Zugang zu Arzneimitteln

Zugang zu Arzneimitteln

Bei falscher Handhabung und Anwendung bergen Arzneimittel ein mitunter großes Gefährdungspotenzial. Daher müssen Arzneimittel, auch auf dem Transport, gemäß der Lagerungshinweise aufbewahrt werden. Die Art der Aufbewahrung muss gleichzeitig sicherstellen, dass Arzneimittel vor unbefugtem Zugriff geschützt sind.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über Regelungen zur Aufbewahrung von Arzneimitteln in der Praxis sowie zur Arzneimittelabgabe und zu beachtende Besonderheiten, z.B. bei Betäubungsmitteln.

Wie werden Arzneimittel aufbewahrt?

Von allen Arzneimitteln kann bei falscher Handhabung und Anwendung eine potenzielle Gefahr ausgehen. Daher müssen Arzneimittel nicht nur korrekt verabreicht, sondern auch sicher aufbewahrt werden. Die sichere Aufbewahrung umfasst neben dem Arzneimittel selbst, auch den Schutz von Formularen und Dokumenten, wie z.B. Rezepten, vor unbefugtem Zugriff.

Ebenfalls zur sicheren Aufbewahrung von Arzneimitteln gehört die Beachtung der Lagerungshinweise, insbesondere hinsichtlich der Lagerungstemperatur. Temperaturbereiche werden häufig unter etwas ungenauen Bezeichnungen wie z.B. „Raumtemperatur“ oder „bei Kühlschranktemperatur“ angegeben. Wie diese Temperaturbezeichnungen in konkrete Temperaturbereiche zu übersetzen sind, kann der Europäischen Pharmakopöe entnommen werden (Tabelle 1).

Tabelle 1: Temperaturbereiche gemäß Europäischer Pharmakopöe

TemperaturbezeichnungTemperaturbereich
Raumtemperatur15–25 °C
Kalt oder Kühl8–15 °C
Kühlschrank2–8 °C
TiefgekühltUnterhalb –15 °C
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Sofern es nicht anders auf der Packungsbeilage vermerkt ist, sind Arzneimittel bei Raumtemperatur aufzubewahren. Grundsätzlich müssen alle Arzneimittel verschlossen, einschließlich Umverpackung und Packungsbeilage, vor unbefugtem Zugriff geschützt in einem Medikamentenschrank gelagert werden.

Arzneimittel, die im Kühlschrank gelagert werden sollen, sollten nicht in der Kühlschranktür stehen, weil dort höhere und instabilere Temperaturen als im Innenraum herrschen. Es sollte selbstverständlich sein, dass im Medikamentenkühlschrank keine Lebensmittel vom Praxispersonal gelagert werden dürfen.

Neben der Temperatur wirken sich auch andere Umwelteinflüsse sowie mechanische Einflüsse auf die Stabilität von Arzneimitteln aus. Dazu gehören Luftfeuchtigkeit, Luftsauerstoff, Licht und Mikroorganismen. Daher sind Feuchtigkeit und Licht zu meiden und die Gebinde nur so lange wie nötig zu öffnen und umgehend wieder sicher zu verschließen. Ganz vermeiden lässt sich die Exposition gegenüber verschiedenen Umwelteinflüssen zwar meist nicht, aber da auch die Einwirkzeit eine Rolle spielt, sollten diese Zeiten möglichst kurz gehalten werden.

Mechanische Einflüsse gegenüber Arzneimitteln entstehen z.B. beim Transport oder Umgang durch das Praxispersonal. Glasgefäße können z.B., wenn sie versehentlich herunterfallen kleine Haarrisse bekommen, die für das Auge nicht sichtbar sind. Durch diese kleinen Risse könnten aber bereits Mikroorganismen eindringen und das Arzneimittel kontaminieren. 

Regelmäßige Kontrollen gehören ebenfalls zur sicheren und korrekten Lagerung von Arzneimitteln. Am besten fertigt man sich eine praxisinterne Checkliste zum Abhaken an, damit keine Punkte vergessen werden. Die Kontrollen umfassen die Überprüfung und Dokumentstation von Temperaturen, Haltbarkeitsdaten sowie Aufbrauchfristen nach Anbruch. 

