Lipödem: Diagnose, Krankheitsbild, Therapie

Lipödem: Diagnose, Krankheitsbild, Therapie

Das Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung, die nahezu ausschließlich Frauen betrifft und sich durch symmetrische, schmerzhafte Fettansammlungen an Beinen und Armen auszeichnet. 

Häufig wird die Erkrankung lange nicht erkannt, da sie mit allgemeiner Adipositas oder einem Lymphödem verwechselt werden kann. Der folgende Beitrag gibt einen umfassenden Überblick über Ursachen, Symptome, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung – basierend auf den Empfehlungen der aktuellen S2k Leitlinie „Lipödem“ der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie e. V.

Was ist ein Lipödem?

Das Lipödem ist eine schmerzhafte, symmetrische und disproportionale Fettgewebsverteilungsstörung der Extremitäten. Die Krankheit tritt nahezu ausschließlich bei Frauen auf.

Das Lipödem zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Schmerzen: Das Lipödem verursacht immer Schmerzen. Dazu zählen Druck- und Berührungsschmerz, Spontanschmerz und Schweregefühl. Die Ausprägung des Schmerzes korreliert nicht mit dem Stadium der Erkrankung.
  • Nur Arme und Beine betroffen: Die Fettansammlungen sitzen ausschließlich an Hüften, Oberschenkeln, Unterschenkeln sowie - seltener - an Oberarmen, Schultern und Unterarmen. Rumpf, Hals und Kopf bleiben verschont.
  • Beidseitig gleich stark: Arme und Beine sind auf beiden Seiten in etwa gleich betroffen. Hände und Füße sind dagegen nicht mitbetroffen.
  • Kein Übergewicht als Ursache: Ein Lipödem entsteht nicht durch allgemeines Übergewicht und führt auch nicht selbst zu Adipositas.
  • Übergewicht kann zusätzlich bestehen: Frauen mit Lipödem können gleichzeitig übergewichtig sein. In diesem Fall ist das Fett aber gleichmäßig am ganzen Körper verteilt, also auch am Bauch und Rücken.
  • Lymphstau möglich: Bei starkem Übergewicht kann sich zusätzlich ein Lymphödem entwickeln, vor allem an den Beinen.
  • Orthostatische Stauungen: Wassereinlagerungen in den Beinen, die viele Frauen kennen, können parallel auftreten, haben aber nichts mit dem Lipödem zu tun.

Therapie des Lipödems

Die Behandlung des Lipödems beginnt konservativ (z. B. mit Kompression) und umfasst erst nach mindestens sechs Monaten ohne ausreichende Besserung sowie bei erfüllten Indikationskriterien eine lymphschonende Liposuktion.

Die Behandlung des Lipödems folgt einem Stufenkonzept, das konservative Verfahren in den Vordergrund stellt und – bei unzureichendem Erfolg – operative Maßnahmen ergänzt:

Konservative Therapie

1. Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie beim Lipödem dient in erster Linie der Schmerz- und Symptomreduktion an den betroffenen Extremitäten und sollte bei diagnostiziertem Lipödem eingesetzt werden. Durch den kontinuierlichen, definierten Druck lassen sich Schmerzen, und Schweregefühl reduzieren, insbesondere in Kombination mit Bewegung in Kompression.

Kompressionsprodukte: Initial kommen medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS), Kompressionsverbände (KV) oder adaptive Systeme (MAK) sowie intermittierende pneumatische Kompression (IPK) zum Einsatz. Langfristig werden MKS bevorzugt.

Strickart der MKS: Flachgestrickte Ware (mit Naht) weist höhere Stiffness und Biegesteifigkeit auf und überbrückt tiefere Gewebefalten besser, weshalb sie bei stark variierten Umfangsprofilen und ausgeprägtem Lipödem oder Adipositas empfohlen wird. Rundgestrickte Strümpfe (nahtlos) eignen sich bei geringeren Umfangsschwankungen.

Kompressionsdruck: Die Auswahl der Kompressionsklasse (KKL I–IV) richtet sich nach Lokalisation, Befund und Schwere der Beschwerden. Entscheidend ist nicht nur der Ruhedruck, sondern auch der Arbeitsdruck, der über Materialeigenschaften (Stiffness) gesteuert wird. Grundsatz: immer die niedrigste KKL wählen, die zu einer ausreichenden Symptomlinderung führt.

