„Pille danach“ in Missbrauchsfällen für alle Altersgruppen
Die GKV übernimmt ab sofort grundsätzlich die Kosten für die „Pille danach“, wenn der Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch besteht. Fachkräfte in Praxen und Apotheke sollten Betroffene aktiv beraten.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den Leistungsanspruch für die „Pille danach“ erweitert: Bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung erhalten Patientinnen unabhängig vom Alter das Präparat auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Voraussetzung ist die Verordnung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Damit passt der G-BA die Regelungen an eine Gesetzesänderung aus dem Frühjahr an. Bisher galt die vollständige Kostenübernahme nur für Versicherte bis zum 22. Geburtstag.
So funktioniert die „Pille danach“
Die „Pille danach“ erhalten Frauen rezeptfrei in Apotheken für einen Preis zwischen 16 und 35 Euro. Sie verhindert bei schneller Einnahme in der Regel zuverlässig eine Schwangerschaft. Regulär wird sie eingesetzt, wenn davon ausgegangen werden muss, dass Geschlechtsverkehr ohne ausreichende Verhütung stattfand – weil ein beispielsweise ein Kondom gerissen ist oder die Frau die Einnahme der Antibabypille vergessen hat.
Zwei Wirkstoffe stehen zur Verfügung: Levonorgestrel (Pidana®) und Ulipristalacetat (EllaOne®). Beide verzögern den Eisprung, jedoch mit unterschiedlichen Zeitfenstern: Ulipristalacetat kann bis zu fünf Tage nach dem Vorfall wirksam sein und funktioniert auch an den fruchtbaren Tagen. Levonorgestrel muss innerhalb von drei Tagen eingenommen werden und verliert kurz vor dem Eisprung seine Wirkung.
Verordnung im Notfall
Bei Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch oder eine Vergewaltigung stehen MFA in der Arztpraxis beziehungsweise PTA oder PKA in der Apotheke vor einer schwierigen Situation. Die Betroffene möchte womöglich nicht auf die Situation angesprochen werden. Gleichzeitig wäre es sinnvoll, sie über die Möglichkeit einer Verordnung aufzuklären. Zudem kann ein Termin in einer ärztlichen Praxis dazu dienen, weitere Aspekte abzuklären und beispielsweise über sexuell übertragbare Krankheiten zu sprechen.
Eine Lösung sieht folgendermaßen aus: Weisen Sie möglichst neutral daraufhin, dass die „Pille danach“ unter bestimmten Umständen verordnet werden kann. In den meisten Regionen stehen außerdem sogenannte Notfallkarten zur Verfügung, die Sie herunterladen und ausdrucken können. Darauf sind lokale Kontaktadresse für solche Situationen hinterlegt. Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl! Es ist kein Schaden, diese Karten auszuhändigen, obwohl Ihr Gegenüber sie nicht benötigt. Die Devise sollte daher lauten: lieber einmal zu viel aufmerksam sein als einmal zu wenig.