicht sedierenden Antihistaminika, zum Teil in Hochdosis, kann bei chronischem Pruritus erwogen werden.

Systemische Glukokortikosteroide: Systemische Glukokortikosteroide sollten nur als Kurzzeittherapie bei schwerstem chronischen Pruritus und starkem Leidensdruck in Ausnahmefällen angewendet werden. 

Systemische Immunsupressiva: Immunsuppressiva werden eingesetzt, um das Immunsystem zu unterdrücken. Die Anwendung von Ciclosporin kann als Therapie bei chronisch nodulärer Prurigo empfohlen werden. Des weiteren kann die Anwendung von Methothrexat und Azathioprin, sowie der Antikörper Dupilumab (Off-label) bei chronisch nodulärer Prurigo erwogen werden.

Gabapentinoide: Die Gabapentinoide Pregabalin und Gabapentin sind eigentlich Arzneimittel zur Behandlung von epileptischen Anfällen (Antikonvulsiva). Sie haben sich aber darüber hinaus in der Behandlung des neuropathischen Schmerzes bewährt und werden bei nephrogenem und neuropathischem Pruritus sowie bei Pruritus anderer Genese empfohlen (Off-label).

Opioidrezeptor-Antagonisten bzw. Agonisten: Opioidrezeptor-Antagonisten bzw. Agonisten werden zur Behandlung akuter und chronischer Schmerzen eingesetzt. Naloxon (i. v.) und Naltrexon (oral) sind µ-Opioidrezeptor-Antagonisten, die antipruritische (juckreizhemmende) Wirkung zentralnervös entfalten können. Naltrexon kann bei hepatischem Pruritus und bei Pruritus bei atopischem Ekzem, aquagenem (durch Wasser ausgelöst) und vulvovaginalem Pruritus, Pruritus bei Malignom, systemischer Sklerodermie und bei chloroquininduziertem Pruritus erwogen werden (Off-label). Naloxon i.v. kann bei hepatischem Pruritus, Pruritus bei Malignom und bei schwerstem Pruritus mit starkem Leidensdruck erwogen werden (Off-label).

Neurokininrezeptor 1-Antagonisten:  Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten sind eine Gruppe von Antiemetika, die zumeist zur Prävention und Behandlung von zytostatikainduziertem Erbrechen und der damit einhergehenden Übelkeit eingesetzt werden. Aufgrund von Fallberichten und Expertenmeinungen kann die Anwendung von Aprepitant in Fällen von therapierefraktärem chronischem Pruritus erwogen werden (Off-label).

Antidepressiva: Bei den Antidepressiva werden vor allem die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Mirtazapin zur Therapie des chronischen Pruritus empfohlen (Off-label). Zudem kann das trizyklische Antidepressivum Doxepin erwogen werden (Off-label).

Psychosomatische Therapie 

Bei chronischem Pruritus, insbesondere beim automatisiertem Kratzverhalten und Problemen mit der Pruritusbewältigung, ist eine psychosomatische Beratung sinnvoll.

Weitere Maßnahmen

Allgemeine Empfehlungen zur Linderung des Pruritus:

  • Hauttrockenheit vermeiden durch Verzicht auf häufiges Waschen oder Baden, trockenes Klima oder Hitze, Saunagänge
  • Fingernägel kürzen
  • lockere Baumwollkleidung
  • kühle nächtliche Umgebung
  • lauwarme Dusche
  • Reizstoffe vermeiden, z. B. Tierwolle, Umschläge mit Rivanol, Kamille oder Teebaumöl
  • Stressvermeidung, autogenes Training, Entspannungstechniken, Verhaltenstherapie 
  • Juckreiz-verstärkende Nahrungsmittel meiden, z. B. größere Mengen heißer Getränke oder Alkohol, stark ­gewürztes oder scharfes Essen

Diagnostik

Zur Abklärung des chronischen Pruritus wird eine Stufendiagnostik empfohlen. Diese orientiert sich an der Häufigkeit der mit Pruritus assoziierten Erkrankungen.

Diagnostisch kommen bakteriologische, mykologische, allergologische und autoimmunserologische Untersuchungsverfahren zum Einsatz. Zur Diagnosestellung ist in unklaren Fällen oft eine Hautbiopsie notwendig.

Basisuntersuchungen

 

Labordiagnostik

Blutsenkungsgeschwindigkeit und C‑reaktives Protein 

Blutbild mit Differenzialblutbild, Ferritin

Bilirubin, Transaminasen, Gammaglutamyl-Transferase (GGT), alkalische Phosphatase

Kreatinin, Harnstoff, errechnete glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), K+, Urin (Streifentest)

Blutzucker nüchtern

Laktatdehydrogenase (LDH)

Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH)

Bei primären oder sekundären Hautveränderungen ggf.

