Urostoma: 7 Dinge, die Pflegekräfte wissen sollten

Urostoma: 7 Dinge, die Pflegekräfte wissen sollten

Ein Urostoma ist ein künstlicher Blasenausgang, bei dem Urin durch die Bauchdecke abgeleitet wird. Bei der Pflege ist dabei einiges zu beachten. Wir haben die häufigsten Fragen zusammengefasst.

Menschen, die keine (funktionsfähige) Harnblase haben, benötigen eine künstliche Harnableitung. Diese erfolgt in vielen Fällen über ein chirurgisch angelegtes Urostoma. Die meisten Betroffenen versorgen ihr Stoma selbstständig. Pflegebedürftige oder ältere Personen können jedoch Unterstützung benötigen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Pflegekräfte mit einem Urostoma auskennen.

Was ist ein Urostoma?

Ein Urostoma ist ein künstlicher Blasenausgang (Uro = Harn; Stoma = Öffnung), der vorübergehend oder dauerhaft chirurgisch angelegt wird, wenn der Urin nicht mehr auf normalem Wege ausgeschieden werden kann. Erforderlich wird ein Urostoma zum Beispiel nach Entfernung der Harnblase bei einem fortgeschrittenen Blasentumor oder auch, wenn die Harnwege durch Verletzungen oder Stenosen geschädigt sind.

Die chirurgische Harnableitung über die Bauchdecke wird auch als Urostomie bezeichnet. Zwei häufige Varianten sind:

  • Harnleiterhautfistel (Ureterocutaneostomie): Bei dieser Ableitung werden die Harnleiter über die Bauchdecke nach außen geleitet. Meist werden beide Harnleiter miteinander verbunden, damit es nur eine Ausleitung gibt (Transuretero-uretero-cutaneostomie, kurz TUUC).
     
  • Ileum-Conduit: Bei dieser Harnableitung wird ein Stück des Ileums (Dünndarms) abgetrennt und die Harnleiter werden in dieses stillgelegte Darmteil eingenäht. Das offene Ende des Darmteils wird als Stoma aus der Bauchdecke ausgeleitet.

Bei diesen Urostomien handelt es sich um „nasse“ oder auch „inkontinente“ Harnableitungen, da Urin kontinuierlich aus dem Stoma ausläuft und nicht kontrolliert werden kann. Das Stoma befindet sich an der linken oder rechten unteren Bauchseite. Es gibt jedoch auch „kontinente“ Harnableitungen.

Was ist eine „kontinente“ Harnableitung?

Bei einer „kontinenten“ Harnableitung wird aus Darmteilen ein Pouch (engl. Beutel, Tasche) als künstliches Urin-Reservoir geschaffen. Dieses kann über eine Öffnung an der Bauchdecke (= Stoma) regelmäßig mit einem Katheter entleert werden. Ein Beispiel ist der sogenannte „Mainz-Pouch“, bei dem ein dicht schließendes Stoma im Bauchnabel mündet. Die Betroffenen entleeren ihren Pouch alle drei bis vier Stunden mit einem Katheter direkt in die Toilette.  

Urostoma: Ileum-Conduit, Schema
Urostoma: Ileum-Conduit, Schema

Wie wird ein Urostoma versorgt?

Bei einer inkontinenten Harnableitung ist es erforderlich, dass die Betroffenen einen Urostomiebeutel tragen, um den kontinuierlich ablaufenden Urin aufzufangen. Diese Beutel bestehen meist aus einer geruchsdichten Kunststofffolie. Es werden zwei Systeme unterschieden:

Einteilige Systeme: Der Urinbeutel ist fest mit der Haftfläche (Basisplatte), die auf die Haut geklebt wird, verbunden. Die Haftfläche ist weich und anschmiegsam. Das System ist sehr flach und fällt unter der Kleidung der betroffenen Person kaum auf. Ein Nachteil ist, dass die Beutel häufig, in der Regel täglich, gewechselt werden müssen. Durch den häufigen Beutel-Wechsel kann die Haut um das Stoma herum irritiert werden.

