Kinderwundversorgung

Kinderwundversorgung

Ein Großteil der Kinderwundversorgung basiert auf Produkten, die für die Anwendung bei Erwachsenen entwickelt wurden.

Bei Säuglingen und Kindern gelten, wie bei Erwachsenen, die Prinzipien der modernen Wundbehandlung. Dennoch ist die Kinderwundversorgung eine besondere Herausforderung. Es ist wichtig, die Angst einiger junger Patientinnen und Patienten und ihre Unfähigkeit Schmerzen zu beschreiben oder an der Wundversorgung teilzunehmen, zu berücksichtigen.

Akute Wunden bei Säuglingen und Kindern

Zu den typischsten Hautverletzungen von Kindern gehören akute Platz-, Quetsch-, Schürfwunden und Schnittverletzungen, sowie die Einbringung von Fremdkörpern in oder unter die Haut. 

Kindern und Jugendlichen erleiden häufig akute Hautverletzungen. Im Kleinkindalter ereignen sich Verletzung meist aus Neugierde, mangelnder Erfahrung und der Unfähigkeit Gefahren einzuschätzen. Ältere Kinder verletzen sich im Sport, im Straßenverkehr oder bei handwerklichen Tätigkeiten. Die Schürfwunde ist bei Babys und Kindern wohl die häufigste unter den Wundarten, gefolgt von Schnitt-, Platz-, und Quetschwunden.

Wunde am Knie, Kind: Einsetzende Hämostase
Wunde am Knie, Kind: Einsetzende Hämostase
Frische Schürfwunde am Knie eines Kindes
Frische Schürfwunde am Knie eines Kindes

Verbrennungen und Verbrühungen

Verbrennungen und Verbrühungen passieren fast immer im häuslichen Umfeld in Anwesenheit der Eltern. Schon eine Tasse heißen Wassers kann bis zu 30% Körperoberfläche eines Kleinkindes verbrühen. Brandverletzte Schulkinder haben oft mit Brandbeschleunigern oder explosiven Substanzen hantiert.

Etwa 10 - 20% aller thermischen Verletzungen im Kindesalter sind Folgen einer Misshandlung. In vielen Fällen werden die verletzten Kinder in speziellen Verbrennungszentren versorgt. Die S2k-Leitlinie „Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung)“ (aktueller Stand: 04/2015, zurzeit in Überarbeitung) gibt folgende Empfehlung bezüglich der Versorgung verletzter Kinder in speziellen Einrichtungen: Brandverletze Kinder unter einem Jahr sollten grundsätzlich in einem speziellen Verbrennungszentrum behandelt werden.

Ebenso sollten auch ältere Kinder mit Inhalationstrauma, Elektroverbrennungen, Verbrennungen an Gesicht, Händen, Füßen, Achselhöhlen, im Ano-Genitalbereich und über großen Gelenken immer in einem Verbrennungszentrum vorstellig werden. Die Empfehlung gilt auch für 2.gradige Verbrennungen über 5% Körperoberfläche und alle 3.gradigen Verbrennungen.

Säuglinge und Kleinkinder sind eine Hochrisikogruppe für Verbrennungen.

Chronische Wunden bei Kindern

Frühgeborene oder kranke Kinder besitzen ein hohes Dekubitusrisiko.

Kleinkinder und Säuglinge sind aufgrund der Unreife der Haut bei der Geburt, aber auch aufgrund der Abhängigkeit von Bezugspersonen in den ersten Lebensjahren, besonders gefährdet einen Dekubitus zu entwickeln. Die jungen Patientinnen und Patienten können Druck nicht als solchen lokal wahrnehmen und sich nicht gezielt äußern. Insbesondere Frühgeborene oder kranke Kinder auf der Intensivstation oder der Neonatologie haben ein erhöhtes Dekubitusrisiko. Bei den betroffenen Kindern entwickelt sich der Dekubitus oft am Mittelfuß und an der Nase. Das sind die Körperregionen an denen medizinische Beatmungsgeräte angebracht oder Dauerinfusionen gelegt werden. Auch der Hinterkopf eines Säuglings ist häufig betroffen.

Gibt es Unterschiede in der Wundheilung zwischen gesunden Kindern und Erwachsenen?

Im Normalfall besitzt die Haut von gesunden Kindern ein gutes Wundheilungspotenzial. Die Wundheilung gesunder Säuglinge und Kinder funktioniert grundsätzlich nach dem gleichen Prinzip wie bei gesunden Erwachsenen. Sie durchläuft die drei Wundheilungsphasen – Exsudationsphase, Proliferations- oder Granulationsphase und Epithelisierungsphase. Danach ist die Wunde geschlossen. Eventuell erinnert noch eine Narbe an die Verletzung. Tendenziell heilt Kinderhaut schneller und problemloser als Erwachsenenhaut.

