Beratung von Eisenmangel in der Apotheke

Beratung von Eisenmangel in der Apotheke

Erschöpfung, Müdigkeit und Haarausfall können auf einen Eisenmangel hinweisen. Aber auch auftretende Wundheilungsstörungen lassen sich mit einem Mangel dieses wichtigen, essenziellen Spurenelements in Verbindung bringen. 

Wo findet sich Eisen im Körper?

Ein Großteil des Eisens ist im Hämoglobin der Erythrozyten gebunden (etwa 70 Prozent) und für den Sauerstofftransport verantwortlich. Aber auch in der Leber, in den Muskelzellen und in einigen Enzymen lassen sich Anteile von Eisen finden. Zudem ist Eisen im Muskeleiweiß Myoglobin vorhanden und hat einen Anteil von circa 12 Prozent am Körpereisen. Der Rest ist sogenanntes Depoteisen. 

Daher ist es nicht verwunderlich, dass in Abhängigkeit der Ausprägung des Eisenmangels eine Vielzahl von Symptomen auftreten können. 

Mögliche Symptome
  • Anämie,
  • Konzentrationsstörungen,
  • Müdigkeit,
  • Schlafstörungen,
  • Schwindel,
  • Atemnot bei Belastung und
  • Störungen des Wachstums von Haaren, Nägeln, Haut und Schleimhäuten
  • Zungenbrennen
  • Mundwinkelrhagaden
  • allgemeiner Blässe

Pro Tag nimmt ein Erwachsener etwa 1 bis 2 Gramm über die Nahrung auf. Durch abgestoßene Hautzellen und kleine Blutverluste und Läsionen verliert der Körper pro Tag aber auch genauso viel. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ist der Tagesbedarf nicht einheitlich: 

  • Der Bedarf eines erwachsenen Mannes bei 10 mg Eisen pro Tag.
  • Bei Frauen wird der Bedarf pro Tag mit 15 mg angegeben.
  • Der Bedarf für Kinder wird altersabhängig mit Mengen zwischen 8 bis 15 mg pro Tag beschrieben.
  • Besonderen Fokus erhält der Eisenbedarf zudem bei Schwangeren und Sportlern. Hier sind Mengen von bis zu 30 mg pro Tag zu nennen.

Eine ausgewogene mediterrane Kost sichert uns den physiologischen Bedarf, den wir täglich benötigen. So liefert Fleisch zweiwertiges Häm-Eisen, welches vom Körper zu 30 Prozent verwertet werden kann. Getreide und Gemüse enthalten zwar auch große Mengen an Eisen, jedoch handelt es sich hierbei um dreiwertiges Eisen, dessen Bioverfügbarkeit nur bei rund 5 Prozent liegt. 

Wichtiger Praxistipp:

Um ein verwertbares Ergebnis für die Bestimmung des Eisenstatus zu erhalten, sollte neben der Ermittlung des Hämoglobins im Blut auch das Ferritin als Wert für den Eisenspeicher und der lösliche Transferrin-Rezeptor (sTfR) als Wert für den Eisentransport bestimmt werden. Zudem sollte auch der Entzündungsmarker CRP (c-reaktives Protein) beachtet werden. 

Zum Hintergrund: Bei jeder Entzündung, ob akut oder chronisch, legt der Körper aus dem Blut entzogenes Eisen im Eisenspeicher ab. Die Normwerte sind für Hämoglobin 12,3 bis 15,3 g/dl (Frauen), 14 bis 17,5 g/dl (Männer), für Serum-Ferritin 25 bis 250 ng/ml (Frauen), 30 bis 300 ng/ml (Männer), für sTfR (löslicher Transferrinrezeptor) 0,76 bis 1,76 mg/l (Referenzwert laborabhängig) und für CRP < 0,5 mg/l.

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Eisenmangel in drei Stadien

Unterteilt wird der Eisenmangel je nach Ausprägung in drei Stadien:

Stadium 1

Zu Beginn eines Eisenmangels spricht man in Stadium 1 nur von einem Speichereisenmangel.

Stadium 2

Ab dem Stadium zwei reicht die im Körper vorhandene Eisenmenge nicht mehr aus, um die Vorstufen zur Bildung von roten Blutkörperchen im Knochenmarkt sicherzustellen. Dies wird als eisendefizitäre Erythropoese bezeichnet. Das im Blut vorhandene Hämoglobin liegt aber noch im Normbereich. Der Wert des Eisentransportproteins Transferrin ist erhöht. 

Stadium 3

Ab Stadium drei liegt eine Eisenmangelanämie vor, wenn der Normalbereich des im Blut vorhandenen Hämoglobins unterschritten ist. 