Allgemein gültige Aufbrauchfristen nach Anbruch können Tabelle 2 entnommen werden. Da die Aufbrauchfristen des jeweiligen Arzneimittels hiervon abweichen können, sind immer die Angaben auf der Packungsbeilage maßgeblich. Vor der Verwendung eines Arzneimittels muss zudem eine Sicht- /Geruchskontrolle auf Veränderungen vorgenommen werden. Sind z.B. klare Lösungen ausgefallen oder riecht die Salbe verdorben, dann dürfen diese Arzneimittel nicht mehr angewendet werden.

Tabelle 2: Allgemein gültige Aufbrauchfristen nach Anbruch

DarreichungsformAufbrauchfrist
Salben, nicht konserviert1 Monat
Cremes, nicht konserviert1 Woche
Salben oder Cremes, konserviert1 Jahr
Flüssigkeiten zur peroralen Anwendung, konserviert6 Monate
Flüssigkeiten zur peroralen Anwendung, nicht konserviert1 Woche
Augentropfen, -salben konserviert1 Monat
Augentropfen, nicht konserviertSofort verwenden
Nasentropfen, konserviert2 Wochen
Nasenspray, konserviert6 Monate
Ohrentropfen, konserviert4 Wochen
Brechampullen (parenterale Anwendung)Sofort verwenden
Stechampullen (parenterale Anwendung), nicht konserviertMaximal 24 Stunden
InfusionenMaximal 24 Stunden

Besonderheiten bei Betäubungsmitteln

Betäubungsmittel (BTM) sind Stoffe und Zubereitungen, die aufgrund ihrer Wirkungsweise eine Abhängigkeit hervorrufen, missbräuchlich verwendet werden oder eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit darstellen könnten. Daher werden solche Arzneimittel sowie Arzneimittel, aus denen BTM hergestellt werden könnten, dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellt und in den Anlagen I bis III zum BtMG aufgeführt. BTM müssen besonders sicher aufbewahrt und deren Verbleib streng dokumentiert werden. Jede Bestandsveränderung einschließlich Zugang sowie Abgang muss lückenlos mit Angabe des Datums und der Bezeichnung dokumentiert werden.

Zugang zu Arzneimitteln

Der Zugang zu Arzneimitteln wird anhand des Vertriebsweges unterschieden in verschreibungspflichtig, apothekenpflichtig und frei verkäuflich.

Frei verkäufliche Arzneimittel können außerhalb von Apotheken verkauft werden und sind daher auch unter dem Begriff OTC-Arzneimittel im Umlauf. „OTC“ kommt vom englischen „over the counter“, was sich in etwa mit „über den Ladentisch“ übersetzen lässt. Diese Arzneimittel werden aufgrund ihrer bekannten und erwarteten gesundheitlichen Unbedenklichkeit auch außerhalb von Apotheken verkauft. I.d.R. werden die Kosten für frei verkäufliche Arzneimittel nicht durch die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erstattet. Jedoch bestehen Ausnahmen, die im Ausnahmekatalog des Gemeinsamen Bundesausschusses erfasst sind, in denen eine Verordnung zu Lasten der GKV möglich ist.

Apothekenpflichtige Arzneimittel sind nur in Apotheken erhältlich. Diese können weiter unterschieden werden in Arzneimittel, die nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden und solche, die ohne ärztliche Verordnung in der Apotheke erhältlich sind. Arzneimittel, die nach dem Stand der Erkenntnisse während der Therapie eine ärztliche Überwachung erfordern, sind verschreibungspflichtig und i.d.R. Erstattungsfähig durch die GKV.

Fachartikel Arzneimittel im Allgemeinen

Allgemeine Informationen zum Thema Arzneimittel (Applikationsformen, Dosierungen etc) findest du in unserem gesonderten Fachartikel

Arzneimittel und ihre Applikationsformen

Wie wird ein Rezept ausgestellt?

Für den Erhalt verschreibungspflichtiger Medikamente in der Apotheke müssen Rezepte ausgestellt werden. In vielen Praxen ist es üblich, dass MFA das Rezept vorbereiten und der Ärztin bzw. dem Arzt zur Prüfung und Signierung vorlegen. Gleiches gilt für E-Rezepte, die in einer Übersichtsliste des PVS bereitgestellt werden.