Worauf ist in der pädiatrischen Wundpflege zu achten?

Ängste nehmen und auf eine ausreichende Schmerzmedikation achten 

Ein wichtiger Bestandteil der pädiatrischen Wundversorgung ist es, dem Kind, und manchmal auch den Eltern, die Angst vor der Behandlung zu nehmen. Kleinkinder und Kinder mit akuten Wunden sind oft weniger kooperativ als erwachsene Patienten. Sie können die Notwendigkeit einer Behandlung nicht begreifen und ihre Ängste oder Schmerzen nicht in Worte fassen. In einigen Fällen ist es ratsam, zunächst mit den Eltern zu reden. Werden diese ruhiger, beruhigt sich zuweilen auch das Kind. Je nach Wundtyp und -größe ist eine ausreichende Schmerzmedikation bereits bei der Erstbeurteilung der Wunde, spätestens aber zur Wundreinigung notwendig.
 

Auf Inhaltsstoffe von Wundpflegeprodukten, Salben, Cremes und Desinfektionsmitteln achten 

Die meisten Produkte in der Wundversorgung wurden für Erwachsene entwickelt und getestet. Die Wirkung und richtige Dosierung möglicher Inhaltsstoffe können bei Säuglingen, Kindern und Erwachsenen sehr unterschiedlich sein. 

Als bedenkliche Wirkstoffe für die Anwendung auf Babyhaut gelten einige Antibiotika wie beispielsweise Neomycin, Alkohol, Antispetika wie Clioquinol, PVP-Iod oder Salicylsäure. Auch Kortikosteroide können bei andauerndem Gebrauch zu bleibenden Hautschädigungen führen. 

Insgesamt sollte Säuglings- und Kinderhaut nur möglichst wenig Substanzen ausgesetzt werden. Auch bei Hautpflegemitteln empfiehlt sich die Wahl von Produkten mit einem möglichst geringen Anteil an Emulgatoren und Konservierungsstoffen. Bestandteile wie Lanolin, Perubalsam, Farbstoffe und Duftstoffe besitzen Reizpotential. Um unangenehme Hautirritation oder Ausschläge zu vermeiden, kann ein Pflegeprodukt vor dem ersten großflächigen Gebrauch auf einem kleinen Hautareal getestet werden.
 

Gründliche Reinigung der Wunde 

Akute Wunden bei Säuglingen und Kindern sind immer als kontaminiert anzusehen. Deshalb sind eine gründliche Reinigung und Desinfektion der Wunde notwendig. Die Wundreinigung sollte stets mechanisch und chemisch erfolgen, beispielsweise mit einer desinfizierenden Lösung mithilfe einer Kompresse oder Ähnlichem. 

Chronische Wunden können mit ausgedehnten Nekrosen und dicken Belägen einhergehen. In diesen Fällen ist das notwendige Débridement fast nur mittels chirurgischer Abtragung unter Narkose möglich.
 

Geeignete Wundauflagen verwenden 

Herkömmlich klebende Pflaster können bei ihrer Entfernung die Epidermis mit abreißen. Daher sollten keine Wundauflagen verwendet werden, die mit einem Klebestoff oder Klebeband fixiert werden müssen. Ist eine klebende Fixierung unumgänglich, sollten sanfte Klebstoffe, z.B. auf Silikonbasis verwendet werden. 

Piratoplast Kinderwundversorgung

Bei Piratoplast, Dr. Ausbüttels spezielle Marke für Kinder, finden Sie mehr Materialien und Informationen für die Versorgung akuter Wunden bei Kindern.

Zur Website von Piratoplast

Welche Wundversorgungsprodukte für Kinder gibt es?

Spezielle Wundauflagen für Kinder besitzen idealerweise hypoallerge Silikonkleber für einen schmerzfreie Entfernung.

Kleinere Schürf- oder Schnittwunden von Kindern können zu Hause versorgt werden. Zum Auftragen einer Desinfektionslösung eignen sich sterile Kompressen (Draco Vlieskompressen). Zum keimfreien Abdecken der Wunde stehen Pflaster und Wundschnellverbänden zur Verfügung. Spezielle Kinderplaster kommen in buntem Design und sind mit verschiedenen Motiven bedruckt. Dadurch steigt die Kooperation der Kinder, ein Pflaster zu tragen und zu wechseln (Piratoplast Pflasterstrips für KinderPiratoplast Zuschnitts-Pflaster). 

