Forschende haben den Nocebo-Effekt untersucht: Er wirkt stärker als gedacht

Forschende haben den Nocebo-Effekt untersucht: Er wirkt stärker als gedacht

Angst und Zweifel an einer Therapie beeinflussen den Behandlungserfolg. Praktische Tipps helfen dabei, diesen sogenannten Nocebo-Effekt auszuhebeln.

Eine aktuelle Untersuchung der Universität Duisburg-Essen belegt, dass die Einstellung der Patienten und Patientinnen einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg medizinischer Therapien hat. Beschäftigte im Gesundheitswesen können diese Erkenntnisse für Gespräche mit Erkrankten nutzen. 

Die Ergebnisse der Studie 

Das Forschungsteam verglich Placebo- und Nocebo-Effekte in einem Experiment mit über 100 Personen. Die Teilnehmenden spürten einen Hitzereiz am Unterarm, während ihnen eine Scheinbehandlung mit einem angeblich schmerzlindernden oder schmerzverstärkenden Gerät angekündigt wurde. Tatsächlich blieb die Schmerzquelle immer gleich. 

Die Auswertung zeigte: Negative Erwartungen ließen den empfundenen Schmerz auf einer Skala von 1 bis 100 im Schnitt um elf Punkte ansteigen (Nocebo-Effekt), während positive Erwartungen ihn um etwa vier Punkte verringerten (Placebo-Effekt). Der Nocebo-Effekt wirkte also etwa doppelt so stark wie der Placebo-Effekt. Evolutionsbiologisch macht das Sinn, weil es wichtig ist, Gefahren früh zu erkennen. Für die medizinische Praxis heißt das: Die Angst vor Nebenwirkungen oder Zweifel an der Wirksamkeit können den Erfolg einer Behandlung erheblich beeinträchtigen. 

Tipps für Beschäftigte im Gesundheitswesen 

In Gesprächen mit Patienten und Patientinnen sollten Sie versuchen, keine unnötigen Ängste zu schüren und sich eher positiv auszudrücken. Sagen Sie nicht: „Nebenwirkungen sind selten.“ Besser: „Die meisten Menschen vertragen das Medikament sehr gut.“ Verweisen Sie nach Möglichkeit zusätzlich auf gute Erfahrungen anderer Betroffener in ähnlichen Situationen. Betonen Sie also immer die Chancen, die mit einer Therapie verbunden sind. Lenken Sie, beispielsweise bei der Behandlung einer chronischen Wunde, die Aufmerksamkeit auf Verbesserungen wie positive Teilaspekte (etwa abnehmende Geruchsbildung). 

Weisen Sie, etwa bei Rückenschmerzen oder einer Erkältung, gegebenenfalls auf Möglichkeiten zur Selbstbehandlung hin. Dann können auch erprobte Hausmittel sein. Denn hier gilt: Selbst wenn oftmals die wissenschaftliche Evidenz fehlt, können Sie zum Wohlbefinden beitragen, weil es vielen Menschen guttut, für ihre Gesundheit aktiv zu werden. Oftmals greift dann also der Placebo-Effekt. 

Mit diesen Ratschlägen stützen Sie den Placebo-Effekt und senken den Nocebo-Effekt. 

Forschende haben den Nocebo-Effekt untersucht: Er wirkt stärker als gedacht
Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.