Osteolyse

Der Begriff Osteolyse beschreibt zunächst den natürlichen physiologischen Prozess des Knochenabbaus im menschlichen Körper.

Eine überschießende, pathologische Osteolyse tritt im Rahmen einiger Erkrankungen, wie dem Diabetischen Fußsyndrom auf. Im schlimmsten Fall führt die Zerstörung von Knochengewebe zum Knochenbruch oder zu Schmerzen in der betroffenen Körperregion. 

Physiologische Osteolyse

Die Osteolyse bzw. Knochenresorption bezeichnet zunächst den normalen physiologischen Prozess des Knochenabbaus.

Spezielle Körperzellen, die sogenannten Osteoklasten, regulieren den Abbau und die Resorption der Knochensubstanz. Demgegenüber steht der Prozess des Knochenaufbaus, die Osteogenese. Zwei Zelltypen, die Osteoblasten und Osteozyten, dienen dem Knochenaufbau und -umbau. 

Bei gesunden Menschen stehen die Osteolyse und Osteogenese gewöhnlich im Gleichgewicht. Das komplexe Zusammenspiel der beiden Knochenumbauprozesse ist entscheidend für den Knochenerhalt und die stetige Erneuerung des Skelettsystems. Ausnahmen vom Gleichgewicht gibt es bei Menschen im Wachstum sowie älteren Personen. Im Kinder- und Jugendalter überwiegt der Knochenaufbau. Während des natürlichen Alterungsprozesses nimmt die Knochenresorption allmählich zu und überwiegt gegenüber der Osteogenese.

Die physiologische Osteolyse trägt eine entscheidende Funktion im Erhalt und der Erneuerung des Knochen- und Skelettsystems.

Pathologische Osteolyse

Bei überschießendem Knochenabbau wird das Knochengewebe zerstört und die Knochen verlieren an Substanz. 

Bei einigen Erkrankungen geraten Osteolyse und Osteogenese aus dem Gleichgewicht. Überwiegen die osteolytischen Prozesse krankhaft, spricht man von der pathologischen Osteolyse. Durch den vermehrten Abbau der Knochensubstanz und der Zerstörung des Knochengewebes steigt das Frakturrisiko. Betroffene leiden zudem häufig unter Schmerzen in den jeweiligen Körperregionen. 

Osteolyse im Rahmen des Diabetischen Fußsyndroms

Tritt eine Osteolyse bei Menschen mit Diabetes mellitus auf, geht diese meist auf entzündliche Prozesse zurück.

Das Diabetische Fußsyndrom ist eine schwerwiegende Folgeerkrankung des Diabetes mellitus. Auslöser für die Entstehung eines diabetischen Fußes ist oft eine banale Fußverletzung, sogar ein eingewachsener Zehennagel reicht hier aus. In Folge der Diabetes-Erkrankung entwickeln sich Schädigungen von Gefäßen, Nerven und inneren Organen. Der Umfang des Krankheitsbildes reicht von oberflächlichen, schlecht heilenden Wunden bis hin zu tiefen Ulzerationen mit Infektionen. Da das Schmerzempfinden häufig gestört ist, besteht die Gefahr einer zeitlichen Verschleppung der Behandlung. Breitet sich eine Infektion im Körper aus, kommt es nicht selten zu einer Entzündung der Knochen, der Osteomyelitis. Die Osteomyelitis kann über Osteolysen bis zum völligen Zusammenbruch des Fußskelettes führen. Das Endstadium traumatischer Skelettverletzungen bei Menschen mit Diabetes mellitus ist nicht selten der sogenannte Charcot-Fuß

Charcot-Fußs-Ulcus mit Zehendeformation und Wunde
Charcot-Fuß mit Zehendeformation

Symptome

Die Symptome der Osteolyse variieren je nach Grunderkrankung. Die deutlichsten Anzeichen sind eine erhöhte Frakturneigung aufgrund des Verlustes der Knochensubstanz. Selbst kleinste Anlässe können Knochenbrüche, sogenannte Spontanfrakturen, verursachen. Osteolytische Prozesse können durch zum Teil massive Schmerzen begleitet werden. 

