Zusammenarbeit Pflege und Arztpraxis

Zusammenarbeit Pflege und Arztpraxis

Die Genesung und Erhaltung des bestmöglichen Gesundheitszustands von pflege- und versorgungsbedürftigen Patientinnen und Patienten erfordert eine enge Kooperation und gute Kommunikation von behandelndem Personal. Insbesondere an den Schnittstellen zwischen Arztpraxis und ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen ist eine unkomplizierte, kollegiale Kommunikation auf Augenhöhe entscheidend für das Patientenwohl.

Verantwortlichkeiten der Hausarztpraxis

Die Verantwortlichkeiten bei der Zusammenarbeit zwischen ambulanten Pflegediensten, Vertragsärztin/Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeutin/Vertragspsychotherapeut und Krankenhäusern sind in § 7 der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) dargestellt [1]. Zusammengefasst obliegt der Hausarztpraxis die Koordination der Zusammenarbeit, die Überprüfung des gesundheitlichen Zustands der Patientin oder des Patienten anhand der Pflegedokumentation und die Ableitung sowie Verordnung notwendiger Maßnahmen, Verbandmaterialien und Hilfsmittel.

Ohnehin verpflichtend umzusetzen und darüber hinaus organisatorisch hilfreich für die Zusammenarbeit zwischen Pflege und Arztpraxis sind in § 4 der Qualitätsmanagement-Richtlinie des G-BA genannte Methoden und Instrumente [2]:

  • Schriftlich festgelegte Regelung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten
  • Prozess- bzw. Ablaufbeschreibungen, insbesondere für die Patientenversorgung
  • Schnittstellenmanagement an den Schnittstellen der Versorgung durch gezielte Kommunikation und abgestimmte Zusammenarbeit aller Beteiligten. Für eine sichere und patientenorientierte Versorgung sollen besonders die Übergänge entlang der gesamten Versorgungskette so gestaltet werden, dass alle erforderlichen Informationen zeitnah zur Verfügung stehen und eine koordinierte Versorgung gewährleistet ist.
  • Checklisten, um die verlässliche Umsetzung der Einzelaspekte eines Prozesses zu ermöglichen
  • Teambesprechungen
  • Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen mit unmittelbarem Bezug zur eigenen Tätigkeit
  • Patienten- und Mitarbeiterbefragungen, um Veränderungsmaßnahmen für Verbesserungen abzuleiten

Damit eine gelungene Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen mit dem Ziel des Patientenwohls gelingen kann, müssen zunächst in der eigenen Praxis die Verantwortlichkeiten klar geregelt sein. Besonders das Schnittstellenmanagement muss sorgfältig und auf Augenhöhe erfolgen. Daraus ergibt sich für Hausarztpraxen ein großer organisatorischer Aufwand, der ohne die Unterstützung erfahrener MFA oder VERAH® gar nicht zu bewältigen wäre.

Die Arztpraxis koordiniert die Zusammenarbeit

Das Team der Hausarztpraxis muss verschiedene Pflegesituationen für die individuellen Patientinnen und Patienten koordinieren. Dazu gehört der „alltägliche“ Kontakt mit ambulanten Pflegediensten oder Pflegekräften in stationären Pflegeeinrichtungen für die optimale Patientenversorgung. Hinzu kommt die Beratung der Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen im Wirrwarr des gelegentlich undurchsichtigen Gesundheitssystems und die Kommunikation mit den Krankenkassen.

Außerdem muss die Hausarztpraxis besondere Situationen managen, damit keine Versorgungsbrüche für ihre Patientinnen und Patienten entstehen. Dazu gehört insbesondere die Notwendigkeit der vorübergehenden oder dauerhaften Krankenpflege nach Krankenhausaufenthalten. In dem Fall kommt noch ein Kommunikationspartner mehr hinzu: Das Krankenhaus. Krankenhausärztinnen- und -ärzte können eine häusliche Krankenpflege für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen nach der Entlassung verordnen. Eine entsprechende Kommunikation mit dem Team der weiterbehandelnden Hausarztpraxis im Rahmen des Entlassmanagements ist unbedingt nötig, damit eine nahtlose Anschlussversorgung erfolgen kann.

Das Team in der Hausarztpraxis ist die wichtigste Schnittstelle zwischen Pflegeheim, Krankenkasse und Krankenhaus.

Die Rolle von MFA

An sich liegt die Verantwortlichkeit beim Verordnenden, also der Ärztin oder dem Arzt der vertragsärztlichen Praxis. Diese können und sollten sich aber durchaus von MFA oder entsprechend ausgebildeten VERAH® unterstützen lassen. Dabei erfüllen MFA mehr als ihre Aufgaben im Rahmen der Sprechstunde oder bei Hausbesuchen. Sie sollten sich im medizinischen Versorgungssystem bestens auskennen und an den Schnittstellen kompetent und effektiv agieren können.

Der Hausarztpraxis kommt die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen für ihre Patientinnen und Patienten zu. Dementsprechend leitet das MFA-Team alle notwendigen Behandlungsschritte ein. Das beinhält auch die Edukation von Patientin und Patient sowie deren Angehörigen oder Betreuenden sowie die enge Zusammenarbeit mit Pflegediensten.