Auf Ursachensuche

In der Beratung in der Apotheke oder aber auch beim Arzt heißt es, Ursachen und Hintergründe für den aufgetretenen Eisenmangel schnell ausfindig zu machen:

  • Akute oder chronische Blutungen z.B. durch Magen- oder Darmgeschwüre, Einnahme von NSAR oder Bisphosphonaten
  • Hämorrhoidalleiden
  • Starke Regelblutung
  • Reduzierte Zufuhr durch Mangelernährung: Eisenarme Diäten, vegetarische oder vegane Kost, Essstörungen
  • Verminderte Resorption durch Mangel an Magensäure oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
  • Erhöhter Bedarf z.B. in der Schwangerschaft oder Stillzeit, Wachstum bei Säuglingen, Kleinkindern und Jugendlichen
  • Eisenverwertungsstörungen, z.B. bei Entzündungen, chronischen Infekten, Tumoren

Bei letzterem wird dem Blut Eisen entzogen und in den Eisenspeichern festgehalten. Hierbei handelt es sich um eine unspezifische Abwehrreaktion, mit der der Körper versucht, den pathologischen Prozess zu bekämpfen, indem er ihm das dafür essenzielle Eisen entzieht.

Pathophysiologische Abläufe der Wundheilung und die Rolle des Eisens

Die Wundheilung erfolgt klassisch in drei überlappenden Phasen: 

  • Reinigungsphase
  • Granulationsphase
  • Differenzierungsphase

Eisen spielt in allen Phasen eine Schlüsselrolle. Während der initialen Reinigungs- und möglicher Entzündungsphase ist Eisen essenziell für die Funktion neutrophiler Granulozyten und Makrophagen. Diese Zellen benötigen Eisen für die Aktivität eisenabhängiger Enzyme, die reaktive Sauerstoffspezies bilden und so bakterizide Effekte auslösen. Ein Eisenmangel führt zu einer verminderten oxidativen Burst-Kapazität, was das Infektionsrisiko im Wundgebiet erhöht.

Epithelisierungsphase eines Ulcus Cruris venosum

Hier finden Sie weiterführende Informationen rund um die drei Wundheilungsphasen. 

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In der Granulations- bzw. Proliferationsphase ist Eisen ein unverzichtbarer Kofaktor der Prolyl- und Lysylhydroxylasen, die die Hydroxylierung von Prolin und Lysin im Kollagen ermöglichen. Nur hydroxyliertes Kollagen besitzt die notwendige Stabilität und Struktur, um ein belastbares Granulationsgewebe aufzubauen. Zudem beeinflusst Eisen die Aktivität verschiedener Wachstumsfaktoren, darunter VEGF, das eine zentrale Rolle in der Angiogenese spielt. Ein Mangel führt zu gestörter Gefäßneubildung, reduzierter Sauerstoffversorgung und verzögerter Fibroblastenproliferation.

Auch für die mitochondriale Energieproduktion ist Eisen essenziell. Cytochrome des Elektronentransports enthalten Häm- und Eisen-Schwefel-Cluster, die bei Energiearmut in Zellen der Wundheilung – etwa Keratinozyten und Fibroblasten – zu eingeschränkter Proliferation führen. Die Folgen sind verminderte Epithelisierung und langsamere Defektdeckung.

In der Differenzierungsphase wirkt Eisen an matrixmetalloproteinaseabhängigen Prozessen mit, die den Umbau des extrazellulären Kollagens regulieren. Ein Mangel kann zu dysbalancierten enzymatischen Aktivitäten führen, wodurch sich die Qualität des Narbengewebes verschlechtert.

Systemische Folgen des Eisenmangels für die Wundheilung

Ein länger bestehender Eisenmangel führt häufig zur Eisenmangelanämie, die über verminderte Sauerstofftransportkapazität zu Gewebehypoxie führt. Die Hypoxie aktiviert kompensatorische Mechanismen, die jedoch bei chronischem Verlauf ineffizient sind und die Wundheilung weiter verzögern. Leitlinien betonen, dass besonders ältere Menschen, chronisch Kranke, Patientinnen und Patienten mit gastrointestinalen Resorptionsstörungen sowie Personen mit hohem Blutverlust ein erhöhtes Risiko tragen, Wundheilungsstörungen aufgrund von Eisenmangel zu entwickeln.

Zudem ist die Immunfunktion systemisch beeinträchtigt: Es kommt zu verminderter T-Zell-Proliferation, reduzierter Makrophagenaktivität und eingeschränkter Antikörperbildung. Dadurch steigt das Risiko für Wundinfektionen, Biofilmbildung und chronische Wunden. Evidenzbasierte Studien zeigen, dass insbesondere chronische Ulzera – etwa venöse oder diabetische Ulzera – überdurchschnittlich häufig mit Eisenmangel einhergehen und erst unter Optimierung des Eisenstatus eine verbesserte Heilungstendenz aufweisen.

