Nacken tapen

Nacken tapen

Die Halswirbelsäule ist aufgrund ihrer hohen Beweglichkeit und permanenten Belastung durch Kopfgewicht, Fehlhaltungen und psychosoziale Stressfaktoren besonders anfällig für muskuloskelettale Beschwerden. Kinesiologisches Taping der Nackenregion kann zur Schmerzlinderung, Verbesserung der Muskelfunktion und Förderung regenerativer Prozesse beitragen.

Nacken tapen: Anleitung

Anleitung 1: Nacken tapen bei HWS-Syndrom

Anleitung 2: Weitere Anlagen bei HWS-Syndrom

Anleitung 3: Nacken tapen bei HWS-Syndrom und Problematik am CTÜ (Cerviko-Thorakaler-Übergang)

Anleitung 4: Nacken tapen bei Migräne

Anleitung 5: Nacken tapen, Muskulatur der Wirbelsäule

Anleitung 6: Nacken tapen bei Nackensteife und Spannungskopfschmerz

Wichtige Hinweise - vor dem Tapen

Anatomie der Nackenregion

Knöcherne Strukturen

Die knöcherne Basis des Nackens bilden die Vertebrae cervicales (Halswirbel). Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Wirbeln (C1–C7):

  • C1 (Atlas): Trägt den Schädel und ermöglicht Nickbewegungen (Flexion/Extension).
  • C2 (Axis): Ermöglicht die Rotation des Kopfes durch den Dens axis (Zahnfortsatz).
  • C3–C7: Gewährleisten Beweglichkeit und strukturelle Stabilität der Halswirbelsäule.

Funktion: Schutz des Rückenmarks, biomechanische Stabilität, Ermöglichung komplexer Bewegungsmuster (Flexion, Extension, Lateralflexion, Rotation).

Muskuläre Strukturen

Die Nackenmuskulatur lässt sich funktionell-anatomisch in oberflächliche, mittlere und tiefe Schichten gliedern:

a) Oberflächliche Muskelschicht

  • Musculus trapezius (Kapuzenmuskel): Hebt, senkt und rotiert die Scapula, extendiert den Kopf.
  • Musculus sternocleidomastoideus (großer Kopfwender): Ermöglicht Rotation und Lateralflexion des Kopfes, bei beidseitiger Kontraktion Flexion der Halswirbelsäule.

b) Tiefe Nackenmuskulatur

  • Musculi splenii (capitis et cervicis): Extension und Rotation des Kopfes und der Halswirbelsäule.
  • Musculus semispinalis, Musculus multifidus: Stabilisieren segmental die Wirbelsäule, Extension und Rotation.
  • Musculi scaleni (anterior, medius, posterior): Atemhilfsmuskeln (Elevation der ersten beiden Rippen), Lateralflexion der Halswirbelsäule.

Funktion: Bewegungssteuerung des Kopfes, segmentale Stabilisierung der Halswirbelsäule, Unterstützung der Atemfunktion.

Ligamentäre und tendinöse Strukturen

  • Ligamentum nuchae (Nackenband): Fortsetzung des Ligamentum supraspinale, stabilisiert die Kopfhaltung und dient als Muskelansatzfläche.
  • Ligamenta alaria (Flügelbänder): Stabilisieren den Dens axis und limitieren Rotation.
  • Ligamentum transversum atlantis (Querband des Atlas): Sichert den Dens axis gegen ventrale Dislokation.
  • Sehnen: Verbinden Muskulatur mit ossären Strukturen, beispielsweise die Sehne des Musculus trapezius.

Funktion: Stabilisierung der Kopf-Hals-Verbindung, Begrenzung pathologischer Bewegungsexkursionen.

Neurovaskuläre Strukturen

  • Nervi spinales C1–C8: Versorgen sensibel und motorisch die Nacken-, Schulter- und Armregion.
  • Plexus cervicalis: Sensible und motorische Innervation, unter anderem des Nervus phrenicus (Zwerchfellversorgung).
  • Arteria vertebralis: Verläuft durch die Foramina der Processus transversi (C6–C1), essenzielle Versorgung des Hirnstamms und Cerebellums.

Funktion: Sensorische und motorische Nervenversorgung, zerebrale und zervikale Perfusion.

Nacken- und Rückenmuskulatur

Häufigste Erkrankungen und Beschwerden im Nackenbereich

Krankheitsbild Symptome Ätiologie
Zervikalsyndrom (HWS-Syndrom) Lokale Nackenschmerzen, mögliche Ausstrahlung in obere Extremität oder Kopf Fehlhaltung, muskuläre Verspannungen, degenerative Bandscheibenveränderungen
Myofasziale Schmerzsyndrome Triggerpunkte, Druckschmerz, muskuläre Verhärtungen Chronischer Stress, Fehlhaltung, monotone Belastung
Spannungskopfschmerz Bilateraler, drückender Kopfschmerz, Nackensteifigkeit Muskelverspannungen im Nacken-Schulter-Bereich
Zervikaler Bandscheibenvorfall Radikuläre Schmerzen, Parästhesien, Paresen Nervenwurzelkompression, häufig C5–C6 oder C6–C7
Zervikale Spinalkanalstenose Gangstörung, Myelopathie-Zeichen, Paresen Degenerative Einengung des Spinalkanals mit Rückenmarkskompression
HWS-Distorsion (Schleudertrauma) Akute Nackenschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen, neurovegetative Symptome Akzelerations-Dezelerations-Trauma, z. B. bei Verkehrsunfällen

Mögliche Ursachen für Nackenbeschwerden

Erkrankungen im Nackenbereich entstehen meist durch eine multifaktorielle Genese unter Beteiligung physischer, psychosozialer und umweltbedingter Faktoren.

