Dauerpatienten 70+: Zwischen Fürsorge und Praxis-Realität
Praxisalltag

Dauerpatienten 70+: Zwischen Fürsorge und Praxis-Realität

Ältere, chronisch erkrankte Patienten besuchen oft regelmäßig – manchmal sogar übermäßig häufig – die Arztpraxis. In diesem Blog wage ich den Versuch, eine Balance zu finden zwischen: als Medizinische Fachangestellte (MFA) im Praxisalltag einfühlsam auf die Bedürfnisse der Patientengruppe 70+ einzugehen und dabei die Kapazitäten und Abläufe in der Praxis effizient im Blick zu haben. 

Viele Menschen ab 70 Jahren leben mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Arthrose oder Herzerkrankungen. Mit steigendem Alter wird die Arztpraxis zum festen Anlaufpunkt – für Rezepte, Blutdruckkontrolle, Beratung oder einfach für das „gute Gefühl“, dass jemand nach ihnen schaut. Regelmäßige Besuche sind wichtig, doch sie können im Praxisalltag auch zur Herausforderung werden: Zeitmangel, volle Wartezimmer und das Bedürfnis, allen Patienten gerecht zu werden.

Typische Herausforderungen im Umgang mit der Patientengruppe 70+

  • Häufige Arztbesuche – auch bei scheinbar kleinen Problemen oder ohne akuten Anlass
  • Hohes Informationsbedürfnis und Wunsch nach persönlicher Zuwendung
  • Unsicherheiten etwa bei der Einnahme von Medikamenten, dem Beurteilen von Symptomen oder der Nutzung von Hilfsmitteln
  • Teils längere Gesprächs- und Betreuungszeiten (vor allem vor Wochenenden, Feiertagen und Urlaubszeiten)

Tipps & Strategien für MFAs – Versorgung mit Herz UND System

1. Klare Struktur im Praxisablauf:

  • Feste Sprechzeiten für Chroniker, z.B. spezielle Beratungs- oder Check-Up-Zeiten
  • Terminvergabe priorisieren: Dringende Anliegen, aber auch Sozialkontakte ermöglichen, ohne Kapazitäten zu blockieren

2. Information transparent und verständlich vermitteln:

  • Medikationspläne und Infomaterial griffbereit halten
  • Empfehlungen schriftlich festhalten („Spickzettel“ für Zuhause)
  • Wiederholen und gemeinsam durchgehen, wenn Unsicherheiten bestehen

3. Ressourcen gezielt einsetzen:

  • Aufgaben im Team klar verteilen (z.B. MFA A für Rezeptausgabe, MFA B für Dokumentation)
  • Dokumentation nutzen, um Wiederholungsbesuche effizient vorzubereiten („Was wurde zuletzt geklärt?“)

4. Aktiv Zuhören - aber Grenzen setzen:

  • Bedürfnisse ernst nehmen („Wir nehmen Ihr Anliegen ernst!“), die Sprechzeit aber freundlich strukturieren
  • Bei häufigen Terminanfragen ohne medizinischen Grund offen ansprechen, wie die Kapazitäten sinnvoll genutzt werden können (z.B. „Wir reservieren Ihnen gerne einen festen Termin pro Monat für alles Wichtige.“)

5. Einbindung von Angehörigen oder Pflegekräften:

  • Ansprechpartner benennen, Informationsweitergabe erleichtern
  • Unterstützende Angebote, z.B. Seniorennetzwerke oder Apothekenservice, empfehlen

6. Wertschätzung im Kleinen:

  • Begrüßung und kleine Gesten signalisieren Interesse und Nähe, auch in stressigen Phasen
  • Bekanntes Personal sorgt für Sicherheit und Vertrauen

Aus der Praxis: Best-Practice-Beispiele

  • Chroniker-Sprechstunde immer mit kurzer „Fragenrunde“ starten, um Unsicherheit zu vermeiden
  • Rezeptabholung in ruhigeren Tageszeiten ermöglichen
  • „Kümmerer-MFA“: Feste Ansprechpartnerin für ältere Stammgäste benennen
  • Bei Wartezeiten Mitgefühl zeigen, aber auch Rücksichtnahme anderen Patienten gegenüber einfordern: „Wir möchten, dass sich alle unsere Patienten gut aufgehoben fühlen – deshalb nehmen wir uns für jeden Patienten Zeit!“

In diesem Blog Beitrag habe ich zum Termin Tetris geschrieben, wobei das „Clustern“ von Patienten auch interessant für die älteren Patienten ist: https://www.draco.de/blog/6-tipps-wartezeiten-reduzieren-durch-termin-tetris/

Gerade bei unseren älteren, chronisch kranken Patienten zählt jedes freundliche Wort und jedes offene Ohr – als MFA prägen wir durch unsere Haltung und Organisation den Praxisalltag entscheidend mit. Schafft eine Atmosphäre, in der sich die Seniorinnen und Senioren sicher und wertgeschätzt fühlen, auch wenn es mal stressig wird. Guter Service und klare Abläufe schließen sich dabei nicht aus, sondern sind das Erfolgsrezept für zufriedene Patientinnen und Patienten und ein motiviertes Praxisteam!

Bleibt dabei empathisch, aber strukturiert und zeigt: Fürsorge und Effizienz liegen gleichermaßen in euren Händen.

Wie geht ihr mit Patienten um, die sehr regelmäßig eure Praxis besuchen? Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen!

Viele Grüße

Eure Steffi

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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