Zweiteilige Systeme: Die Haftfläche (Basisplatte) und der Beutel sind getrennt. Sie werden entweder mit einem Rastring oder einer klebenden Verbindung verbunden. Ein wichtiger Vorteil ist, dass der Beutel auch ohne Basisplatte jedes Mal gewechselt werden kann. Das schont die Haut um das Stoma herum. Der Rastring trägt bei diesem System jedoch stärker auf und kann sich bei eng anliegender Kleidung abzeichnen.

Wie oft sollte der Beutel entleert werden?

Sowohl bei einem einteiligen als auch bei einem zweiteiligen System kann der Urin über ein Auslassventil am unteren Ende des Beutels bei Bedarf bequem in die Toilette entleert werden. Dafür wird bei den Beuteln entweder der Ablaufschlauch umgeknickt oder es werden Hebel, Stöpsel oder Manschetten verwendet.

Über Nacht kann der Urostomiebeutel an einen größeren Urin-Sammelbeutel angeschlossen werden, um ein nächtliches Entleeren des Beutels zu vermeiden. Grundsätzlich sollte der Beutel mehrmals täglich entleert werden und zwar, wenn er zu einem Drittel gefüllt ist. 

Hygienehinweise beim Entleeren des Beutels
  1. Führen Sie vor dem Entleeren des Katheters eine Sprühdesinfektion am Ablassventil durch.
  2. Öffnen Sie das Ablassventil und entleeren Sie den Beutel zügig. Das Ablassventil sollte so schnell wie möglich wieder geschlossen werden.
  3. Vermeiden Sie, dass das Ablassventil mit dem Urin-Auffanggefäß in Kontakt kommt und dass der Urinbeutel auf dem Boden liegt (Infektionsprophylaxe).  
  4. Desinfizieren Sie abschließend das Ablassventil mittels Sprühdesinfektion.

Wie oft sollte das Urostomie-System gewechselt werden?

Das hängt davon ab, ob es sich um ein einteiliges oder zweiteiliges System handelt. Es wird empfohlen, das einteilige System mindestens einmal täglich zu wechseln. Bei der zweiteiligen Versorgung sollte die Basisplatte alle zwei bis drei Tage gewechselt werden, der Beutel mindestens einmal täglich. 

Für den Wechsel des Urostomie-Systems ist es wichtig, den Durchmesser des Urostomas zu messen, um die Größe der Öffnung der Basisplatte passend zuschneiden zu können. Dazu kann auch eine Stoma-Schablone hilfreich sein. Zunächst wird der Beutel geleert, dann wird der liegende Beutel bzw. die Basisplatte vorsichtig von oben nach unten abgezogen und in den Restmüll entsorgt. Die Haut wird gereinigt (s. unten) und das neue Versorgungssystem wird angelegt. Dazu sollte die Hand etwa 30 Sekunden auf der Platte und dem Stoma gehalten werden. Der leichte Druck und die Körperwärme sorgen dafür, dass sich das System gut an die Bauchoberfläche anpasst.

Wie wird die Haut um das Urostoma gereinigt?

Beim Wechsel des Urostomie-Systems sollte die Haut um das Urostoma sanft mit Kompressen und warmem Wasser gereinigt werden. Die Öffnung des Urostomas und die Haut um das Stoma herum sollten vorsichtig mit Kompressen trocken getupft werden. Grundsätzlich sollte die Haut rund ums Stoma immer trocken gehalten werden. Um Schmerzen und Hautirritationen beim Wechseln der Haftplatte zu reduzieren, sollte eine Rasur mittels chirurgischem Clipper rund um das Stoma-Hautareal durchgeführt werden. 

Für die Hautpflege gibt es spezielle Hautschutz-Lotionen, die um das Stoma herum aufgetragen werden können und möglichst fettfrei sein sollten. Eine gepflegte widerstandsfähige Haut im Bereich des Urostomas ist besonders wichtig, um Hautirritationen zu vermeiden. Dazu sollte auch darauf geachtet werden, dass der Urinbeutel nicht dauerhaft auf der Haut aufliegt. Ein Stoffüberzug für den Beutel kann die Haut schonen.

