Lokale und systemische Infektionen: Erkennen, Behandeln und Vorbeugen

Lokale und systemische Infektionen: Erkennen, Behandeln und Vorbeugen

Infektionen gehören mit zu den häufigsten gesundheitlichen Herausforderungen, denen der menschliche Körper begegnet. Sie werden in der Regel durch pathogene Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten verursacht. Dabei unterscheidet man zwischen lokalen und systemischen Infektionen.

Diese grundlegenden Kategorien unterscheiden sich in ihrer Ausbreitung und ihrem Einfluss auf den Körper. Eine lokale Infektion beschränkt sich dabei auf eine bestimmte Körperregion, während eine systemische Infektion den gesamten Körper betrifft.

Bei Menschen mit einer Immuninsuffizienz oder beispielsweise einem Diabetes mellitus besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko. Generell ist eine frühzeitige und angemessene Behandlung entscheidend, um eine Eskalation der Infektion zu verhindern. Daher ist es von hoher Bedeutung, die Unterschiede zwischen einer lokalen und einer systemischen Infektion zu kennen, um geeignete therapeutische Maßnahmen einleiten zu können.

Lokalinfektion

Was ist eine lokale Infektion?

Eine lokale Infektion (auch Lokalinfektion) ist auf eine bestimmte Körperregion beschränkt. Sie tritt in der Regel an der Stelle auf, an der die Erreger in den Körper eingedrungen sind. Ein klassisches Beispiel ist eine Wundinfektion. Durch den Defekt in der Hautbarriere können sich Keime in einer Wunde ansiedeln und zu einer Wundinfektion führen. Aber auch bei einer Bindehautentzündung (Konjunktivitis) handelt es sich um eine örtlich abgegrenzte Infektion. 

Was sind Anzeichen und Symptome bei einer lokalen Infektion?

Die lokalen Infektionszeichen sind die klassischen Entzündungszeichen Rötung (Rubor), Überwärmung (Calor), Schwellung (Tumor) und Schmerz (Dolor). Hinzukommen kann außerdem eine gestörte Funktion (Functio laesa) der betroffenen Stelle. Bei einer Wundinfektion können die Entzündungszeichen unter Umständen weniger stark ausgeprägt sein oder sogar ganz fehlen, beispielsweise bei immungeschwächten Personen oder bei tiefen Wunden.

Behandlung und Therapie einer lokal infizierten Wunde

Bei einer lokal infizierten Wunde sollte eine Wundreinigung bzw. ein Débridement zur Vorbereitung des Wundbetts sowie eine antiseptische Wundbehandlung zur Keimreduktion durchgeführt werden. Danach sollte eine antimikrobielle Wundauflage verwendet werden, um die Ausbreitung von Keimen wie z.B. MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zu verhindern. 

Die Behandlung und Therapie von lokal infizierten Wunden werden im Fachartikel Infizierte (septische) Wunden erkennen und behandeln ausführlich erläutert, wobei die konkret zu ergreifenden Maßnahmen immer von der individuellen Situation abhängen.

Mögliche Folgen unbehandelter lokaler Infektionen

Wenn eine lokale Infektion nicht angemessen behandelt wird, besteht die Gefahr, dass sich die Erreger weiter vermehren, über den Blutkreislauf im Körper ausbreiten und so eine systemische Infektion entsteht. 

Was ist der Unterschied zwischen einer Infektion und einer Entzündung?

Eine Entzündung ist die Reaktion des Immunsystems auf einen Reiz. Ein solcher Reiz kann das Eindringen von Krankheitserregern wie z.B. Bakterien, Viren oder Pilzen sein. Entzündungen können jedoch auch bei anderen Reizen ohne eine Erreger-vermittelte Infektion auftreten, z.B. bei Autoimmun-Erkrankungen, Reibungen, Verletzungen, Fremdkörpern oder Strahlung. 

Kurz gesagt: Eine Infektion löst bei gesunden immunkompetenten Menschen eine Entzündungsreaktion aus, während eine Entzündung auch unabhängig von einer Infektion auftreten kann. 

Systemische Infektion

Was ist eine systemische Infektion?

 Eine systemische Infektion entsteht, wenn sich Erreger über das Blut ausbreiten und sich in einem ganzen Organsystem oder im gesamten Organismus verteilen. Im Gegensatz zu einer lokalen Infektion betrifft eine systemische Infektion den gesamten Körper. Systemische Infektionen können schwerwiegender sein und erfordern oft eine intensivere medizinische Behandlung. 