Während für Privatrezepte keine Vorschriften über die äußere Form existieren, müssen für GKV-Rezepte spezielle Vordrucke verwendet werden. Sowohl Privat- als auch GKV-Verschreibungen müssen folgende Angaben enthalten (§ 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)):

  • Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden Person einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme
  • Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur
  • Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist
  • Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke
    • bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird
  • Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 oder Nummer 4a nicht eindeutig ist
  • abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels
    • sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen
  • die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird
  • Gültigkeitsdauer der Verschreibung
  • die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur. 

Für die Verordnung von BTM und auf Thalidomid-Rezepten (§ 3a AMVV) gibt es besondere Verschreibungsvorschriften, die im Folgenden erläutert werden.

Verordnung auf Betäubungsmittelrezepten

Für die Verschreibung von BTM ist ein spezielles BTM-Rezept (§ 8 BTMVV) erforderlich, dessen Ausgabe von der Bundesopiumstelle überwacht wird. Dabei handelt es sich um einen nummerierten, amtlichen dreiteiligen Durchschreibsatz, wobei der Verbleib jedes einzelnen Blattes genau dokumentiert ist. BTM-Rezepte müssen sicher vor Verlust und damit Missbrauch aufbewahrt werden. 

Teil III des Durchschlagsatzes ist das Original, welches zur Dokumentation drei Jahre lang bei der verschreibenden ärztlichen Person aufbewahrt wird. Die Teile I und II sind für die Vorlage bei der Apotheke bestimmt und müssen dort ebenfalls über den Zeitraum von drei Jahren aufbewahrt werden, wobei Teil II des Rezepts der Abrechnung mit der Krankenkasse dient. 

BTM-Rezepte müssen vollständig ausgefüllt und von der verschreibenden ärztlichen Person unterschrieben sein. Je BTM-Rezept dürfen nicht mehr als zwei BTM gleichzeitig verordnet werden. Jedoch kann ein Wirkstoff in beliebig viele verschiedene Darreichungsformen verschrieben werden. So darf z.B. Morphin gleichzeitig als Ampulle, Tropfen und Tabletten rezeptiert werden.

Auch BTM-Rezepte sind wie BTM selbst sicher vor Verlust und Missbrauch aufzubewahren. Der Verlust eines BTM-Rezeptes muss sofort mit Angabe der jeweiligen Rezeptnummer beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angezeigt werden, welches daraufhin die zuständige oberste Landesbehörde informiert.

BTM Rezept

BTM Rezept Abbildung

Verordnung auf Thalidomid-Rezepten

Die Verordnung auf Thalidomid-Rezepten, abgekürzt T-Rezepte, ist in § 3a AMVV geregelt. Dies betrifft die Verschreibung von Arzneimitteln, die die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten.

Die Verschreibung darf nur auf amtlichen Formblättern des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfolgen. Zusätzlich zu den allgemeinen Pflichtangaben müssen weitere Bestätigungen bzw. Erklärungen enthalten sein. So muss die ärztliche Person bestätigen, dass die Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformation eines entsprechenden Fertigarzneimittels eingehalten werden. Das gilt insbesondere für die Durchführung eines erforderlichen Schwangerschafts-Präventionsprogramms. Weiterhin darf die Höchstmenge der verordneten Arzneimittel je Verordnung den Bedarf für vier Wochen bei Frauen im gebärfähigen Alter, ansonsten den Bedarf für zwölf Wochen nicht übersteigen.

Arzneimuster

Der Vertriebsweg von Arzneimitteln ist in § 47 AMG geregelt, welcher auch die Abgabe von Arzneimittelmustern erlaubt. Demnach dürfen Ärztinnen und Ärzte nach schriftlicher oder elektronischer Anforderung Muster eines Fertigarzneimittels von pharmazeutischen Unternehmen erhalten. Pro Jahr dürfen ärztliche Personen maximal zwei Muster in der kleinsten Packungsgröße erhalten. Davon ausgenommen sind Wirkstoffe, die auf BTM- oder T-Rezept verordnet werden. Diese dürfen nicht als Muster zur Verfügung gestellt werden.

Ärztemusterpackungen sollen in erster Linie Ärztinnen und Ärzte über den Gegenstand und die Funktionsweise des Arzneimittels informieren. Sofern die Packungen der Fertigarzneimittelmuster vollständig sind, d.h. inklusive Beipackzettel und Umkarton, können diese auch Patientinnen bzw. Patienten zur Anwendung überlassen werden. Die Abgabe des Ärztemusters muss kostenfrei erfolgen

Literatur

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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