Chronisch venöse Insuffizienz (CVI)

Chronisch venöse Insuffizienz (CVI)

Krankheitszustände, die sich aus Störungen des venösen Rückflusses an den unteren Extremitäten ergeben, werden unter dem Begriff chronisch venöse Insuffizienz (CVI) zusammengefasst.

Die chronisch venöse Insuffizienz lässt sich, je nach Veränderung der Haut, in verschiedene Stadien einteilen.

Um eine CVI zu behandeln oder dieser vorzubeugen, existieren Therapien bzw. Maßnahmen, die größtenteils von dem Betroffenen selbst durchgeführt werden können.

Symptome der chronisch venösen Insuffizienz

Falls eine chronisch venöse Insuffizienz vorliegt, kann sich diese durch Besenreiser an den Fußrändern und oberhalb der Fußknöchel bemerkbar machen.

Besenreiser können in Verbindung mit abendlichen Knöchelödemen auftreten. Außerdem kommt es häufig zu dumpfen Schmerzen und unerträglichen Spannungsgefühlen im Bein, die vor allem nach längerem Stehen entstehen. Am unteren Unterschenkel können rotbraune Flecken und weißliche Hautverfärbungen erkennbar sein und es kann zu oft geröteter, nässender, schuppender Haut, verbunden mit brennendem Juckreiz kommen. Zudem heilen selbst kleinste Wunden mehrere Tage nicht oder es entwickelt sich sogar ein chronisches Geschwür. In fortgeschrittenen Stadien ist die Haut nicht mehr in Falten abhebbar und wird derb, hart und fest.

Einteilung der CVI

Die Stadieneinteilung bezieht sich auf die sicht- und tastbaren Hautveränderungen der chronisch venösen Insuffizienz.


Stadium 1

  • Corona phlebectatica mit Ödem (dunkelblaue Hautvenenverfärbung am Fußrand)
  • Lokale Gefäßerweiterungen (Besenreiser) in der Knöchelregion und oberhalb des Fußgewölbes
  • Typisch auftretende Knöchelödeme


Stadium 2

  • Unterschenkelödem
  • Hyperpigmentierung der Haut
  • Dermatoliposklerose
  • Atrophie blanche
  • Purpura jaune d`ocre: ockerfarbene Veränderungen der Haut aufgrund von Hämosiderineinlagerungen


Stadium 3a

  • Abgeheiltes Ulcus


Stadium 3b

  • Bestehendes (florides) Ulcus

Pathologische Veränderungen des intravasalen Blutflusses werden nicht hier, sondern unter der CEAP-Klassifizierung abgebildet.

Welche Risikofaktoren begünstigen eine CVI?

Verschiedene Krankheitsbilder fördern die Entstehung der chronisch venösen Insuffizienz.

Dazu gehören beispielsweise Krampfaderleiden (Varikosis), Thrombose der tiefen Beinvenen (Phlebothrombose), oberflächliche Thrombophlebitis oder ein akutes Trauma, das sowohl die oberflächlichen als auch die tiefen Venen schädigen kann. Weitere beeinflussende Faktoren sind stehende oder sitzende berufliche Tätigkeiten, Bewegungsmangel, hormonelle Einflüsse (Schwangerschaft, Pille), beengende Kleidung und Übergewicht.

Auch eine positive Familienanamnese oder fehlende Bewegung können das Risiko für eine chronisch venöse Insuffizienz erhöhen. Mit dem Alter nimmt das Risiko einer Erkrankung ebenfalls zu. Frauen entwickeln generell häufiger Ödeme als Männer.

Die betroffenen Körperstellen bei einer CVI sind die Beine, dabei besonders die Unterschenkel.

Prophylaxe: Vorbeugung einer CVI
  • Langes Stehen und Sitzen vermeiden
  • Viel Bewegung (z.B. regelmäßige Spaziergänge)
  • Venengymnastik
  • Durch gesunde Ernährung Übergewicht vermeiden
  • Aktivieren der Beinmuskelpumpe durch Sport (z.B. Schwimmen, Radfahren, Walking)

Behandlung und Therapie

Um eine chronisch venöse Insuffizienz zu behandeln, muss die Durchblutung im Bein verbessert und der Blutstau beendet werden.