Therapeutische Konsequenzen in Anlehnung an Leitlinien

Evidenzbasierte Empfehlungen sehen bei gesichertem Eisenmangel je nach Schweregrad und klinischer Situation eine oraleoder parenterale Eisentherapie vor:

  • Orale Präparate eignen sich für die Mehrheit der Patient*innen.
  • parenterale Eisenformen sind insbesondere bei Malabsorption, chronisch-entzündlichen Erkrankungen, schwerer Anämie oder fehlender Compliance indiziert. 

Eine Verbesserung des Eisenstatus zeigt sich häufig bereits innerhalb weniger Wochen in gesteigerter Wundheilungsdynamik, reduzierter Infektionsanfälligkeit und verbesserter Gewebequalität.

Richtig substituieren

Um den Eisenmangel zu beheben, sollten nach Angaben der Leitlinie „Eisenmangel und Eisenmangelanämie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie Eisen oral in einer Menge von 50 bis 100 mg pro Tag zugeführt werden. Je nach Schwere des Mangels kann die Dauer der Therapie Wochen bis Monate andauern, da die orale Menge nur zu 5 bis 10 Prozent aufgenommen wird. Dabei ist die Gabe von zweiwertigem Eisen aufgrund der besseren Bioverfügbarkeit zu bevorzugen.

Das Hauptproblem für viele Patientinnen und Patienten der oralen Eisensubstitution ist die schlechte Verträglichkeit. Häufig klagen Betroffene über Beschwerden wie Magenschmerzen, Übelkeit, Verstopfungen und / oder Durchfall. 

Zur Minimierung der Nebenwirkung kann die Einnahme vor dem Schlafengehen empfohlen werden. Sollte diese Maßnahme zu keiner Verbesserung führt, kann die Dosis verringert werden oder die Einnahme trotz der dadurch verminderten Resorption gemeinsam mit einer Mahlzeit erfolgen. Die Eisensubstitution sollte noch mindestens drei Monate nach Verschwinden der Anämie fortgesetzt werden.

Hinweise zur Einnahme

Durch die parallele Einnahme von Vitamin C kann die Aufnahme im Körper deutlich verbessert werden. 

Achtung: Der gleichzeitige Verzehr von Kaffee, Tee und Milchprodukten wirkt sich negativ auf die Aufnahme von Eisen aus. Die Empfehlung für Patientinnen und Patienten lautet daher, mindestens eine halbe Stunde vor dem Essen oder zwei Stunden nach dem Essen erst die Eiseneinnahme durchzuführen.

Wenn die Unverträglichkeit nicht nachlässt

Wenn eine orale Eisentherapie nicht vertragen wird oder eine schwere und nicht behandelbare Resorptionsstörung vorliegt, sollte Eisen intravenös verabreicht werden. Die intravenöse Eisengabe hat den Vorteil eines schnelleren Therapieerfolgs und einer besseren Verträglichkeit. Allerdings birgt sie  das Risiko teils schwerer allergischer und anaphylaktischer Reaktionen. Aus diesem Grund sollte die Gabe von eisenhaltigen Injektionslösungen laut einem Rote-Hand-Brief aus Oktober 2013 nur in Einrichtungen vorgenommen werden, in denen Personal und Ausrüstung zur Notfallbehandlung allergischer Reaktionen sowie zur Wiederbelebung zur Verfügung stehen. Eine enge Überwachung der Patientin oder des Patienten muss während der Infusion und mindestens 30 Minuten danach sichergestellt sein.

Der Erfolg der Therapie sollte durch regelmäßige Messungen des Hämoglobinwerts kontrolliert werden. Ziel ist neben der Normalisierung des Hämoglobins ein Ferritin-Wert von 50 bis 100 µg/l.

Wann wird Eisen gefährlich?

Bei genetischen Erkrankungen wie der heriditären Hämochromatase kann auch ein Zuviel an Eisen, eine Eisenüberladung, gefährlich werden. Dabei entstehen Gewebeschäden durch die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies, die irreversible Schäden an Organen hervorrufen. Davon betroffen können die Leber, das Herz aber auch die Bauchspeicheldrüse oder auch die Schilddrüse sein. In der Folge können sich Leberfibrosen, Karzinome oder aber auch Kardiomyopathien entwickeln. Ebenso ist die Auftrittswahrscheinlichkeit von Diabetes mellitus oder Hypothyreosen erhöht. 

Da die Schädigung der Organe langsam und schleichend einsetzt, sind anfangs nur unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen oder Müdigkeit zu finden. Damit sind die Symptome eines Mangels und einer Eisenüberladung sehr ähnlich. 

Der Autor Daniel Finke

Daniel Finke ist Apotheker und neben dieser Tätigkeit seit mehreren Jahren als Referent für zahlreiche Apothekerkammern, Verbände und Pflegeeinrichtungen tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf den praxisrelevanten Themen aus der Selbstmedikation, der leitliniengerechten Therapie und der Arzneimittel-Therapie-Sicherheit der Patienten.