Arbeitsschutz in der Arztpraxis
Während der Arbeitsschutz in der Arztpraxis Ihre Gesundheit in den Mittelpunkt stellt, konzentriert sich die Arbeitssicherheit stärker darauf, Unfällen und Verletzungen vorzubeugen. In der Praxis sind Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit schwer voneinander zu trennen. Beides ist unverzichtbar.
Was genau verstehen Fachleute unter Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit?
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sind zentrale Konzepte, die darauf abzielen, die Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Obwohl die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es dennoch feine Unterschiede.
Arbeitsschutz
Er umfasst alle Maßnahmen, Mittel und Methoden zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen. Dazu gehören sowohl präventive als auch korrektive Maßnahmen, um Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden.
Der Arbeitsschutz in der Arztpraxis hat folgende Teilbereiche:
- Organisation von Arbeits- und Gesundheitsschutz
- regelmäßige Bewertung von Gefährdungen
- Formulieren und Veröffentlichen von Betriebsanweisungen
- regelmäßige Schulung von Mitarbeitenden
- Kontrollen, ob die Arbeitsschutzmaßnahmen eingehalten werden
- Prüfen der Sicherheit der Arbeitsmittel
- Umweltschutz
Arbeitssicherheit
Sie bezieht sich spezifisch auf die Verhütung von Arbeitsunfällen – es geht also darum, sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Sie ist ein Teilbereich des Arbeitsschutzes und konzentriert sich auf die technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen zur Unfallverhütung.
- Beachtung von Hygienerichtlinien und Infektionsschutz
- sicheres Bedienen elektrischer Anlagen und Geräte
- sorgsamer Umgang mit Gefahrstoffen bei Labortätigkeiten
- Beachtung des Brandschutzes
- gesundes Sitzen und ergonomische Bildschirmarbeit
- aufgeräumte Laufwege in der Praxis
- Vermeiden von physischen und psychischen Belastungen
- Strahlenschutz
In der Arztpraxis spielen beide Konzepte eine wichtige Rolle, da hier nicht nur die Sicherheit der Mitarbeitenden, sondern auch die der Patienten und Patientinnen gewährleistet werden muss.
Zuständigkeiten und Rechtsgrundlage
Die rechtliche Grundlage für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in der Arztpraxis bildet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dieses Gesetz verpflichtet Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dazu, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten.
Der Praxisinhaber beziehungsweise die Praxisinhaberin trägt also die Hauptverantwortung für den Arbeitsschutz und die Arbeitssicherheit in der Arztpraxis. Er oder sie muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen, deren Wirksamkeit überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
In größeren Praxen oder MVZs macht es Sinn, zusätzlich eine Fachkraft für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese berät die Praxisleitung in allen Fragen der Arbeitssicherheit und unterstützt dabei, Schutzmaßnahmen umzusetzen.
Auch die Mitarbeitenden haben Pflichten im Arbeitsschutz. Sie müssen die Schutzmaßnahmen beachten, Gefahren melden und zur Verbesserung der Arbeitssicherheit beitragen.
Weitere relevante Rechtsgrundlagen sind:
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- Biostoffverordnung (BioStoffV)
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
- Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften
Checkliste Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in der Arztpraxis
Die Bereiche Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sind sehr umfangreich und umfassen viele Maßnahmen. Wir haben Ihnen hier die wichtigsten Standardaspekte als Checkliste zusammengefasst.
Stolperfallen
Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle gehören zu den häufigsten Unfallarten am Arbeitsplatz. In der Arztpraxis können glatte Böden, herumliegende Kabel oder unzureichende Beleuchtung zu Gefahrenquellen werden. Auch an die Wand gelehnte Gehhilfen oder niedrige Drehhocker im Labor werden schnell mal übersehen.
Präventive Maßnahmen:
- Installation von rutschfesten Bodenbelägen
- regelmäßige Reinigung und sofortige Beseitigung von Verschmutzungen
- ordnungsgemäße Verlegung von Kabeln und Leitungen
- ausreichende Beleuchtung, insbesondere in Treppenhäusern und Fluren
- Freihalten von Verkehrswegen (auch über Hinweisschilder für Patienten und Patientinnen)
Elektrik
Elektrische Gefahren können zu schweren Unfällen führen. In der Arztpraxis, wo viele medizinische Geräte zum Einsatz kommen, ist besondere Vorsicht geboten. Das ist den meisten Mitarbeitenden bewusst, aber wer denkt schon darüber nach, dass beispielsweise eine Kaffeemaschine, die über Nacht versehentlich eingeschaltet bleibt, einen Brand auslösen kann?
Schutzmaßnahmen:
- regelmäßige Prüfung und Wartung aller elektrischen Geräte und Anlagen
- Verwendung von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (FI-Schalter)
- Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit elektrischen Geräten
- sofortige Reparatur oder Austausch defekter Geräte oder Kabel
- Schutz vor Feuchtigkeit bei elektrischen Installationen
- sorgsamer Umgang mit elektrischen Geräten (Hitzestau vermeiden, Geräte ausschalten etc.)
Ergonomie
Ergonomische Aspekte sind bedeutend, um Muskel-Skelett-Erkrankungen vorzubeugen. In der Arztpraxis betrifft dies das ganze Team.
Vorgehensweise:
- Bereitstellung ergonomischer Bürostühle und höhenverstellbarer Schreibtische
- Anpassung der Arbeitshöhe bei Untersuchungsliegen und Behandlungsstühlen
- Schulungen zur richtigen Körperhaltung bei der Arbeit
- regelmäßige Pausen und Möglichkeiten zum Positionswechsel
- Einsatz von ergonomisch gestalteten Arbeitsmitteln und Instrumenten
Gefahrstoffe
In der Arztpraxis kommen verschiedene Gefahrstoffe zum Einsatz, darunter Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel und eventuell Laborchemikalien.
