Epidermolysis bullosa – die Schmetterlingskrankheit

Epidermolysis bullosa – die Schmetterlingskrankheit

Epidermolysis bullosa (EB) ist eine Erbkrankheit – rund 4.500 bis 5.000 Fälle sind in Deutschland bekannt.

Da es sich um eine seltene Erkrankung handelt, ist nur eines von 20.000 Kindern von Geburt an von Epidermolysis bullosa betroffen. (Quelle: Ärzteblatt vom 6. November 2017)

Die Symptome

Epidermolysis bullosa ist auch als „Schmetterlingskrankheit“ bekannt.

Der Name ist bezeichnend, denn die Haut der Betroffenen ist sehr empfindlich. So empfindlich wie Schmetterlingsflügel. Eine Übersetzung des Fachbegriffs Epidermolysis bullosa gibt noch klarere Auskunft über die Anzeichen der Krankheit: Wörtlich bedeutet er „blasenförmige Ablösung der Haut“. Blasen wie auch offene Wunden werden durch Reibung und Druck, aber auch bereits durch leichte Stöße hervorgerufen. Bei Betroffenen zeigen sich die Symptome in der Regel von Geburt an. Die Ausprägung kann hierbei stark unterschiedlich sein.

Epidermolysis bullosa weist mehrere Subtypen auf – EBS, EBJ, EBD, KS. Hierbei handelt es sich um verschiedene Erkrankungsformen. Sie unterscheiden sich je nach betroffener Hautschicht. Die Patienten erleben – je nach Subtyp – einen milden, mittelschweren oder schweren Krankheitsverlauf. Der Grad, wie sehr sie durch ihre Symptome beeinträchtigt sind, variiert daher stark.

  • Epidermolysis bullosa simplex (EBS): Bezeichnung für die Form der Erkrankung, bei der die Blasenbildung innerhalt der Epidermis (Oberhaut) stattfindet. Die Blasen entstehen oberflächlich und heilen ohne Narben aus.
  • Epidermolysis bullosa junktionalis (EBJ): Bei dieser EB-Form findet die Blasenbildung zwischen Epidermis und Dermis statt. Neben der Blasenbildung haben die Betroffenen mit zusätzlichen Problemen zu tun, wie z.B. Blasenbildung an den Schleimhäuten, oberflächliche Narbenbildung und Haarverlust.
  • Epidermolysis bullosa dystrophica (EBD): Bei dieser Form der Erkrankung entstehen die Blasen innerhalb der Dermis (Lederhaut) und heilen daher mit Narbenbildung ab. Die Betroffenen weisen zusätzliche Symptome auf, wie Blasenbildung an den Schleimhäuten, Verengung der Speiseröhre und Verwachsungen an den Händen und Füßen.
  • Kindler Syndrom (KS): Steht als eine selbständige Erkrankung neben den anderen EB-Formen. Bei dieser Form entstehen die Blasen in unterschiedlichen Hautschichten. Die Blasenbildung wird von Pigmentveränderungen und Lichtempfindlichkeit begleitet.
Hand mit Epidermolysis bullosa
Bei einem leichten Verlauf kommt es an einzelnen Körperstellen zu Blasenbildung. Diese Blasen heilen allerdings schnell wieder ab. Wenn die Krankheit schwer verläuft, können sogar Schleimhäute und innere Organe betroffen sein. Vor allem treten aber am ganzen Körper vermehrt Blasen oder auch offene Wunden auf, die nur schwer heilen.

Bei EB handelt es sich um eine unheilbare Hauterkrankung, die durch einen Gendefekt verursacht wird. Sie beeinflusst sowohl das Leben von Betroffenen als auch ihrer Angehörigen in starkem Ausmaß.

Was sind die Ursachen?

Epidermolysis bullosa wird durch die Veränderungen in einzelnen Genen verursacht.

Welche Ausprägungen die Erkrankung hat, hängt von zwei Dingen ab: vom Gen, das betroffen ist und von der Position der Mutation. Es gibt bestimmte Proteine, die Epidermis und Dermis ineinander verankern. Sie verändern sich, wenn sich auch die Gene verändern – oder sie werden überhaupt nicht gebildet. Die Folge dieser Veränderungen sind Blasen, die bei mechanischer Belastung entstehen. Die Vererbung von EB erfolgt autosomal-dominant und autosomal-rezessiv. Autosomal bedeutet, das Mädchen und Jungen das gleiche Erkrankungsrisiko haben, da die veränderten Gene bei EB nicht auf den geschlechtsbestimmenden Chromosomen liegen.

