Heilmittel: Erklärung und Übersicht

Heilmittel: Erklärung und Übersicht

Heilmittel sind medizinische Dienstleistungen, die von speziell ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten abgegeben werden können. Die Verordnung von Heilmitteln gehört zum medizinischen Alltag. Dabei sind zahlreiche Regelungen und gesetzliche Vorschriften zu beachten.

Dieser Artikel fasst die wichtigsten Grundlagen zur Verordnung von Heilmitteln zusammen und wirft einen Blick auf Heilmittel im Allgemeinen, die Heilmittel-Richtlinie, den Heilmittelkatalog und auf die Verordnung von Heilmitteln.

Was sind Heilmittel bzw. wer ist ein Heilmittelerbringer?

Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Dienstleistungen, die von Vertragsärztinnen und -ärzten verordnet und von ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten erbracht werden.

Zu den Heilmitteln gehören Maßnahmen der Physio-, Ergo-, Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie (Logopädie) sowie Podologie und Ernährungstherapie. Therapeutinnen und Therapeuten müssen dafür eine Zulassung, bei der für das jeweilige Bundesland zuständigen Arbeitsgemeinschaft nach § 124 Absatz 2 SGB V beantragen.

Übersicht über Hilfsmittel Abbildung

Abbildung 1: Heilmittelerbringer A) Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie (Logopädie); B) Ernährungstherapie; C) Ergotherapie; D) Physikalische Therapie (Physiotherapie und Krankengymnastik) und E) Podologische Therapie

Bei welchen Indikationen können Heilmittel verordnet werden?

Eine Heilmittelverordnung kann nur erfolgen, wenn sich die Ärzt:innen persönlich über den Zustand der Patient:innen, der persönlichen Lebensumstände und Kontextfaktoren sowie über bisher ausgestellte Heilmittelverordnungen informiert haben, oder diese aus der laufenden Behandlung bekannt sind. Eine Verordnung kann und darf nur nach Maßgabe der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erfolgen. Diese beschreibt, welche Leistungen durch Ärzt:innen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet, und von zugelassenen Heilmitteltherapeut:innen erbracht werden dürfen.

Heilmittel können bei verschiedenen medizinischen Indikationen verordnet werden. Dazu gehören:

  • Orthopädische Erkrankungenund Verletzungen wie Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfall, Arthrose, Knie- oder Hüftgelenksarthrose, Knochenbrüche, Verstauchungen, Sehnen- oder Bänderverletzungen.
  • Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose, Parkinson-Krankheit, periphere Neuropathie oder zerebrale Lähmung
  • Atemwegserkrankungen wie Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Mukoviszidose
  • Rheumatische Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis oder Spondylitis ankylosans
  • Im Bereich der Pädiatrie bei Entwicklungsstörungen, Haltungsschwächen, neurologischen Störungen oder nach Unfällen.
  • Im Bereich der Geriatrie zur Rehabilitation nach Stürzen, bei Arthrose, Osteoporose, Gangstörungen oder zur Verbesserung der Mobilität und Selbstständigkeit

Was ist die Heilmittel-Richtlinie?

Die Heilmittel-Richtlinie ist eine Richtlinie, die in der gesetzlichen Krankenkasse die Verordnung und Erstattung von Heilmitteln regelt.

Die Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) wird vom GBA erlassen und definiert, welche Heilmittelgruppen von der Versorgungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen erfasst sind und unter welchen Voraussetzungen sie verordnet und erstattet werden. Die Heilmittel-Richtlinie für Vertragsärzte (HeilM-RL) besteht aus zwei Teilen, wobei der zweite Teil den Heilmittelkatalog beinhaltet. Der erste Teil beschreibt Grundsätze, Voraussetzungen der Verordnung, Informationen zum nachgelagerten Heilmittelkatalog, Angaben zum Verordnungsvordruck sowie Vorgaben zur Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern (Therapeuten).  Der zweite Teil besteht aus einem Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen (Heilmittelkatalog) und eine Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf. Zudem sind in der Richtlinie vom G-BA geprüfte, nicht verordnungsfähige Heilmittel aufgeführt.