Ein typisches Beispiel wäre eine Sepsis, die durch das Eindringen von Mikroorganismen (meist Bakterien) in die Blutbahn verursacht wird und eine sehr schwerwiegende systemische Entzündungsreaktion auslöst. Eine solche systemische Infektion kann dabei aus einer lokalen Infektion entstehen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind Bakterien einer unbehandelten Wundinfektion, die sich stark vermehren und anschließend in den Blutkreislauf gelangen. Weitere Beispiele sind unbehandelte Lungenentzündungen oder Harnwegsinfektionen, die sich zu einer systemischen Infektion entwickeln können. Es gibt allerdings auch Infektionen, die direkt systemisch beginnen. Beispielsweise handelt es sich bei einer Grippeerkrankung immer um eine systemische Infektion. 

Was sind die Anzeichen und Symptome bei einer systemischen Infektion?

Ganz allgemein können systemische Infektionszeichen Symptome wie z.B. Fieber, Schüttelfrost, Nachtschweiß, allgemeines Krankheitsgefühl, schneller Herzschlag, schnelle Atmung, Verwirrtheit und niedriger Blutdruck sein. Geht die systemische Infektion aus einer lokalen Infektion hervor, können die Übergänge von lokalen zu systemischen Infektionszeichen graduell erfolgen.

Besonders heftig ausfallende Reaktionen des Immunsystems auf eine Infektion können zu einer lebensbedrohenden Sepsis mit (Multi-)Organversagen führen.

Die Anzeichen einer Sepsis entsprechen den systemischen Infektionszeichen, fallen allerdings häufig stärker aus und können unter anderem zusätzlich mit Bewusstseinsstörungen und kühler blasser Haut vor allem an Händen und Füßen einhergehen.

Für Patientinnen und Patienten mit erhöhtem Sepsis-Risiko kann der qSOFA-Score (quick Sepsis-related organ failure assessment score) für die Erkennung einer Sepsis hilfreich sein. Sind mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt, besteht der Verdacht auf eine Sepsis:

  • Atemfrequenz: ≥ 22/Minute (Tachypnoe)
  • Bewusstseinsveränderung: Glasgow-Koma-Skala < 15
  • Systolischer Blutdruck: ≤ 100 mmHg (Hypotonie)

Um den Therapieaufwand und das Ausmaß der Organschädigung zu beurteilen, können der TISS-Score (Therapeutic Intervention Scoring System) und der SOFA-Score angewendet werden. 

Behandlung und Therapie einer systemischen Infektion

Die Behandlung einer systemischen Infektion kann systemische Antibiotika oder antivirale Medikamente umfassen, abhängig von der Art der Erreger. Eine Antibiotikatherapie ist indiziert bei bakteriellen Infektionen, während Virostatika bei viralen Infektionen eingesetzt werden. Wenn die systemische Infektion von einer infizierten Wunde ausging, sollte diese zusätzlich mit Wundantiseptika behandelt und mit antimikrobiellen Wundauflagen versorgt werden.

Entstehung einer Infektion

Infektionen entstehen durch in den Körper eintretende und sich vermehrende Erreger. Meist handelt es sich um Bakterien, Viren oder Pilze. Mögliche Eintrittspforten für Krankheitserreger sind u.a. Schleimhäute, die Atemwege, der Magen-Darm-Trakt, die Genitalorgane sowie Verletzungen und Wunden. 

Welche Erreger können eine lokale Infektion auslösen und dann systemisch werden?

Lokale Infektionen können unabhängig vom Erreger das Potenzial haben, sich bei unzureichender oder fehlender Behandlung systemisch auszubreiten und schwerwiegendere Gesundheitsprobleme zu verursachen. 

Ein typisches Beispiel dafür ist eine Wundinfektion, für die zahlreiche Erreger verantwortlich sein können. Dazu gehören häufig grampositive oder gramnegative Kokken, Anaerobier oder Hefepilze. Wenn das körpereigene Immunsystem die eindringenden Keime nicht oder nur unzureichend eindämmen kann, können sich die Erreger in der Wunde so stark vermehren, dass diese in den Blutkreislauf gelangen und die Infektion systemisch wird. 