Video-Interview zum Thema Epidermolysis bullosa

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Die Behandlung

Momentan lassen sich nur die Symptome von Epidermolysis bullosa behandeln, da die Krankheit noch nicht heilbar ist.

Bei der Schmetterlingskrankheit bilden die Wundversorgung und die Schmerztherapie die Schwerpunkte der medizinischen Versorgung. Sollte der kontinuierliche Wundheilungsprozess zu körperlichen Veränderungen oder einer Begleiterkrankung führen, können weitere Therapien notwendig sein.

Es hängt von dem Subtyp – also von der Erkrankungsform – ab, ob darüber hinaus weitere Behandlungen von EB oder Therapien erforderlich sind.

Ergotherapie und Physiotherapie

Behandlung von Tumoren

Künstliche Ernährung

Logopädie

Wundversorgung

Für Menschen, die von EB betroffen sind, gehört die Wundversorgung zum Alltag.

Betroffene müssen daher lernen, mit ihren Blasen und Wunden umzugehen. Wie intensiv und umfangreich die Wunderversorgung ausfällt, kann sich täglich ändern. Erschwert wird die Behandlung von EB-Wunden durch Bluten, trockene Wunden, Blasenbildung oder verklebte Verbände.
 

Wie entstehen Blasen?

Durch Druck und Reibung auf der Haut entstehen Blasen. Wenn sie prall gefüllt sind, können sie Schmerzen verursachen. Die Ursache für Wunden sind offene Blasen. Je nach Erkrankungstyp können sie – zum Beispiel in ihrer Tiefe – unterschiedlich ausgeprägt sein.

Blasen müssen unbedingt steril geöffnet und die Wundflüssigkeit steril entfernt werden. Soweit wie möglich sollte das Blasendach auf der Wunde belassen werden und die offene Wunde mit entsprechenden Wundauflagen versorgt werden.

Epidermolysis bullosa, Wunde an der Schulter
Offene Wunde, die vorher eine Blase war.

Blutungen

Wenn der Verband gewechselt wird, kann es vorkommen, dass das Wundgewebe zu stark verletzt wurde. Die Wunden können dann zu bluten beginnen. Bluten sie stark, kann dies Betroffenen Angst machen. Die Erfahrung von Pflegenden: Sanft haftende Auflagen schädigen die Haut nicht zusätzlich und eignen sich daher zum Stillen der Blutungen und für die Wundversorgung. Durch Anfeuchten des Materials und Baden lassen sich Verbände leichter ablösen.

Auch Alginate wirken hämostatisch, also blutstillend. Sie sind daher ebenfalls für die Versorgung blutender Wunden geeignet. Alginate sind saure Kohlenhydrate, die in den Zellwänden der Braunalgen gebildet werden. Hilfreich ist es auch, in der Wundversorgung dunkle Tücher zu benutzen. Der Grund ist der gleiche wie auch im OP: Große Blutmengen wirken auf hellen Flächen oder Materialien bedrohlicher. Daher tragen Ärztinnen und Ärzte beim Operieren auch keine weißen Kittel.

Epidermolysis Bullosa Blutende Schnittwunde

Was, wenn Verbände verkleben?

Häufig kommt es vor, dass Auflagen nicht entfernt werden können, weil sie mit Wunden verkleben. Dies kann Angst bei Betroffenen hervorrufen und Schmerzen bereiten. Vor allem Kinder ängstigen sich, wenn ein Verband gewechselt werden muss. Denn oft haben sie bereits schmerzvolle Erfahrungen gesammelt.

Es gibt Auflagen, mit denen sich Verbände leichter ablösen lassen. Auflagen, die zum Beispiel Silikon enthalten, haften sanft. Sinnvoll können auch dünne Wundauflage mit einer „Gitterstruktur“ sein – sogenannte Wunddistanzgitter, die das Risiko von verklebten Verbänden senken. Salben oder Cremes sollten aufgetragen werden, um die Umgebungshaut zu schützen. Auf Kleber, die stark haften, sollte verzichtet werden (beispielsweise Kleber, die Polyacrylat enthalten). Der Verbandwechsel oder das Entfernen der Verbände fällt außerdem in der Badewanne leichter oder wenn die Verbände angefeuchtet werden. Auch Öl und Pflasterlöser sind hilfreich, um das Verbandmaterial abzulösen. Wenn zu erwarten ist, dass der Verbandwechsel schmerzhaft wird, sollten Betroffene rechtzeitig ein Schmerzmittel einnehmen.
 