Dies ist oftmals durch konsequentes Tragen von Kompressionsstrümpfen oder durch die Operation der Krampfadern möglich, falls die Ursache ausschließlich Aussackungen und funktionslose Klappen des oberflächlichen Venensystems sind.

Kompressionsbehandlung

Sollte die Erkrankung jedoch durch ein postthrombotisches Syndrom mit der Zerstörung von Venenklappen der tiefen Beinvenen entstanden sein, hilft nur eine lebenslange Kompressionsbehandlung.

Kompressionsstrümpfe sind ein medizinisches Hilfsmittel, das mittels Druck von außen auf die Beine wirkt. Die Venen werden von außen komprimiert, der Venendurchmesser verringert und somit die Fließgeschwindigkeit in den Venen erhöht. Dadurch werden schwache Venenwände in Form gehalten und die Venenklappen können wieder schließen. Beschwerden wie schwere oder schmerzende Beine klingen ab, gefährliche Venenverschlüsse (Thrombosen) können verhindert werden. Durch die Kompression wird die Flüssigkeit wieder aus dem Gewebe gepresst, wodurch Ödeme abklingen.

Während der Kompressionstherapie sollte sich möglichst viel bewegt werden, denn dadurch wird die Wadenmuskelpumpe aktiviert und der Rücktransport des venösen Blutes unterstützt. Die Muskelaktivität drückt die Venen zusammen und pumpt so das Blut wieder in Richtung des Herzens.

Bei jeder Muskelkontraktion werden die Venen zusammengedrückt. Dadurch wird das venöse Blut Richtung Herz gefördert. Die beste Muskulatur für diesen Vorgang ist die Wadenmuskulatur.

Muskelwadenpumpe: Schematische Darstellung
Funktion der Wadenmuskelpumpe

Pneumatische Kompressionstherapie

Bei dieser Zusatztherapie soll der venöse Abfluss verbessert werden, indem eine Nachahmung der Muskelpumpen-Funktion durchgeführt wird. Dabei werden die Luftkammern des Patienten abwechselnd aufgepumpt.
Diese Kompression trägt zur schnelleren Heilung bei und kann neben dem Kompressionsverband mehrmals wöchentlich angewendet werden.

Chirurgische Eingriffe

Shave-Therapie

  • Ulcus wird operativ abgetragen
  • Anschließend wird die Wunde mit Hauttransplantat vom eigenen Oberschenkel verschlossen


Faszienchirurgie

  • Zusätzliches Spalten und Entfernen der verdickten Anteile der Muskelbinde, die die Beinmuskulatur und ihre Arterien einschnüren
  • Muskelfasern und Arterien werden von Druck entlastet
  • Zunahme der Durchblutung des Wundgebiets

Heilungsverlauf der CVI

Eine Heilung bei einer CVI ist in dem Sinne nicht möglich, sondern nur eine symptomatische Therapie.

Fortgeschrittene Stadien bleiben sichtbar, so die Verfärbung der Haut. Die chronischen Wunden (CVI Stadium 3b, Ulcus cruris venosum) können abheilen, aber es besteht eine große Gefahr, dass erneut eine Wunde auftritt. Die Vorbeugung durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist entscheidend.
 

Selbstpflege

  • Bei heißen oder schmerzenden Waden oder Füßen hilft eine Kühlung dieser Körperstellen (Salben vermeiden)
  • Bewusstes Gehen in bequemem Schuhwerk
  • Optimale Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks verbessern (ggf. durch Krankengymnastik), um die Muskelvenenpumpe zu fördern
  • Moderne Hydrokolloid-Verbände erleichtern die Pflege kleiner Verletzungen und beschleunigen die Heilung
Fallbeispiel: Ulcus cruris bei bestehender CVI
Ulcus cruris venosum nach Trauma

Lesen Sie hier nach, wie es bei diesem Patienten mit CVI zu einem Ulcus cruris venosum kam und wie dieses geheilt werden konnte.

Fallbeispiel lesen
Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.