ADHS-Therapie: Engpässe bei Methylphenidat und Alternativen
Die Versorgung von Patienten und Patientinnen ist derzeit erschwert. Teams in Arztpraxen und Apotheken sollten die aktuellen Regelungen kennen.
Seit über einem Jahr bestehen Lieferprobleme bei Methylphenidat-haltigen Medikamenten. Die Liste der Engpässe, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlicht, wächst stetig. Zuletzt informierte Hexal über einen Mangel bei bestimmten Retardtabletten (mit 36 mg und 54 mg). Dieser Zustand hält voraussichtlich bis Ende Juli an. Als Grund nennt das Unternehmen eine gestiegene Nachfrage. Auch die Alternative Atomoxetin steht nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Einige Hersteller, darunter Medice, können jedoch noch bestimmte Präparate anbieten.
Probleme mit den Wirkstoffen
Methylphenidat spielt bei der Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) eine zentrale Rolle. Der Wirkstoff stimuliert das zentrale Nervensystem und beeinflusst die Konzentration der Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Atomoxetin, das ebenfalls zur ADHS-Therapie zugelassen ist, hemmt gezielt die Wiederaufnahme von Noradrenalin und kommt für Patientinnen und Patienten ab sechs Jahren infrage. Methylphenidat dominiert mit einem Anteil von 77 Prozent die ADHS-Therapie, während Atomoxetin nur etwa vier Prozent ausmacht. Beide Wirkstoffe sind von Lieferschwierigkeiten betroffen.
Im vergangenen Jahr meldete das BfArM Qualitätsprobleme bei einem griechischen Atomoxetin-Hersteller. Schwankende Wirkstoffgehalte führten zu Rückrufen und einer vorübergehenden Produktionspause. Momentan melden mehrere Anbieter Engpässe bei Atomoxetin-Präparaten.
Seit Juni 2023 gelten zudem strengere Grenzwerte für Methylphenidat, da Nitrosaminverunreinigungen aufgetreten waren. Zusätzliche Tests verzögern jetzt die Freigabe der Medikamente. Besonders das Präparat Concerta bleibt voraussichtlich bis Ende des Jahres nur eingeschränkt verfügbar.
Eine weitere Hürde bildet eine neue Regelung: Ärztinnen und Ärzte dürfen Retardkapseln mit unterschiedlichen Freisetzungsprofilen nicht mehr gegeneinander austauschen.
Medice gibt an, derzeit verschiedene Medikinet-Tabletten und -Retardtabletten sowie Kinecteen liefern zu können. Allerdings kommt es durch die Umstellung auf ein neues Versandzentrum teilweise zu Verzögerungen.