Eine sachgerechte Anwendung mit Abpolsterung druckgefährdeter Areale und regelmäßiger Hautpflege vermeidet Einschnürungen, Nervenirritationen oder Hautschäden.

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2. Physiotherapie und Sport

Bei anhaltendem Schmerz kann manuelle Lymphdrainage ergänzend zur Kompression eingesetzt werden, wobei sie v. a. eine Rolle bei der Modulation von Schmerzfasern spielt. Bewegung in Kompression oder ein individuelles Trainingsprogramm (aerobes Training, moderates Krafttraining, Dehnübungen) gehört ebenfalls zum Standard und trägt zur Symptomreduktion bei. Vibrationsplatten können zusätzlich die Druckschmerzschwelle erhöhen.

3. Medikamentöse Therapie

Medikamente spielen beim Lipödem eine untergeordnete Rolle. Diuretika sollten nicht routinemäßig eingesetzt werden. Schmerzmittel können in der Anfangsphase oder bei akuter Verschlechterung Verwendung finden – meist jedoch ohne großen Effekt.

4. Ernährung und Gewichtsmanagement

Ernährung und Gewichtsmanagement sollen dazu beitragen, Mobilität und Funktionalität zu erhalten oder wiederzuerlangen, Beschwerden zu vermindern und ein Fortschreiten des Lipödems zu verhindern. Dabei ist die Behandlung von Übergewicht Teil des Gesamtkonzepts: Basis einer Gewichtsreduktion ist immer die Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und gegebenenfalls verhaltenstherapeutischen Maßnahmen. Kurzfristige Diäten sollten vermieden werden. Wichtiger ist eine langfristige Umstellung der Essgewohnheiten auf eine individuell passende, gesunde Ernährungsweise. Eine ausreichende Proteinzufuhr hilft den Verlust von Muskelmasse zu verhindern. Ernährungsgewohnheiten beeinflussen den Blutzucker- und Insulinspiegel und damit Lipogenese und Entzündungsprozesse. Deshalb empfiehlt sich eine Ernährungsform, die Blutzucker- und Insulinspitzen vermeidet. Feste Pausen zwischen den Mahlzeiten unterstützen diesen Effekt zusätzlich. 

Für das Lipödem können spezielle Diätformen empfohlen werden: Eine (bei Bedarf kalorienreduzierte) mediterrane Ernährung kann wegen ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften eingesetzt werden, ebenso eine ketogene Diät, die nachweislich neben Gewichtsreduktion auch antiinflammatorische und symptomlindernde Effekte haben kann. Ergänzend kann eine spiegeladaptierte Supplementierung mit Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA) sinnvoll sein, um die antientzündlichen Wirkungen zu unterstützen.

5. Patientenschulungen und psychosoziale Therapie

Umfassende Patientenschulung und begleitende psychosoziale Therapien sind wichtig, um das Schmerzempfinden zu verstehen und die Lebensqualität bei Lipödem zu verbessern. Betroffene erhalten zu Beginn eine verständliche Einführung in die Grundlagen, Ursachen und Behandlungsoptionen des Lipödems. So können sie realistische Erwartungen entwickeln und ihre Selbstwirksamkeit stärken.

Für betroffene Frauen können die Ansätze von Pain Neuroscience Education, Kognitive Verhaltenstherapie, Acceptance and Commitment Therapy oder EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) hilfreich sein.  Wesentlich ist zudem die partizipative Entscheidungsfindung, bei der Patientinnen aktiv in Therapieentscheidungen einbezogen werden, um ihre Selbststeuerung zu unterstützen und die Therapieadhärenz zu erhöhen. Vor operativen Eingriffen sollte ein Screening auf schwere psychische Störungen wie Depressionen oder Essstörungen sowie deren Behandlung erfolgen.

Operative Therapie (Liposuktion)

Wenn konservative Maßnahmen über mindestens sechs Monate ausgeschöpft sind und weiterhin schmerzhafte oder mobilitätseinschränkende Beschwerden bestehen, kann eine lymphgefäßschonende Liposuktion an Beinen und/oder Armen erfolgen. Zu den Indikationskriterien zählen 

  • dokumentierte therapierefraktäre Schmerzen,
  • orthopädische oder dermatologische Folgeprobleme sowie
  • das Vorliegen eines stabilisierten Gewichts. 