MFA oder VERAH® unterstützen Vertragsärztinnen und -ärzte bei der Koordination der Zusammenarbeit mit weiteren Einrichtungen des Gesundheitssystems.

Der Verantwortungsbereich der Pflege

In der Verantwortung der Pflegedienste liegt die Berichterstattung gegenüber der Arztpraxis für die verordneten Leistungen, wie z.B. Verbandwechsel. Dabei berichtet der Pflegedienst bei Veränderungen der Pflegesituation oder nach Aufforderung.

Diese Berichterstattung gelingt am effektivsten mit einer vollständig geführten Pflegedokumentation, die z. B. auszugsweise an die Arztpraxis übermittelt werden kann. Insbesondere in der häuslichen Pflege hängt die adäquate Pflege und Wundversorgung vom Vorhandensein von Hilfs- und Verbandmitteln ab. Diese müssen von Vertragsärztin oder -arzt verordnet werden. Um dementsprechend geeignete und auf die Ursachen abgestimmte Diagnostik, Verbandstoffe und notwendige Therapien zu erhalten, müssen Mitarbeitende der Pflegedienste professionell und auf Augenhöhe mit der jeweiligen Arztpraxis der Pflegebedürftigen kommunizieren.

Konfliktherde

Während in der Theorie alle Verantwortlichkeiten für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Arztpraxis und Pflege spezifiziert sind, sieht die Praxis mitunter leider anders aus.

Konfliktherde ergeben sich in erster Linie aus überarbeiteten und dementsprechend gestressten sowie teils überforderten Mitarbeitenden im Gesundheitssystem. Es fehlt an Zeit für die wichtige Kommunikation mit anderen an der Behandlung und Pflege Beteiligten. Dazu kommt teils noch die fehlende Zeit für die Dokumentation, die dadurch im schlimmsten Fall unvollständig ist. Weiterhin erschweren teilweise erhebliche Unterschiede im Fachwissen Gespräche auf Augenhöhe.

Insbesondere im Bereich der Wundversorgung können schnell Brüche in der Kommunikation zwischen Pflegekräften und Arztpraxen entstehen. Da die Ausstellung von Rezepten und Folgeverordnungen durch behandelnde Ärztinnen und Ärzten erfolgt, müssen diese rechtzeitig und adäquat durch das Pflegepersonal informiert werden. Problematisch wird es dann, wenn die Pflegedokumentation unvollständig ist, Ärztin bzw. Arzt nicht erreichbar ist oder die Pflegedokumentation nicht kennt.

Ein Problem für Pflegekräfte in der stationären sowie der ambulanten Pflege ist, dass sie meist mit sehr vielen verschiedenen Hausarztpraxen konfrontiert sind. Durch die freie Arztwahl kann beinahe jeder Pflegebedürftige in einer Einrichtung eine andere Ärztin oder Arzt haben. Dadurch ergeben sich viele verschiedene Kooperationspartner und teilweise unkoordinierte Arztbesuche. Außerdem verordnen unterschiedliche Ärztinnen und Ärzte verschiedene Präparate einer Wirkstoffgruppe für dieselbe Indikation, was das Stellen der Medikamente für Pflegende (unnötig) erschwert.

Wie erreicht man eine gute Zusammenarbeit?

Der Kernpunkt bei der Zusammenarbeit zwischen Arztpraxis und Pflege ist die Kommunikation an den Schnittstellen, also den Übergängen der Versorgung.

Am wichtigsten für eine gelungene Kommunikation ist der gegenseitige, einrichtungsübergreifende Respekt. Mitarbeitende der Hausarztpraxis sollten sich in spezifische Herausforderungen des Pflegepersonals genauso hineinversetzen können wie andersherum. Dadurch erübrigen sich bereits viele kleinere Schwierigkeiten.

Eine gelungene Kommunikation setzt voraus, dass man dieselbe Sprache spricht und kompatible Kommunikationskanäle nutzt. Da helfen gemeinsame Teambesprechungen, um auf demselben Wissensstand zu sein. Zwischen Pflegedienst oder -einrichtung und Arztpraxis sollten klare Absprachen getroffen werden, wie schnell und unbürokratisch miteinander kommuniziert werden kann. Das gelingt, wenn

  • in jeder Einrichtung die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind
  • die Kommunikationskanäle aufeinander abgestimmt sind
  • digitale Kommunikationsmöglichkeiten eingebunden werden
  • abgestimmte Vorlagen, am besten gemeinsam, erstellt werden
  • im wahrsten Sinn dieselbe Sprache gesprochen wird. Fachbegriffe und Abkürzungen sollten aufeinander abgestimmt sein.

Auch fachlich muss die Kommunikation auf Augenhöhe erfolgen können. Deshalb sollte das individuelle Fachwissen in regelmäßigen (auch einrichtungsinternen) Teambesprechungen abgeklärt und bei Bedarf erweitert werden. Weiterbildungen, die fachliche Relevanz zu Themen im jeweiligen Tätigkeitsfeld haben, sollen allen Mitarbeitenden offenstehen.

Literatur

Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.