Mechanische Überlastung

  • Fehlhaltungen: Chronische Ventralneigung des Kopfes (z. B. bei prolongierter Bildschirmarbeit, „Text Neck"-Syndrom).
  • Repetitive Belastung: Monotone Bewegungsmuster oder statische Haltungen im beruflichen Kontext.
  • Ergonomische Defizite: Inadäquate Arbeitsplatzgestaltung (Monitore, Sitzmöbel, Tastaturposition).

Muskuläre Dysbalancen

  • Muskelverspannungen: Stress- oder belastungsinduzierte Dauerkontraktion der Nacken-Schulter-Muskulatur.
  • Muskuläre Atrophie: Inaktivitätsbedingte Schwächung der stabilisierenden autochthonen Rückenmuskulatur.

Degenerative Veränderungen

  • Spondylarthrose: Degenerative Veränderungen der Facettengelenke (Articulationes zygapophysiales).
  • Zervikale Bandscheibendegeneration: Vorwölbung (Protrusion) oder Prolaps (Extrusion) des Nucleus pulposus mit potenzieller Nervenkompression.

Nervale Pathologien

  • Radikulopathie: Reizung oder Kompression zervikaler Nervenwurzeln durch Diskushernie, Foramenstenose oder Osteophyten.
  • Symptome: Ausstrahlende Schmerzen in die obere Extremität, Parästhesien, Paresen.

Psychosoziale Faktoren

  • Psychischer Stress: Emotionale Belastung führt zu erhöhtem Muskeltonus im Nacken-Schulter-Bereich.
  • Depression und Angststörungen: Können chronische Schmerzsyndrome verstärken und perpetuieren.

Traumatische Läsionen

  • Schleudertrauma (HWS-Distorsion): Akzelerations-Dezelerations-Mechanismus bei Verkehrsunfällen mit Überdehnung zervikaler Strukturen.
  • Sportverletzungen: Traumata durch inadäquate Technik oder Überlastung.

Häufig gestellte Fragen

Was bewirkt Tapen am Nacken?

Wie tape ich den Nacken richtig?

Wann sollte das Tape entfernt werden?

Wann ist Nackentapen sinnvoll?

Welches Tape für den Nacken?

Studienlage zur Wirkung von kinesiologischem Taping bei Nackenbeschwerden

Die Evidenzlage zum kinesiologischen Taping bei Nackenpathologien zeigt gemischte Ergebnisse. Mehrere randomisierte kontrollierte Studien und systematische Reviews haben verschiedene Aspekte der Tape-Anwendung bei Nackenbeschwerden untersucht.

Saavedra-Hernández et al. (2012) untersuchten in ihrer randomisierten kontrollierten Studie "Kinesio Taping reduces disability and pain slightly in patients with mechanical neck pain" Patienten mit mechanischem Nackenschmerz. Das kinesiologische Tape führte zu einer kurzfristigen, geringgradigen Reduktion von Schmerz und Funktionseinschränkung direkt nach der Applikation, jedoch zeigten sich keine signifikanten Langzeiteffekte.

Morris et al. (2013) kamen in ihrem systematischen Review "The clinical effects of Kinesio® Tex taping: A systematic review" zu dem Schluss, dass kinesiologisches Tape kurzfristig zu Schmerzlinderung und Verbesserung der Beweglichkeit beitragen kann. Die Effekte sind jedoch meist moderat und zeitlich limitiert.

Kaya et al. (2011) untersuchten in ihrer Studie "Immediate Effects of Kinesio Taping on Pain and Range of Motion in Patients with Shoulder Impingement Syndrome" die unmittelbaren Effekte bei Schulter-Impingement-Syndrom. Obwohl auf die Schulterregion fokussiert, zeigen sich vergleichbare Mechanismen. Unmittelbar nach der Applikation wurde eine Verbesserung der Beweglichkeit und Schmerzreduktion beobachtet.

Taping des Nackens kann als nicht-invasive, kostengünstige Ergänzung zur Therapie dienen. Wichtig ist eine exakte Indikation, korrekte Anlagetechnik und sinnvolle Kombination mit weiteren Maßnahmen wie Dehnübungen und Physiotherapie

 

Wie ist die Wirksamkeit von Kinesiologie Tapes wissenschaftlich einzuordnen?

Literatur und Buchempfehlungen

Die Autorin Agnieszka See

Agnieszka See ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie arbeitet auf einer neurologischen Intensivstation. Als Wundexpertin ICW ist sie für die Wundversorgung auf ihrer Station verantwortlich. Als Heilpraktikerin verfügt sie über ein breites naturheilkundliches Wissen. Ihr persönliches Ziel ist die Kooperation zwischen der Medizin und der Naturheilkunde. Seit Herbst 2022 ist sie für Dr. Ausbüttel als Moderatorin tätig.