Bei einem sehr hohen Waist-to-Height-Ratio (über 0,55) oder einem BMI über 40 kg/m² wird die Entscheidung für eine Operation besonders kritisch hinterfragt. Ebenso wird bei Jugendlichen unter 18 Jahren eine Operation im Regelfall sehr zurückhaltend geprüft. Laut aktuellen Leitlinie soll „Eine Indikationsstellung zur Liposuktion… sich nicht mehr an der herkömmlichen Stadieneinteilung orientieren, da es keine Korrelation zwischen der Schwere der Symptomatik und Stadieneinteilung gibt.“ 

Die Technik erfolgt vorzugsweise in Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA) mit PAL- oder WAL-Systemen, meist über 1–4 Sitzungen pro Gebiet, und einer Einwirkzeit von 60–120 Minuten. Unmittelbar postoperativ schließt sich eine komplexe physikalische Entstauungstherapie an, und langfristig bleibt eine konservative Nachbehandlung hinsichtlich Mobilität, Gewichtsstabilität und Stressmanagement wichtig.

Wert Berechnung 
Body-Mass-Index  

BMI = Körpergewicht (kg)

            Körpergröße (m)

Waist-to-Height-Ratio  (WHtR)

WHtR  = Taillenumfang (cm)

                Körpergröße (cm)

Für die Erstdokumentation und Verlaufskontrolle eines Lipödems empfiehlt die Leitlinie mindestens Körpergewicht, Körpergröße sowie Taillen- und Hüftumfang zu erheben. Ergänzend sollten abhängig von den betroffenen Extremitäten Umfangsmessungen an proximalem und mittlerem Oberschenkel sowie an proximaler und distaler Wade vorgenommen werden. Aus den erhobenen Werten lassen sich Indizes wie der Waist-to-Height-Ratio berechnen, die das Ausmaß der disproportionalen Fettverteilung beschreiben. Der BMI allein ist bei Lipödem-Patientinnen nicht aussagekräftig, da er die disproportionale Verteilung des Fettgewebes nicht abbildet.

Liposuktion, Fettabsaugung am Oberarm, Vorher-Nachher-Bild
Fettabsaugung am Oberarm: Zustand vor OP (Liposuktion)
Liposuktion, Fettabsaugung am Oberarm, Vorher-Nachher-Bild
Liposuktion am Oberarm: Zustand nach Fettabsaugung

Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA)

Die Tumeszenz-Lokalanästhesie, auch als "wet technique" bezeichnet, ist das älteste zur Behandlung des Lipödems eingesetzte Liposuktionsverfahren. Sie kann sowohl unter örtlicher Betäubung als auch unter Vollnarkose durchgeführt werden. Bei der TLA wird mit Hilfe einer stumpfen Kanüle eine größere Menge einer speziellen Flüssigkeit in das Gewebe injiziert. Inhalt der Lösung sind unter anderem ein lokales Betäubungsmittel, Adrenalin und Kochsalz. Beim Absaugen wird die Flüssigkeit zusammen mit dem Fett aus dem Gewebe ausgeleitet.

Wasserstrahl-assistierte Liposuktion (WAL)

Die moderne Wasserstrahl-assistierte Liposuktion löst zunehmend die Tumeszenz-Lokalanästhesie ab. Bei der WAL wird Fettgewebe durch einen fächerförmigen, feinen Wasserstrahl mit geringerem Kraftaufwand aus den betroffenen Körperregionen herausgelöst und gleichzeitig abgesaugt. Zur Schmerzausschaltung ist eine Vollnarkose notwendig. Die Wasserstrahl-assistierte Liposuktion gilt als besonders gewebeschonend, sodass eine schnelle Rückkehr in den Alltag möglich ist.

Vibrations-assistierte Liposuktion (Power-Assisted Liposuction, PAL)

Die vibrations-assistierte Liposuktion (Power-Assisted Liposuction, PAL) arbeitet mit oszillierenden Mikrokanülen. Die Mikrokanülen lösen durch Vibration das Fettgewebe mechanisch und ermöglichen so eine besonders schonende Aspiration. Die PAL wird im Rahmen einer gewebe- und lymphgefäßschonenden Tumeszenz-Technik durchgeführt.

Werden die Kosten einer Liposuktion von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet?