Ein weiteres Beispiel für eine lokale Infektion, die systemisch werden kann, ist die unbehandelte Harnwegsinfektion (HWI). Diese Infektion wird häufig durch Bakterien wie Escherichia coli, Enterokokken oder Klebsiellen verursacht. Bleibt eine HWI unbehandelt, können die Bakterien von der Blase zu den Nieren aufsteigen und eine schwere Niereninfektion (Pyelonephritis) verursachen. Von dort aus besteht das Risiko, dass die Bakterien in die Blutbahn gelangen und eine lebensbedrohliche systemische Infektion auslösen. 

Diese Beispiele verdeutlichen die Dringlichkeit einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung lokaler Infektionen, um das Risiko einer systemischen Ausbreitung zu minimieren.

Es treten immer wieder neue, teils multiresistente, Erreger auf, die sowohl lokale als auch systemische Infektionen hervorrufen können. In den letzten Jahren hat beispielsweise ein multiresistenter Hefepilz (Candida auris) weltweit an Bedeutung gewonnen. Der Pilz kann auf Oberflächen und medizinischen Geräten gut überleben und löst insbesondere bei immungeschwächten Personen beispielsweise eine schwerwiegende Candidämie (Vorhandensein von Pilzen im Blut) aus. Auch wenn die Fallzahlen bisher gering sind, stellen auch solche Erreger das Gesundheitssystem vor immer neue Herausforderungen.

Welche Erreger können eine systemische Infektion auslösen?

Neben den Keimen, die (zunächst) lokal begrenzt im Organismus vorkommen, gibt es auch Erreger, die direkt systemische Infektionen auslösen können. Beispiele für Erreger von systemischen Infektionskrankheiten gibt Tabelle 1.

Zu den bakteriellen Erregern gehören z.B. Borrelien, die durch Zeckenstiche in die Blutgefäße gelangen und so eine systemische Borreliose verursachen können. Virale Infektionserreger, die z.B. durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch übertragen werden, infizieren den Organismus ebenfalls direkt systemisch.

Insbesondere bei viralen Infektionskrankheiten wie z.B. Influenza kann es durch das geschwächte Immunsystem zusätzlich zu bakteriellen Infektionen kommen. Derartige Infektionen heißen Sekundärinfektionen oder Superinfektionen. Diese verlaufen dann oft ebenfalls direkt systemisch und sind besonders kritisch, wenn sie durch resistente oder multiresistente Erreger wie z.B. MRSA verursacht werden.

Tabelle 1: Beispiele für systemische Infektionserreger mit Infektionswegen, der daraus resultierenden Krankheit und den hauptsächlich betroffenen Organsystemen

ErregerÜbertragungswegKrankheitBetroffene Organe
Bakteriell
Borrelia burgdorferiZeckensticheBorrelioseHaut, Nervensystem, Gelenke, Herz
Hauptsächlich Meningokokken (Neisseria meningitidis)
Streptococcus pneumoniae
Tröpfcheninfektionbakterielle MeningitisNervensystem
Clostridium tetaniWundenTetanusNervensystem, Bronchien
Viral
Röteln-VirenTröpfcheninfektionRöteln Haut, Bronchien, Gelenke, Gehirn, Nervensystem, Herz
MasernvirusTröpfcheninfektion, KontaktinfektionMasernHaut, Bronchien, Gehirn, Herz, Verdauungssystem
InfluenzavirenTröpfcheninfektion, Kontaktinfektion, SchmierinfektionInfluenza (echte Grippe)Bronchien, Schleimhäute, Herz, Nervensystem
SARS-CoV-2Tröpfcheninfektion, Kontaktinfektion, SchmierinfektionCOVID-19u.a. Respirationstrakt, Lunge, Nervensystem, Herz, Nieren, Leber

Risikofaktoren und Prophylaxe vor Infektionen

Um Infektionen vorzubeugen, ist es wichtig, Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Insbesondere bei Wunden und im Umgang mit potenziell infektiösen Materialien gilt es Vorsicht walten zu lassen.

Eine gesunde Lebensweise und die Stärkung des Immunsystems können ebenfalls dazu beitragen, das Risiko von Infektionen zu verringern. Die Einhaltung von Impfempfehlungen schützt vor vielen Infektionskrankheiten, wie z.B. Tetanus, Masern, Röteln, Grippe und COVID-19. 

Das gilt insbesondere für Risikogruppen wie z.B. Menschen

  • mit Diabetes mellitus,
  • mit chronischen Erkrankungen oder chronischen Wunden,
  • mit einem geschwächten Immunsystem,
  • in einem höherem Lebensalter,
  • in bestimmten Berufsgruppen (z.B. Heilberufe, Arbeitende im Labor, Pädagoginnen und Pädagogen).

Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.