Treten an der Haut um das Stoma Rötungen, Knötchen, Bläschen oder Juckreiz auf, kann es sich auch um eine Allergie oder Überempfindlichkeit gegen bestimmte Pflegeprodukte handeln. Hier sollte ein Wechsel erwogen und das neue Produkt vorher mit einem Allergietest am Oberarm getestet werden. 

Urostoma, schematische Darstellung
Urostoma, schematische Darstellung

Welche Komplikationen können auftreten?

Bei einem Urostoma kann es zu Harnwegsinfekten, Harnkristallen und Harnstau kommen:

Harnwegsinfekte: Diese gehören zu den häufigsten Komplikationen. Mögliche Ursachen sind eine zu geringe Trinkmenge oder eine unhygienische Versorgung des Urostomas. Es besteht ein großes Risiko, dass die Keime bis in die Niere gelangen (Gefahr einer Nierenbeckenentzündung/ Pyelonephritis). Da die typischen Symptome einer Blasenentzündung fehlen, sollten Pflegekräfte auf Fieber, Abgeschlagenheit, Schmerzen in der Nierengegend und einen auffälligen Uringeruch achten.

Harnkristalle: Im Urin können sich Harnkristalle befinden und das Stoma verletzen. Daraus kann eine undichte Stomaversorgung resultieren. Ursachen sind wiederum eine zu geringe Trinkmenge, wiederkehrende Harnwegsinfekte oder ein alkalischer pH-Wert (>7) im Urin. Wichtig ist es, viel zu trinken. Menschen, die eine erhöhte Neigung zu Harnsteinbildung haben, sollten ggf. zur Selbstkontrolle ein Trink- und ein Ausscheidungsprotokoll führen. Zudem sollten Lebensmittel mit hohen Salz-, Purin- (z.B. in Fisch, Fleisch, Linsen) und Oxalatanteilen (z.B. Mangold, Rote Beete, Petersilie) reduziert werden.

Harnstau: Bei einem Harnstau kann der Urin nicht abfließen, zum Beispiel durch Abknicken eines Harnleiters. Wenn das Urostoma plötzlich deutlich weniger oder keinen Urin mehr fördert, sollte sofort ein Urologe informiert werden.

Worauf sollten Betroffene achten?

Einige Tipps, die Pflegekräfte an Betroffene weitergeben können:

  • Ausreichend trinken, mind. 1,5 Liter pro Tag z.B. Saftschorlen oder Tees, sofern nicht anders ärztlich angeordnet. Normalerweise ist eine besondere Diät nicht erforderlich. 
  • Für die Nacht kann ein spezieller Beutel mit einem langen Schlauch an den Tagesbeutel angeschlossen werden (Fassungsvermögen ca. 2 Liter), um ein nächtliches Aufstehen zu vermeiden. Bei einer „kontinenten“ Harnableitung, zum Beispiel mittels Mainz-Pouch, ist in der Regel auch ein nächtliches Katheterisieren erforderlich.
  • Auch Freizeitaktivitäten sind mit einem Urostoma problemlos möglich. Beim Schwimmen stehen Betroffenen Hilfsmittel wie spezielle Bauchbinden, Schwimmgürtel und Schutzkappen zur Verfügung, die das Stoma bedecken und schützen. Bei längeren Aktivitäten und Reisen sollten Betroffene immer ausreichend Wechselmaterialien im Gepäck haben.

Literatur

Ein Urostoma lässt sich gut in den Alltag integrieren.

Wichtig ist, dass die Betroffenen gerade zu Beginn gut angeleitet und beraten werden, am besten von einem Stomatherapeuten.

Die Autorin Michelle Eisenberg
Michelle Eisenberg, examinierte Pflegekraft

Michelle Eisenberg ist examinierte Pflegekraft mit der Zusatzqualifikation Praxisanleitung in der Pflege.
Sie hat sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege Erfahrung gesammelt.
Seit einiger Zeit arbeitet Frau Eisenberg im Kundenservice von Dr. Ausbüttel im Bereich Beratung.