Bis Ende Dezember 2025 werden in schweren Fällen des Lipödems (Stadium III) die Kosten für die ambulante oder stationäre Liposuktion von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Dabei gilt grundsätzlich, dass eine Fettabsaugung des Lipödems im Stadium III erst dann durchgeführt werden kann, wenn zuvor eine konservative Therapie nicht zur Linderung der Beschwerden geführt hat. Die konservative Therapie muss mindestens sechs Monate lang durchgeführt worden sein und zum Beispiel Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie umfassen. Für die leichteren Stadien I und II gilt die Liposuktion derzeit nicht als Kassenleistung.

Eine Patientenvertretung hat beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) angeregt, die Liposuktion beim Lipödem genauer zu prüfen. Da bisher zu wenige Studien zu dieser Themenlage existierten, pausierte der G-BA die Entscheidung und startete stattdessen selbst die LIPLEG-Studie. Die LIPLEG-Studie vergleicht die Wirksamkeit einer Liposuktion im Vergleich zu reiner konservativer Behandlung (Kompression, Lymphdrainage, Bewegung) bei Lipödem in den Stadien I bis III. 

Anhand der Studienergebnisse hat der G-BA am 17.07.2025 die entsprechenden Beschlüsse gefasst, dass eine Liposuktion unter bestimmten Bedingungen auch unabhängig vom Stadium als Kassenleistung erfolgen kann. Die Beschlüsse werden nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Ebenfalls müssen die entsprechenden EBM-Ziffern (Abrechnungsziffern im Einheitlichen Bewertungsmaßstab) festgelegt werden. Der G-BA geht davon aus, dass diese Ziffern bis zum 01.01.2026 feststehen werden. 

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Symptome beim Lipödem

Druck- und Berührungsschmerz, Spontanschmerz und Schweregefühl in den Extremitäten sind die häufigsten Symptome bei einem Lipödem.

Betroffene Frauen berichten vor allem über Schmerzen im Unterhautfettgewebe der Arme und Beine. Dazu zählen Berührungs- und Druckschmerz, Spannungs- und Schweregefühl sowie Spontanschmerz. Die Stärke der Beschwerden variiert stark von Frau zu Frau. Viele beschreiben zudem, dass ihre Extremitäten im Laufe des Tages anschwellen – dieses Gefühl ließ sich in Studien allerdings nicht objektiv messen und wird deshalb eher als Teil des Schmerzerlebens verstanden.

Bei sehr ausgeprägtem Lipödem können durch das zusätzliche Fettvolumen Achsenfehlstellung der Kniegelenke (z. B. X-Bein-Stellung) und Hautprobleme wie Intertrigo hinzukommen.

Neben den rein körperlichen Symptomen müssen auch begleitende Faktoren beachtet werden: Gewichtszunahme bis hin zur Adipositas, psychische Belastungen und ein geringes Körper- und Selbstwertgefühl. Eine Neigung zu blauen Flecken wird häufig geschildert, konnte aber in kontrollierten Untersuchungen nicht als zuverlässiges Merkmal bestätigt werden. 

Häufig kommen Mischbilder mit anderen Erkrankungen vor (z.B. Lipödem und Adipositas, Lipödem und Lymphödem), deren differentialdiagnostische Abgrenzung mitunter schwierig sein kann. Mischformen mit Begleiterkrankungen – etwa Lipödem kombiniert mit Adipositas oder Lymphödem – treten häufig auf und lassen sich diagnostisch mitunter nur schwer eindeutig voneinander abgrenzen.

Diagnostik des Lipödems

Die Diagnose eines Lipödems erfolgt allein auf Basis der klinischen Untersuchung und Anamnese, da es keine beweisenden apparativen oder laborchemischen Verfahren gibt. 

Die Diagnose des Lipödems erfolgt in der Regel durch einen Facharzt (z. B. Dermatologen oder Gefäßchirurgen) anhand der Symptome und des klinischen Erscheinungsbilds. Entscheidend sind folgende Merkmale:

