Tränen am Arbeitsplatz

Tränen am Arbeitsplatz

Egal ob dickes Fell oder nah am Wasser – die meisten von uns sind bei der Arbeit schon einmal in Tränen ausgebrochen. Das kann wegen der Arbeit selbst passieren oder weil man privat in einer belastenden Situation ist. Was tun, wenn die Tränen kommen oder ein Kollege weint? 

Als wäre es gestern gewesen erinnere ich mich noch daran, als ein ehemaliger Chef von mir in die Praxisküche kam und meine Kollegin ansprach: „Kommen Sie bitte einmal in mein Büro.“ Anschließend kam sie verheult mit hochrotem Kopf wieder zurück und packte ihre Sachen. Er hatte ihr den Job gekündigt. Und ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ich mochte meine Kollegin gern und sie hatte mir oft unter die Arme gegriffen, als ich noch Berufseinsteigerin war. 

Mir ist es natürlich auch schon passiert, dass ich bei der Arbeit geweint habe. Manchmal ist in der Praxis einfach der Wurm drin und schon häufen sich die Beschwerden von Patientinnen oder Patienten. Äußerungen wie: “Wie lange dauert das denn noch?” oder “Bei Ihnen klappt in diesem Laden aber auch wirklich gar nichts!” können mich aus der Fassung bringen. Einmal stand ich nach einer besonders anstrengenden Woche - kranke Kolleginnen und Kollegen, eine Ärztin auf Fortbildung und dazu ein Systemausfall des Terminprogramms - nur noch wortlos da und schon liefen mir die Tränen übers Gesicht. Ich bin ganz schnell in die Toilette gelaufen, damit es niemand sieht. 

Noch immer werden Tränen am Arbeitsplatz als unprofessionell angesehen. Dabei hat laut einer Studie schon jede/r Zweite am Arbeitsplatz geweint. Davon fast die Hälfte (45%) wegen der oder des Vorgesetzten oder einer Kollegin bzw. eines Kollegen und 16% aufgrund zu hoher Arbeitsbelastung. Hinzu kommen private Situationen nach dem Verlust eines geliebten Angehörigen oder auch nach einer Trennung.

Was tun, um nicht zu weinen?

Weinen ist keine schlechte oder schwache Eigenschaft! Ganz im Gegenteil: es zeigt einen guten Zugang zu unseren Emotionen und sorgt dafür, dass wir unseren Gefühlen wie Trauer, Wut oder Überforderung Ausdruck verleihen können. Dennoch ist es den meisten von uns bei der Arbeit unangenehm. 

Manchmal hilft es nicht mehr, sich zusammenzureißen - die Tränen fangen schon an zu laufen. Dann könnt ihr Folgendes probieren:

  • 4 Sekunden einatmen, 8 Sekunden die Luft anhalten, 8 Sekunden ausatmen
  • Bittet eure Kollegen um 10 Minuten Pause und verlasst die Arbeit
  • Überlegt, ob ihr rausgehen und eine Runde um den Block laufen, auf die Toilette oder in die Küche gehen wollt
  • Gebt euch 5 Minuten Zeit zum Weinen und versucht dann, durch die 4-8-8-Atemtechnik wieder zur Ruhe zu kommen
  • Lenkt den Fokus auf etwas anderes, hört euer Lieblingslied, lest irgendwelche Nachrichten oder beobachtet ganz bewusst in die Ferne einen Baum. Tatsächlich: das Betrachten eines weit entfernten Gegenstands entspannt unsere Augen, unsere Gesichtsmuskeln und das wirkt beruhigend

Was tun, wenn die Kollegin weint?

Der beste Tipp ist: keine Tipps geben. Reicht wortlos ein Taschentuch oder bietet ein Glas Wasser an. Vielleicht fragt ihr, ob ihr eure Kollegin oder euren Kollegen in den Arm nehmen dürft – vorausgesetzt ihr fühlt euch selbst danach. Bietet an, dass ihr die Arbeit kurzerhand umorganisiert, sodass eure Kollegin oder euer Kollege sich eine kurze Pause gönnen kann. Wortlose Unterstützung ist aber insgesamt meistens wertvoller als gut gemeinte Ratschläge.

Habt ihr bei der Arbeit schon mal weinen müssen? Was war der Grund? Wie geht ihr in eurer Praxis insgesamt mit dem Thema um? Ich bin gespannt auf eure Geschichten.

Viele Grüße

Eure Steffi

Die Autorin Steffi, MFA/Wundexpertin (ICW)
Steffi Blog

Nach der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in einer dermatologischen Praxis für 5 Jahre im Praxisalltag als MFA, seit 2014 bei Dr. Ausbüttel (DRACO®). Wundexpertin (ICW) und bloggende MFA mit Leidenschaft.

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