Gesundheitskompetenz in Baden-Württemberg ist gering

Gesundheitskompetenz in Baden-Württemberg ist gering

Eine repräsentative Studie legt massive Bildungs- und Informationslücken offen. Beschäftigte im Gesundheitswesen sind gefragt. Denn vermutlich sehen die Zahlen in anderen Bundesländern ähnlich aus.

Eine Untersuchung von Mitarbeitenden am Bosch Health Campus zeichnet erstmals ein umfassendes Bild zur Gesundheitskompetenz der erwachsenen Bevölkerung in Baden-Württemberg und offenbart deutliche Schwächen. Über die Hälfte der 521 befragten Frauen und Männer ab 18 Jahren fällt es demnach schwer, medizinische Informationen gezielt zu suchen, zu begreifen, einzuschätzen und anzuwenden. Besonders betroffen sind ältere Erwachsene, chronisch Kranke sowie Personen mit niedrigem Bildungs- und Sozialstatus. In diesen Gruppen liegt der Anteil der Menschen mit unzureichender Gesundheitskompetenz bei mehr als drei Viertel. 

Schwierigkeiten beim Bewerten 

Die Befragten stoßen vor allem bei der Bewertung von Informationen auf massive Probleme. Eine große Mehrheit fühlt sich überfordert, etwa wenn sie entscheiden muss, ob eine Behandlung sinnvoll ist oder nicht. Auch beim Verstehen und Anwenden besteht in vielen Fällen erheblicher Unterstützungsbedarf. Das gilt auch für digitale Inhalte: Mehr als 60 Prozent der Teilnehmenden finden sich online nicht zurecht und können nicht beurteilen, wie vertrauenswürdig die jeweiligen Quellen sind. 

Hinzu kommt eine besonders schwache Kompetenz, was das Navigieren durch das Gesundheitssystem betrifft. Das bedeutet: Viele Erwachsene wissen nicht, wie das Gesundheitswesen im Detail funktioniert, wo sie verlässliche Hilfe finden oder welche Rechte ihnen zustehen. Die Forschenden führen dies unter anderem darauf zurück, dass das Gesundheitssystem komplex und undurchsichtig sei. 

Folgen für die Gesundheit 

Die Studie zeigt außerdem, dass mangelnde Gesundheitskompetenz messbar negative Folgen für das eigene Verhalten und die Versorgung hat. Denn wer Gesundheitsinformationen schlecht nutzen kann, lebt oft ungesünder, bewegt sich seltener, ernährt sich weniger ausgewogen und muss medizinische Angebote öfter in Anspruch nehmen – darunter auch Hausarzt- und Notfallbesuche. 

Tipps für Beschäftigte im Gesundheitswesen 

Für Sie als Pflegekräfte oder MFA oder PTA oder PKA sind viele gesundheitsbezogene Informationen selbstverständlich. Zudem kennen Sie die Grundlagen des Gesundheitssystems sowie die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure. Sie stellen daher ein wichtiges Bindeglied zu Patienten und Patientinnen dar. Versuchen Sie stets, sich für die individuellen Bedürfnisse Zeit zu nehmen, insofern es der Arbeitsalltag erlaubt. Zudem sollten Sie Telefonnummern für wichtige Anliegen parat haben, etwa von Beratungsstellen, Pflegestützpunkten, der Deutschen Rentenversicherung oder den größten Krankenkassen. Diese geben Sie an Betroffene weiter und nehmen ihnen damit bereits eine wichtige Hürde, nämlich die Suche nach geeigneten Ansprechpartnern. 

Gesundheitskompetenz in Baden-Württemberg ist gering
Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.