Wundabstrich: Ablauf, Techniken und Indikation

Wundabstrich: Ablauf, Techniken und Indikation

Chronische Wunden stellen für Behandelnde immer wieder eine große Herausforderung dar. Sie bieten ein ideales Milieu für die Aufnahme und die Weiterverbreitung von unterschiedlichsten Erregern.

Werden Wunden in ihrer Heilung gestört, handelt es sich um eine sekundäre Wundheilungsstörung. Die ursächlichen Faktoren der Wundheilungsstörung sollten zeitnah herausgefunden werden.

Bakteriologische Diagnostik ist dann sinnvoll, wenn der klinische Verdacht auf eine Wundinfektion besteht, besonders bei Patienten mit tiefen Ulzerationen, diabetischem Fußsyndrom oder Fistelgewebe. Wenn spezifische Erreger, wie z.B. Schimmelpilze, Mykobakterien oder auch Leishmanien nachgewiesen werden sollen, ist ebenfalls ein Abstrich vorzunehmen.

Wann sollte ein Wundabstrich durchgeführt werden?

Eine frühzeitige, korrekt durchgeführte bakteriologische Diagnostik kann dazu beitragen, Erreger in einer chronischen Wunde rechtzeitig zu identifizieren, eine entsprechende Antibiotikatherapie einzuleiten und eine Übertragung der Erreger auf andere Wunden und Personen zu verhindern.

Das Probenmaterial wird in der Regel immer ein positives Ergebnis liefern, da unsere Hautflora grundsätzlich mit Keimen besiedelt ist. Deshalb ist es ratsam, sich über den Sinn und Zweck eines Wundabstrichs im Vorfeld Gedanken zu machen. So sollte man sich unter anderem fragen, welche Konsequenz aus dem Abstrich-Befund gezogen werden kann, welcher Aufwand für diesen Befund betrieben werden soll und was dem Patienten zugemutet werden kann.
 

Wie schnell kann mit einem Ergebnis gerechnet werden?

Die Probeentnahme ist einfach, schmerzfrei und liefert in der Regel innerhalb von 2 bis 3 Werktagen ein zuverlässiges Ergebnis über die Erreger und deren eventuellen Resistenzeigenschaften.

Sollte vor dem Abstrich eine Wundreinigung durchgeführt werden?

Für Screening-Untersuchungen bei Patienten mit chronischen Wunden werden bakteriologische Abstriche für den Nachweis von MRSA (multiresistenten Erregern) durchgeführt. Hier sollte vorab keine Wundreinigung stattfinden.

Bei dem Verdacht auf eine Wundinfektion ist es allerdings ratsam vor Abnahme des Abstrichs die Wunde mit einer 0,9%igen Kochsalzlösung und/oder einer sterilen Kompresse zu reinigen, um Wundbeläge, nekrotische und fibrinöse Bestandteile oberflächlich zu entfernen.

Anzeichen einer Wundinfektion

  • Wärme (Calor)
  • Rötung (Rubor)
  • Schwellung (Tumor)
  • Schmerz (Dolor)
  • Funktionseinschränkung (Functio laesa)
     

Infektionszeichen, die zusätzlich auftreten können

  • Geruch
  • Größere Menge an Exsudat
  • Verfärbung der Wundumgebungshaut
  • Taschenbildung
  • Zersetzung der Wunde

(Quelle: Schlögl 2012)

Achtung: Desinfektionsmittel kommen niemals vor dem Abstrich zum Einsatz!

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Wie geht man bei einem Abstrich vor?

Es empfiehlt sich die folgende Vorgehensweise für einen Abstrich:

  • Transportmedium mit Flüssigkeit wählen (Hinweise für die Anwendung beachten)
  • Patienten zum Vorgang des Abstrichs informieren
  • Hände desinfizieren
  • Einmalhandschuhe anziehen
  • Oberflächliche Beläge evtl. mit 0,9%iger NaCl-Lösung mechanisch und/oder einer sterilen Kompresse entfernen
  • Methode zur Probengewinnung wählen (Levine Technik oder Essener Kreisel)
  • Begleitschein vollständig ausfüllen
  • Etikett auf Trägermaterial vollständig ausfüllen
  • Hinweis auf vorangegangene Antibiotikatherapie aufführen
  • Gewünschte Untersuchung angeben
  • Lagerung bei Zimmertemperatur
  • Probentransport zeitnah

(Quelle: Wislinghoff, H. 2012)

Wundabstrich durchführen: Vorgehensweisen und Techniken

Bei der Probengewinnung zur mikrobiologischen Untersuchung gibt es grundsätzlich zwei Vorgehensweisen:

1. Levine Technik

Der Abstrich wird unter leichtem Druck mit dem Abstrichtupfer aus einem zirka 1 cm2 großen Areal aus dem Zentrum oder einem klinisch infiziert erscheinenden Areal der Wunde entnommen.
 

2. Essener Kreisel

Der Abstrich wird unter leichtem Druck mit dem Abstrichtupfer von außen nach innen kreisend in Spiralform bis zu dem Zentrum über die gesamte Wundfläche entnommen.

In mehreren klinischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Methode des Essener Kreisels mehr Bakterienspezies aufwies als die Levine Technik (vgl. Dissemond, J. et al. 2009).

Der Essener Kreisel wird als Methode eher für allgemeine Screenings verwendet, die Levine Technik bei echten Infektionen (Quelle: Vortrag Dissemond, Wundkongress Nürnberg 2019).

Video: Essener Kreisel Wundabstrich

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Video: MRSA Abstrich durchführen

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Was ist bei einem Abstrich außerdem zu beachten?

Trägermaterialien
Am besten eignen sich Abstrichtupfer mit großen oder kleinen Watteköpfen, meist langstielig in einem Transportgefäß mit Gelmatrix für empfindliche Keime, den sog. Anaerobiern. Diese befinden sich häufig in Dekubitus-Ulcera crura- und diabetischen Fußwunden.

Lagerung
Der Wundabstrich wird bei Raumtemperatur gelagert. Ein schnelles Weiterleiten an das Labor sollte gewährleistet sein.

Optional ist auch eine Lagerung im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius möglich, dadurch findet aber ein Verlust der Anaerobier statt.

Eine ausführliche Anforderung an das Labor ist von Vorteil (z. B. Untersuchung auf MRSAMRGN, ORSAESKAPE etc.), um ein schnelleres und gezielteres Ergebnis zu gewährleisten.

Die Dokumentation/Beschriftung des Probenmaterials beinhaltet:

  • Name und Alter des Patienten
  • Uhrzeit und Datum der Entnahme
  • Sehr genaue Entnahmestelle
  • (Vorläufige) Diagnose
  • Antibiotikatherapie bereits vorhanden: ja/nein
Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.