Bakteriologische/mykologische Abstriche

Hautbiopsie (Histologie, direkte Immunfluoreszenz, Elektronenmikroskopie)

Skabiesmilbennachweis

Pruritus in der Schwangerschaft

Bei auffälligem Hautbefund: dermatologische Untersuchung zum Ausschluss atopische oder polymorphe Schwangerschaftsdermatose, Pemphigoid gestationis

Bei unauffälligem Hautbefund: Basislabordiagnostik (s. oben) plus Gallensäuren (nüchtern)

Mögliche weitergehende Untersuchungen (unter anderem)

Bei analem Pruritus: Parasiten, Wurmeier, digital-rektale Untersuchung, PSA

Bei aquagenem und genitalem Pruritus, Pruritus unklarer Genese: Laktose‑/ Sorbit-Intoleranztest

Bei Blutbildveränderungen/Verdacht auf lymphoproliferative Erkrankungen: Vitamin B12, Folsäure, Eiweißelektrophorese, Immunfixation, JAK2-Status, ggf. KM-Punktion mit (Immun‑)Zytologie und Histologie

Bei Eisenmangel/ Stuhlunregelmäßigkeiten: Stuhluntersuchung auf okkultes Blut

Ursachen von Pruritus

Chronischer Pruritus kann viele Ursachen haben. Drei mögliche Auslöser von anhaltendem „Juckreiz“ werden im Folgenden kurz zusammengefasst:

Pruritus während der Schwangerschaft

Pruritus ist das häufigste Hautsymptom bei schwangeren Frauen. Während der Schwangerschaft erleben Frauen eine Vielzahl hormoneller Veränderungen, die den Stoffwechsel, die Hautfeuchtigkeit und die Hautelastizität beeinflussen können. So ist Pruritus bei schwangeren Frauen häufig auf „trockene Haut“ zurückzuführen. Zudem führt die Schwangerschaft zu einer Dehnung der Haut, die mit Pruritus einhergehen kann. Besonders betroffene Bereiche können der Bauch, die Brüste und die Oberschenkel sein. Einige Frauen leiden unter Schwangerschaftsdermatosen wie der atopischen Schwangerschaftsdermatose, der polymorphen Schwangerschaftsdermatose oder der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase. Während einige dieser Erkrankungen (z. B. atopische und polymorphe Schwangerschaftsdermatose) aufgrund des Pruritus lediglich unangenehm für die Mutter sind, bergen andere (z. B. die intrahepatische Schwangerschaftscholestase) ein potenzielles Risiko für das Kind.

Pruritus bei malignen Wunden

Pruritus um und an der malignen Wunde kann unterschiedliche Ursachen haben, z. B. ausgelöst durch eine Entzündungsreaktion oder durch Kontakt mit sensibilisierenden Substanzen. Außerdem haben Tumorpatientinnen und -patienten oft eine empfindliche Haut, die leicht austrocknen kann. Trockene Haut kann zu Juckreiz führen, insbesondere wenn die Haut um die Wunde herum geschädigt ist oder wenn intensive Behandlungen wie Chemotherapie oder Strahlentherapie durchgeführt wurden. Einige therapeutische Maßnahmen können ebenfalls Juckreiz bzw. eine Photosensibilisierung der Haut als Nebenwirkung verursachen.

Pruritus bei Galleabflussstörungen (hepatischer Pruritus)

Pruritus ist eine typische Komplikation cholestatischer Lebererkrankungen wie z. B. intrahepatischer Cholestase der Schwangerschaft, primärer biliärer Zirrhose und primärer sklerosierender Cholangitis. Häufig beschreiben betroffene Personen einen intensiven Juckreiz an den Extremitäten, insbesondere den Handinnenflächen oder Fußsohlen. Bei längerem Bestehen des Pruritus kann dieser auch generalisiert auftreten.

Die Mechanismen der Entwicklung eines hepatischen Pruritus sind komplex und noch unzureichend verstanden. Das derzeitige Erklärungsmodell geht davon aus, dass sich aufgrund einer verminderten Gallensekretion bzw. eines verminderten Gallenflusses sogenannte „Pruritogene“ im Plasma und in anderen Organen und Geweben anreichern. Dadurch werden neuronale Reaktionen im Rückenmark und zentralen Nervensystem ausgelöst. Zu den Substanzen mit pruritogenen Eigenschaften gehören unter anderem Histamin oder Gallensalze.

Der Therapieansatz beim hepatischen Pruritus beruht primär auf einer Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung. Colestyramin, ein Anionenaustauscherharz, der als Hemmer der Gallensäureresorption wirkt, ist zugelassen zur Behandlung des hepatischen Pruritus. Rifampicin, ein Antibiotikum, ist eine weitere, therapeutisch effektive Option zur Behandlung des hepatischen Pruritus.

Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.