Kleinkinder und Säuglinge sind anfälliger für Hautablösungen durch Verbände. Für die Wundversorgung eigen sich stattdessen Wundauflagen mit Silikon-Haftrand (DracoFoam haft sensitivDracoPor sensitiv), die sich hautfreundlich ablösen lassen und dennoch zuverlässig haften. Ebenfalls gut geeignet sind nicht selbsthaftende Wundauflagen (DracoFoam), die mit Fixierbinden (Piratoplast Fixierbinde) oder einem sensitiven Fixiervlies (DracoFixiermull sensitiv) fixiert werden. 

Aufbau der Haut bei Säuglingen, Kleinkindern und Erwachsenen

Die Haut von Neugeborenen gleicht Erwachsenenhaut im Aufbau. Sie muss aber noch ausreifen, um voll funktionsfähig zu sein.

Die menschliche Haut ist bei der Geburt komplett angelegt. Allerdings muss sie noch reifen. Bei Säuglingen ist die unreife Epidermis zunächst nur locker mit der Dermis verbunden. Später vernetzen sich die Hautstrukturen und werden fester. In den ersten Wochen nach der Geburt funktionieren Schweißdrüsen und Thermoregulation noch nicht richtig. Auch die Lipidbarriere der Haut bildet sich erst im ersten Lebensjahr vollständig aus. Säuglingshaut, insbesondere von Frühgeborenen, verliert noch viel Wasser. Dadurch wird sie trocken und spröde. Erst im Alter von 2-4 Monaten erscheint die typische rosige Babyhaut.

Insgesamt ist die Barrierefunktion der Haut bei Säuglingen und Kleinkindern nicht so stark ausgeprägt. Das macht sie empfindlicher gegenüber Reizstoffen und anfälliger für Infektionen durch Bakterien, Viren oder Pilzen. Viele Wirkstoffe aus Wundversorgungsprodukten, Cremes und Salben können schneller durch die Babyhaut aufgenommen werden als durch Erwachsenenhaut. Zusätzlich ist die Hautoberfläche von Kleinkindern im Verhältnis zum Gesamtkörpervolumen 2,5 bis 3-fach größer als bei Erwachsenen. Das bedeutet, dass viele Wirkstoffe, die über die kindliche Haut aufgenommen werden, schnell relevante Blutspiegel erreichen.

Häufige Hautkrankheiten bei Neugeborenen

Neugeborene leiden häufig unter Hautrötungen, Ausschlägen oder Ekzemen. Meist sind die Hautprobleme harmlos und verschwinden nach einiger Zeit von selbst.

In den ersten Lebenswochen treten bei Neugeborenen verschiedene Hautprobleme, insbesondere Hautausschläge, auf. Milien („Grießkörner“), Miliaria („Hitzepickel“), Neugeborenen-Akne, Milchschorf, Windelausschlag und Ringelflechte sind gängige Hautveränderungen bei Babys. Die meisten Hautkrankheiten im Säuglingsalter sind harmlos und vorübergehend. Sie resultieren aus den noch unreifen und sehr empfindlichen Hautstrukturen.

Neurodermitis kann in jedem Lebensalter ausbrechen. Oft erscheint sie aber das erste Mal im Säuglingsalter. Im akuten Schub dehnen sich die unangenehmen Ekzemen manchmal auf die gesamte Haut aus. Der daraus resultierende Juckreiz ist kaum zu kontrollieren. Betroffene Kleinkinder reagieren mit Kratzen. Dadurch steigt die Gefahr, dass Bakterien und Viren in die geschädigte Haut eindringen und Infektionen verursachen. In einigen Fällen stecken ernsthafte infektiöse Hauterkrankungen oder bösartige Hauttumore hinter den Hautveränderungen. Säuglinge mit Anzeichen einer systemischen Erkrankung sollten auf eine Infektion mit Viren, Pilzen oder Bakterien untersucht werden.

Studienlage und Leitlinien

Insgesamt gibt es nur wenig wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wundbehandlung bei Kindern.

Aktuell liegt lediglich eine Leitlinie vor, die Empfehlungen zur Wundversorgung von Kinders ausspricht. Dabei handelt es sich um die S2k-Leitlinie „Thermische Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung)“ (aktueller Stand: 04/2015, zurzeit in Überarbeitung). Die Leitlinie beschränkt sich auf die (prä)klinische Erstversorgung, die Diagnostik, Lokalbehandlung sowie die qualifizierte Nachsorge der verletzten Haut. 

Der „Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“ vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) berücksichtigt fast ausschließlich Erwachsene. Im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass die „Übertragbarkeit auf Kinder…ohne eine entsprechende Literaturrecherche als kritisch gesehen, aber insbesondere für einzelne Aspekte, wie z. B. den hygienischen Umgang mit der Wunde, nicht ausgeschlossen“ wird. 

Der „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege“, herausgegeben vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege, hat in der 2. Aktualisierung im Jahr 2017 erstmals Kinder als Zielgruppe aufgenommen.

Literatur