Diagnostik

Bildgebende Verfahren eignen sich zum Nachweis von Osteolysen. Schädigungen des Skelettsystems im Sinne von Osteolysen lassen sich mit Hilfe von bildgebenden Verfahren wie Röntgenaufnahmen, Positronen-Emissions-Tomografie (PET) oder Computertomographie (CT) diagnostizieren. Die Diagnostik einer Infektion des Knochens kann schwierig sein. Hier gilt die Knochenbiopsie als Goldstandard. 

Behandlung

Die Behandlung der Osteolyse richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Eine Behandlung ist maßgeblich abhängig vom Beschwerdebild und der Ursache. Neben der Therapie der Grunderkrankung gilt es, die Versorgung von für den Knochenstoffwechsel wichtigen Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien sicherzustellen. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Zufuhr von Vitamin D und Calcium. Die Zufuhr kann, neben einer gesunden Ernährung mit viel Bewegung im Freien, durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln gedeckt werden. 

Bei der Therapie und Vorbeugung des Diabetischen- oder Charcot-Fußes ist die konsequente Druckentlastung mit orthopädischen Schuhen, Gehstützen oder Rollstuhl für eine ungestörte Wundheilung erforderlich. Schon gelegentliches Auftreten auf ein Ulcus kann die Abheilung verhindern. Selbst der Charcot-Fuß bessert sich, sofern er im Frühstadium behandelt wurde, durch mehrmonatige Entlastung. Im fortgeschrittenen Charcot-Stadium kann eine Operation notwendig sein, um die Fehlstellung des Fußes zu korrigieren bzw. minimieren.

Weitere Ursachen

Die Ursachen von pathologischen Osteolysen sind vielfältig. Verschiedene krankhafte Veränderungen im menschlichen Körper können den gesteigerten Knochenabbau auslösen. Dazu gehören:

Stoffwechselstörungen wie Osteoporose 

Die Osteoporose ist eine relativ weit verbreitete Erkrankung, die mit vermehrter Knochenresorption einhergeht. Sie zeichnet sich durch einen frühzeitigen oder beschleunigten Knochenabbau aus. Die Knochen verlieren in Folge an Substanz und werden brüchig. Gerade Frauen nach der Menopause sind von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen, die weitestgehend auf eine hormonelle Ursache zurückgeht.
 

Krebserkrankungen- oder Metastasen 

Knochenmarkkrebs, das Multiple Myelom, betrifft das blutbildende System des Menschen und führt unter anderem zu einer Auflösung der Knochen. Neben Leber und Lunge ist der Knochen auch der dritthäufigste Metastasierungsort bösartiger Tumorerkrankungen. Etwa 2/3 aller Knochenmetastasen sind im Bereich der Wirbelsäule lokalisiert. Sogenannte osteolytische Metastasen führen zur Osteolyse in der Wirbelsäule, Knochenabbau und zu schnellen Knochenbrüchen.
 

Infektionen 

Eine weitere Ursache von Osteolyse sind bakterielle Infektionen. Beispielsweise können chronische Entzündungen im Kieferknochen durch nicht optimal verheilende Wunden nach Zahnbehandlungen zur Osteolyse im Kiefer führen. Die Osteolyse beim diabetischen Fuß geht ebenfalls auf eine Infektion zurück. Die Sauerstoffversorgung von Zehen und Fersen ist beim diabetischen Fuß häufig unzureichend. Verletzungen heilen schlecht, entzünden sich schnell und greifen die Fußknochen an.
 

Lysosomale Speicherkrankheiten 

Lysosomale Speicherkrankheiten werden durch Enzymdefekte verursacht und treten eher selten auf. Morbus Gaucher ist eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung eine der häufigsten Speicherkrankheiten.  Sie geht unter anderem mit Symptomen wie Osteolyse, Osteonekrosen oder intensiven Knochenschmerzen einher. 

Zusätzlich können Reizungen durch Fremdkörper, wie Prothesen oder Implantate, den Knochenabbau begünstigen. Eine Prothesenimplantation ist beispielsweise eine gängige Behandlungsmethode bei einer Arthrose des Großzehengrundgelenks (Hallux rigidus). Als Folge kann eine Osteolyse der Großzehe auftreten. Auch Zahnimplantate können bei ständigem Fremdkontakt zu einer Zersetzung des Kieferknochens führen.

Literatur