Pfählungsverletzungen

Pfählungsverletzungen

Pfählungswunden entstehen durch das Eindringen eines pfahlförmigen, spitzen oder stumpfen Gegenstandes in eine Körperöffnung.

Unter dem Begriff Pfählungsverletzungen werden penetrierende Verletzungen durch Gegenstände in Körperöffnungen, meist in der Genital-, Damm- und Perianalregion, zusammengefasst.

Was sind Pfählungsverletzungen?

In Abhängigkeit von den Entstehungsmechanismen unterscheidet man zwischen „passiven“ und „aktiven“ Pfählungen.

Die passive Form ist die Aufspießung eines bewegenden Körpers auf einen ruhenden Pfahl. Die aktive Form umfasst das Eindringen eines beweglichen Pfahls in den ruhenden Körper. Da die Verletzungskonsequenzen ähnlich sind, spielen die Bewegungsmomente nur eine untergeordnete Rolle. Aufschlussreicher ist die Differenzierung zwischen "penetrierenden" und "perforierenden" Pfählungen. Bei penetrierenden Verletzungen dringt ein Pfahl in die subkutanen bindegewebsartigen und muskulären Strukturen ein. Perforierenden Spießungen findet man in Körperhöhlen und Hohlorganen, oftmals unter Mitverletzung großer Gefäße.

Die Ursachen für Pfählungsverletzungen sind vielfältig. In Kriegsregionen sind meist Hochgeschwindigkeitsgeschosse für Pfählungen verantwortlich. Vielfach sind sie jedoch die Konsequenz von Unfällen im Straßenverkehr, auf der Arbeit oder im häuslichen Umfeld. Iatrogene Pfählungsverletzungen entstehen im Rahmen diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen (z. B. während der Endoskopie oder bei geburtshilflichen Maßnahmen). Kinder sind durch eine unwissentliche Unvorsichtigkeit und Übermut etwas häufiger betroffen als Erwachsene. So erleiden Kinder perianale Verletzungen durch Unfälle beim Balancieren auf Zäunen oder Verletzungen der Gaumenschleimhaut beim Hantieren mit langen Gegenständen wie Malstiften. Bei Erwachsenen handelt es sich bei perinealen oder rektalen Pfählungsverletzungen nicht selten um erotisch motivierte Traumata.

Ja nach Art des eindringenden Gegenstandes, Eintrittspforte und Ausbreitungsrichtung können unterschiedliche Schädigungen und Begleitverletzungen auftreten. Potenziell sind Strukturen im kleinen Becken (Vagina, Blase, Urethra, Gefäße), abdominelle Organe, knöcherne Strukturen, der Thorax oder der Hals-Kopf-Bereich gefährdet.

Pfählungsverletzung der Hand druch einen Nagel
Pfählungswunde an der Hand durch einen Nagel
Pfählungswunde am Unterarm durch einen Ast
Pfählungswunde am Unterarm durch einen Ast

Pfählungsverletzungen treten mit einer geschätzten Häufigkeit von etwa 1% bei polytraumatisierten Patienten eher selten auf.

Welche besonderen Probleme treten bei Pfählungswunden auf?

Akute Komplikationen von Pfählungen sind septische Prozesse wie Abszesse, Wundinfekte und Nahtinsuffizienzen.

Langfristig können Pfählungsverletzungen mit einem hohen Invaliditätspotenzial und einem deutlichen Verlust an Lebensqualität z. B. durch Inkontinenz, Impotenz oder Vorhandensein eines dauerhaften Stomas einhergehen.

Pfählungsverletzungen können komplexe Schäden wie Inkontinenz oder Impotenz hervorrufen, und somit die Lebensqualität der Betroffenen dauerhaft beeinträchtigen.

Wie werden Pfählungswunden behandelt?

Das klinische Bild von Pfählungswunden ist wegen der verschiedenen Verletzungsmuster äußerst vielfältig, sodass die therapeutischen Maßnahmen von einer großzügigen Wundexzision bis hin zur Rektumexstirpation reichen.

Bei der Versorgung von perianalen Pfählungsverletzungen spielt das Ausmaß der Sphinkter- und/ oder Rektumverletzung eine wesentliche Rolle. Kleine äußere Wunden täuschen oftmals über das wahre Größe der Verletzung hinweg, weshalb bei Pfählungswunden keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden dürfen. Eine adäquate Therapie beinhaltet üblicherweise eine operative Wundrevision in Narkose mit Proktorektoskopie oder flexiblen Sigmoideoskopie.

Der pfählende Gegenstand sollte bis zur operativen Versorgung vor Ort belassen werden. Besonders wichtig ist die folgende radikale Entfernung aller zerstörter und nichtdurchbluteter Gewebe. Eine Rektumwandperforation kann bei einfachen Einrissen mit einer primären Naht geschlossen werden. Bei größere Substanzdefekten kann die Anlage eines Vakuumschwammes hilfreich sein. Der zugeschnittene Schwamm wird in der Wundhöhle im Rektum platziert und über einen Schlauch ausgeleitet. Sind die Rektumszerreißungen sehr ausgedehnt oder liegt sogar ein Ausriss des Rektums vor, ist eine Rekonstruktion induziert. Zusätzliche Maßnahmen wie pararektale Drainage, Stoma mit Spülung des abführenden Schenkels oder eine Antibiotikatherapie werden bei Bedarf ebenfalls in Betracht gezogen. Sphinkterverletzungen mit Kontinenzbeeinträchtigungen müssen unverzüglich versorgt werden, da durch Verzögerungen Retraktionen der Sphinkteranteile auftreten können. Durch Narbenbildung und Degeneration reduzieren sich die späteren Aussichten auf eine vollständige Wiederherstellung der Kontinenz. Als OP-Verfahren wird die überlappende Naht bevorzugt, da sie die größten Erfolge bringt.

Wie kann einer Pfählungsverletzung vorgebeugt werden?

Pfählungsverletzungen passieren meist unmittelbar durch Unfälle.

Mehr Vorsicht kann also helfen, sie zu verhindern. Insbesondere können die Kompetenzen von Erzieherinnen und Erziehern sowie Eltern oder Sorgeberechtigten zur Vermeidung von Unfällen bei Kindern gestärkt werden. So kann beispielsweise der Umgang mit Mal- und Klebstiften, Bastelscheren usw. zeitig unter Anleitung geübt werden. 

Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.