Der Umgang damit erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen:
- Erstellung eines Gefahrstoffverzeichnisses und Verfügbarkeit von Sicherheitsdatenblättern
- sichere Lagerung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen
- gegebenenfalls Bereitstellung und Verwendung geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (beispielsweise Handschuhe)
- Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit Gefahrstoffen
- Einrichtung von Notfalleinrichtungen wie Augenspülstationen
Infektionsschutz
In der Arztpraxis besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen.
Maßnahmen:
- Erstellung und Umsetzung eines Hygieneplans
- regelmäßige Schulungen zu Hygienemaßnahmen
- Bereitstellung und korrekter Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung (PSA)
- sachgerechter Umgang und Entsorgung von kontaminierten Materialien (etwa nach Abstrichen)
- Impfangebote für das Personal (etwa gegen Hepatitis)
Hautschutz
Einige Maßnahmen zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bringen neue Risiken mit sich. Beispielsweise raten Fachleute dazu, Schutzhandschuhe nicht zu lange zu tragen und zusätzlich auf eine sorgfältige Pflege der Hände zu achten, um Hauptprobleme zu vermeiden.
Umgang mit scharfen und spitzen Gegenständen
Verletzungen durch Kanülen oder andere scharfe Instrumente stellen ein besonderes Risiko dar.
Schutzmaßnahmen:
- Verwendung von Sicherheitskanülen und -skalpellen
- Bereitstellung und Nutzung von Abwurfbehältern für scharfe Gegenstände
- Schulungen zur korrekten Handhabung und Entsorgung
- Etablierung eines Notfallplans für Stich- und Schnittverletzungen
Röntgensicherheit
In Praxen mit Röntgeneinrichtungen sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich:
- Einhaltung der Röntgenverordnung und regelmäßige Überprüfungen
- Verwendung von Strahlenschutzkleidung
- Schulung des Personals im Strahlenschutz
- regelmäßige Dosisüberwachung für exponierte Mitarbeiter
- Kennzeichnung von Strahlenschutzbereichen
Psychische Belastungen
Die Arbeit in einer Arztpraxis kann auch zu psychischen Belastungen führen, etwa durch Zeitdruck, emotionale Anforderungen im Umgang mit Patienten und Patientinnen (auch die Diagnose schwerer Erkrankungen oder Todesfälle) oder Konflikte im Team.
Tipps für die Reduzierung psychischer Belastungen:
- Teambesprechungen und offene Kommunikationskultur
- Angebot von Supervision oder psychologischer Unterstützung
- Schulungen zum Umgang mit schwierigen Patienten oder Stresssituationen
- Gestaltung von Arbeitsabläufen zur Vermeidung von Überlastung
- Förderung einer ausgewogenen Work-Life-Balance
Umgang mit aggressiven Patienten
In der Arztpraxis kann es zu Konflikten mit Patienten und Patientinnen kommen. Eskaliert die Situation, stellt das womöglich eine Gefahr für die Beschäftigten dar.
Schutzmaßnahmen:
- Schulungen zur Deeskalation und zum Umgang mit aggressiven Patienten
- Einrichtung von Alarm- oder Notrufsystemen
- Gestaltung der Praxisräume zur Minimierung von Gefährdungen
- Erstellung eines Notfallplans für Bedrohungssituationen
- Nachsorge und psychologische Unterstützung für betroffene Mitarbeiter
Schwangerschaft und Stillzeit
Für schwangere oder stillende Mitarbeiterinnen gelten besondere Schutzbestimmungen:
- Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz
- Anpassung der Arbeitsbedingungen oder Arbeitsplatzwechsel bei Bedarf
- Beachtung von Beschäftigungsverboten (beispielsweise bei bestimmten Infektionsrisiken)
- Information über spezielle Schutzrechte während Schwangerschaft und Stillzeit
Pflichtschulungen
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sind in der Arztpraxis unverzichtbar. Die Praxisleitung muss dafür Sorge tragen, dass Beschäftigte Ihr Wissen mindestens einmal im Jahr auffrischen. Fangen Mitarbeitende neu in der Praxis an, ist sicherzustellen, dass sie entsprechend informiert sind. Auszubildende unter 18 Jahren müssen sogar zweimal im Jahr umfangreihe Informationen erhalten, und zwar über Gesundheits- und Unfallgefahren sowie zu den Bereichen Hygiene und Immunisierungsmöglichkeiten.
Jährliche Unterweisungen mit Wunde+
Für diese Themen stehen Pflichtschulungen an:
- Brandschutz und Verhalten im Brandfall
- Umgang mit Gefahrstoffen
- Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen
- Hygiene und Infektionsvermeidung
- Verhalten bei Unfällen und Notfällen
- Umgang mit Röntgenstrahlen und/oder radioaktiven Substanzen;
- Gefährdungen am Arbeitsplatz sowie entsprechende Schutzmaßnahmen
- Umgang mit Arbeitsmitteln, elektronischen Geräten, Anlagen und Medizinprodukten
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in der Arztpraxis vielschichtige Themen sind, die sowohl allgemeine als auch spezifische Aspekte umfassen. Die Umsetzung erfordert ein kontinuierliches Engagement aller Beteiligten, regelmäßige Schulungen und die Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten. Nur so kann ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeiter und Patienten gewährleistet werden.