Gesundheitskompetenz: Vielen Ärzten fällt es nicht leicht, sie zu vermitteln

Gesundheitskompetenz: Vielen Ärzten fällt es nicht leicht, sie zu vermitteln

Eine Pilotstudie zur Gesundheitskompetenz zeichnet kein gutes Bild des medizinischen Fachpersonals. Vielen fällt es schwer, mit Patienten und Patientinnen zu kommunizieren. Auch beim Umgang mit digitalen Medien gibt es Defizite.

Fachleute sind sich einig: Für die Gesellschaft ist es von großer Bedeutung, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken. Eine große Rolle spielen dabei die Ärzteschaft sowie Pflegefachkräfte, da sie die wichtigsten Anlaufstellen bei gesundheitlichen Problemen darstellen und die Patienten und Patientinnen auch mit Informationen über präventive Maßnahmen versorgen können. Das setzt allerdings voraus, dass sie ihr gesundheitsbezogenes Fachwissen so vermitteln können, dass Laien sie verstehen – und sich motiviert fühlen, Ratschläge und Therapiemaßnahmen umzusetzen.

Wie gut Ärzteschaft und Pflegekräfte in dieser Hinsicht aufgestellt sind, haben Forschende der Berliner Hertie School of Governance und der Universität Bielefeld gemeinsam in der Pilotstudie „Professionelle Gesundheitskompetenz von ausgewählten Gesundheitsberufen“ untersucht. Insgesamt haben sie dafür mehr als 300 Ärzte und Ärztinnen sowie 600 Pflegefachkräfte befragt und in verschiedenen Bereichen um eine Selbsteinschätzung gebeten. Die Ergebnisse zeigen, dass es großen Nachholbedarf gibt.
 

Probleme mit der Patienten-Kommunikation

Das beginnt beim Thema Ausbildung: Mehr als ein Drittel der Ärzte und Ärztinnen gaben an, dass ihre Ausbildung sie nicht ausreichend darauf vorbereitet habe, mit Patienten und Patientinnen zu kommunizieren und Wissen zu vermitteln. Hinzu kommt, dass viele sich in bestimmten Punkten selbst unsicher fühlen. Beispielsweise gab fast jeder Vierte zu, dass es ihm schwerfalle, statistische Aussagen richtig zu bewerten, bei den Pflegefachkräften sahen das nur 17,2 Prozent als problematisch an. Mehr als 18 Prozent der Ärzte und Ärztinnen empfinden es zudem als Herausforderung, die Vertrauenswürdigkeit von Fachinformationen richtig zu beurteilen.

Sicher fühlen sich die Hausärzte und -ärztinnen dagegen bei der patientenzentrierten Kommunikation – obwohl knapp zehn Prozent eingestanden, dass sie den Betroffenen vermutlich nicht genug Raum für Fragen geben. Beide Berufsgruppen sehen es als besonders herausfordernd an, mit falsch informierten oder überdurchschnittlich gut informierten Patienten und Patientinnen umzugehen.

Interessant ist dabei auch, dass viele Tools, die diese Kommunikation erleichtern sollen, nur wenigen bekannt waren. Beispielsweise die Methode „Ask me 3“ kannten 57 Prozent der Ärzte und Ärztinnen sowie mehr als die Hälfte der Pflegefachkräfte gar nicht.
 

Digitalisierung als Herausforderung

Die Digitalisierung, die in dieser Hinsicht viele Möglichkeit bietet, scheint dabei aktuell noch keine große Hilfe zu sein. Weit mehr als ein Drittel der Befragten beider Berufsgruppen hat Schwierigkeiten damit, digitale Gesundheitsinformationen einzuschätzen. Demzufolge können sie Patienten und Patientinnen dabei auch kaum unterstützen. Je älter die Ärzte und Ärztinnen sowie die Pflegefachkräfte sind, desto größer ist in dieser Hinsicht ihr Defizit. Im Hinblick auf die zunehmende Zahl digitaler Anwendungen, wie dem eRezept und der elektronischen Patientenakte (ePA), offenbart die Studie großen Nachholbedarf.

Gesundheitskompetenz: Vielen Ärzten fällt es nicht leicht, sie zu vermitteln
Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.