Verkrustete und trockene Wunden

Wenn Wunden austrocknen und Krusten bilden, ist dies sehr unangenehm. Sie können Juckreiz verursachen, was wiederum dazu führt, dass Wunden wieder aufreißen, wenn sich die betroffene Person häufig kratzt. Die Wundheilung verzögert sich außerdem durch Krusten auf Wunden. Bei trockenen Wunden und Wundkrusten verwenden Sie am besten Wundauflagen, die die Wunde feucht halten und ein physiologisches Milieu schaffen – idealfeuchte Auflagen beschleunigen die Wundheilung.

Trockene EB-Wunde am Fuß

Entstehung von Geruch

Wundflüssigkeit und Blut können zu einer Begleiterscheinung führen, nämlich zu unangenehmem Geruch. Was auch für die Betroffenen belastend ist, da die Wunden somit auch von Menschen wahrgenommen werden können, die diese überhaupt nicht sehen. Kinder mit EB leiden mitunter sehr darunter und haben beispielsweise Angst davor, in der Schule ausgegrenzt zu werden. Manche Betroffene ziehen sich daher auch ganz zurück, was zu einer zusätzlichen Belastung führen kann.

Jedoch lässt sich der unangenehme Wundgeruch durch das Wechseln der Verbände reduzieren. Dies ist manchmal die einzige Möglichkeit, den Geruch zu bekämpfen – beispielsweise dann, wenn Baden und Duschen nicht möglich ist, weil es zu schmerzhaft ist. Wenn Betroffene oder Menschen im Umfeld sich durch den Geruch gestört fühlen, sollten Sie den Verband häufiger wechseln. Denn bis Wundflüssigkeit und Blut zu riechen beginnen, dauert es manchmal nur wenige Stunden. Es gibt auch spezielle Auflagen mit Aktivkohle, die eine Geruchsbildung bekämpfen.
 

Veränderung der Wunde

Eine Wunde verändert sich? Dann sollten Sie dies erstmal gut beobachten. Es gibt mehrere Anzeichen für eine Infektion der Wunde oder eine Verschlechterung des Wundzustands – beispielsweise Eiter oder eine verstärkte Bildung von Wundflüssigkeit, Geruchsbildung, Rötung, eine verzögerte Wundheilung oder ein zunehmender Schmerz. Auch Hautkrebs kann eine Ursache für eine Wundheilungsstörung sein. Wenn ein Verdacht auf Hautkrebs besteht, ist für die Diagnose der Erkrankung eine Biopsie erforderlich.

Schmerzlinderung

Durch tägliche Verbandwechsel werden Betroffene permanent mit Schmerzen konfrontiert.

Dies hat vor allem auf das Gefühlsleben der betroffenen Kinder Auswirkungen, da die Erwartung eines unangenehmen Erlebnisses Stress und Angst auslöst. Ihre Angst vor der Wundversorgung kann sich mit dem tatsächlichen Schmerz verknüpfen, was dazu führen kann, dass sich beide Gefühle kaum unterscheiden lassen. Weder für das Kind noch für Eltern und Pflegende. So kann ein wahrer Teufelskreis aus Angst und negativen Gedanken sowie Schmerzen entstehen. Schließlich kann es sogar passieren, dass das Kind den Verbandwechsel verweigert – je jünger die Kinder sind, desto schwieriger ist es für sie, ihre Gedanken und Gefühle zu verstehen und ihr Verhalten zu kontrollieren.

Doch die regelmäßig wiederkehrenden Schmerzen bedeuten für Patienten mit Epidermolysis bullosa nicht nur Leid. Sie sind auch mit regelmäßigen, akuten Schmerzen verbunden, die sich in chronische Schmerzen verwandeln können. Denn auf neurobiologischer Ebene werden beteiligte Synapsen um- und ausgebaut. Das bedeutet, dass das Gehirn den Schmerz „erlernt“ und dadurch auf die entsprechenden Reize schneller und empfindlicher reagiert.

Hilfestellung für Pflegende

Schmerz lässt sich vor allem durch positive Gefühle, positive Gedanken, positives Verhalten und eine positive Situation lindern. So können die betroffenen Kinder selbst sowie auch Eltern und Pflegende aktiv werden, um den Verbandwechsel möglichst schmerzarm zu gestalten. Eine gute Vorbereitung und geeignete Ablenkungsstrategie beugt Stress beim Verbandwechsel vor.

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Die Autorin Dr. Roxane Lorenz
Dr. Roxane Lorenz

Nach ihrem Studium der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum promovierte Dr. Lorenz zum Dr. rer. nat. Seit 2012 ist sie in der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung bei Dr. Ausbüttel tätig, seit 2018 auch als Leiterin dieser Abteilung sowie der Forschungsabteilung.