  • Schmerzhafte, disproportionale Fettvermehrung: An Armen und/oder Beinen findet sich eine symmetrische Fettansammlung, die im Vergleich zum Rumpf übermäßig ausgeprägt ist. Typische Beschwerden sind Druck- und Berührungsschmerz, Spontanschmerz und ein Schweregefühl
  • Ausschluss von Ödemen: Anders als beim Lymphödem fehlen beim Lipödem die typischen, eindrückbaren Ödeme. Dies hilft, das Lipödem vom Lymphödem zu unterscheiden
  • Symmetrie und Verteilung: Die Veränderungen betreffen beide Seiten gleich stark und beschränken sich auf Arme und Beine. Hände, Füße, Rumpf, Hals und Kopf sind ausgespart.
  • Differenzialdiagnostik: Zur Abgrenzung von anderen Krankheitsbildern (z. B. Venenerkrankungen, Herz- oder Niereninsuffizienz, Schilddrüsenstörungen) können Ultraschall, MRT/CT und laborchemische Tests eingesetzt werden. Diese Methoden dienen aber nur zum Ausschluss anderer Ursachen und nicht zum sicheren Nachweis eines Lipödems.
 LipödemLipohypertrophieAdipositasLymphödem
Fettvermehrung+++++++++(+)
Disproportion der Extremitäten zum Stamm++++++(+)+
Ödemøø(+)+++
Druckschmerz+++øøø
Symmetrie+++ø

<figcaption>Tabelle 1: Differentialdiagnose der Fettgewebserkrankungen</figcaption>

Stadieneinteilung

Die in der Literatur bisher gebräuchliche Stadieneinteilung I-III orientiert sich alleinig an morphologischen Ausprägung des Krankheitsbildes (Abbildung 1). Allerdings kann sie laut aktueller S2K Leitlinie nicht als Maß für die Schwere der Krankheit verwendet werden. Eine Stadieneinteilung für die Beschwerden existiert bisher nicht.

Stadieneinteilung Lipödem, nach veralteter S2K Leitlinie

Stadium 1: Die Fettgewebsvermehrung ist gleichmäßig verteilt. Kleinknotige Fettgewebsvermehrungen verdicken das Unterhautfettgewebe, wobeio die Hautoberfläche dennoch glatt bleibt.

Stadium 2: Die Knotenbildung im Fettgewebe gewinnt an Größe. Dadurch entsteht eine unebene Hautoberfläche, die auch als Orangenhaut oder Cellulitis bezeichnet wird.

Stadium 3: Die Fettgewebsvermehrung ist in einem besonderen Maß ausgeprägt. Fettlappen und Fettwülste haben sich an den Hüften, Oberschenkeln und Knieinnenseiten oberhalb und unterhalb der Kniegelenke gebildet. Die Bewegungsfreiheit der Betroffenen ist eingeschränkt.

In der aktuellen S2K Leitlinie „Lipödem“ findet die bisherige morphologische Stadieneinteilung I-III keine gesonderte Erwähnung mehr.

Entstehungs- und Risikofaktoren für das Lipödem

Das Lipödem ist eine multifaktorielle Erkrankung, die nahezu ausschließlich Frauen betrifft und häufig in Phasen hormoneller Umstellungen wie Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause auftritt. Eine familiäre Häufung spricht für eine genetische Veranlagung. Hormonelle Einflüsse, insbesondere ein relatives Übergewicht an Östrogenen sowie Veränderungen der Insulinsensitivität im Fettgewebe, tragen zusätzlich zur Fettansammlung bei. Adipositas wirkt eher als Verstärker der Symptome und kann das Fortschreiten begünstigen, gilt aber nicht als ursächlicher Faktor des Lipödems. Gleichzeitig besteht keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz, dass ein Lipödem mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Übergewicht assoziiert ist.

Krankheitsverlauf

Ein Lipödem schreitet nicht zwangsläufig voran, sondern verschlimmert sich meist nur bei zusätzlicher Gewichtszunahme oder bestimmten Auslösern wie hormonellen Veränderungen.

Entgegen früheren Annahmen verläuft ein Lipödem nicht grundsätzlich fortschreitend. Eine Zunahme des Unterhautfettgewebes und eine Verschlechterung der Beschwerden treten vor allem dann auf, wenn gleichzeitig das Körpergewicht steigt. Neben Gewichtszunahme können hormonelle Faktoren (zum Beispiel in der Menopause) oder andere individuelle Auslöser ebenfalls zu einer Progredienz führen.

Die Entstehung des Lipödems beruht auf einer Kombination aus genetischer Veranlagung, hormonellen Umstellungen und weiteren Einflüssen, die zu einer übermäßigen Fettansammlung in Armen und Beinen führen.

Video: Lipödem richtig erkennen und behandeln

Video: Lipödem diagnostizieren und behandeln

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Literatur

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.