Die Heilmittel-Richtlinie legt fest, welche Diagnosen und Indikationen eine Heilmittelverordnung rechtfertigen, welche therapeutischen Maßnahmen angewendet werden dürfen, wie viele Behandlungseinheiten verordnet werden können und welche Qualifikationen die Therapeuten haben müssen. Sie enthält auch Regelungen zur Dokumentation, Qualitätssicherung und Abrechnung der Heilmittelbehandlungen.

Es gibt zwei Varianten der Heilmittel-Richtlinien: Eine Richtlinie regelt die Verordnung von Heilmitteln durch Vertragsärzte (HeilM-RL), die andere die Verordnung durch Zahnärzte (HeilM-RL ZÄ). Zahnärzte dürfen ausschließlich Physikalische Therapie sowie Sprech- und Sprachtherapie verordnen, hingegen die Ärzte auch Ergotherapie, podologische Maßnahmen und Ernährungstherapie.

Ärzte und Leistungserbringer müssen bei der Verordnung und Durchführung von Heilmitteln die Vorgaben der Heilmittel-Richtlinie beachten, um eine korrekte Abrechnung und Erstattung durch die Krankenkassen zu gewährleisten.

Was ist ein Heilmittelkatalog?

Der Heilmittelkatalog stellt ein Verzeichnis der verordnungsfähigen Maßnahmen dar und ist Bestandteil der Heilmittel-Richtlinie (gesondertes Dokument).

 Der Heilmittelkatalog gibt für jede Diagnosegruppe u. a.

  • die verordnungsfähigen Heilmittel,
  • die Höchstmengen je Verordnungsblatt sowie
  • für Physiotherapie, Ergotherapie und Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie eine „orientierende Behandlungsmenge“

vor.

Der langfristige Heilmittelbedarf

Patientinnen und Patienten mit schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen benötigen in bestimmten Fällen dauerhaft Heilmittel und haben daher einen „langfristigen Heilmittelbedarf“.

Die Heilmittel-Richtlinie enthält als Anlage 2 eine Diagnoseliste. Sie führt die Erkrankungen auf, bei denen eine langfristige Heilmitteltherapie erforderlich werden kann. Wenn es sich bei der vorliegenden Indikation um einen gelisteten oder auf Antrag genehmigten langfristigen Heilmittelbedarf oder einen gelisteten besonderen Verordnungsbedarf handelt, lassen die entsprechenden Heilmittel für die Dauer von bis zu zwölf Wochen auf einem Verordnungsvordruck verordnen.

Bei den gelisteten langfristigen Heilmittelbedarfen und den besonderen Verordnungsbedarfen wird keine Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse der Patient:innen benötigt. 

Verordnungen, die im Rahmen eines langfristigen Heilmittelbedarfs ausgestellt werden, unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Ist eine bestimmte Kombination nicht gelistet, jedoch hinsichtlich der Schwere und Langfristigkeit der funktionellen beziehungsweise strukturellen Schädigungen mit den gelisteten vergleichbar, so kann ein langfristiger Heilmittelbedarf durch die Patientin oder den Patienten bei seiner Krankenkasse beantragt werden. Ein Musterantrag befindet sich aus Seite 4 der „Patienteninformation Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs“ vom G-BA.

Verordnungsformular:

Für die Heilmittelverordnung wird das Formular 13 zur Verordnung sämtlicher Heilmittel verwendet.

Blankoverordnungen:

Die Heilmittel-Richtlinie enthält Vorgaben zur Ausstellung von Blankoverordnungen, deren Ausstellen jedoch erst zukünftig möglich sein wird.

Zuzahlungen:

Von den Zuzahlungen befreit sind Versicherte, die

  • das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
  • einen Befreiungsausweis ihrer Krankenkasse vorlegen oder
  • durch die besonderen Kostenträger Postbeamtenkrankenkasse A, Bundeswehr, Heilfürsorge Polizei, BVG/BEG versichert sind.

Bei der Abgabe von Heilmitteln in der Arztpraxis ist keine zusätzliche Gebühr in Höhe von 10 Euro zu zahlen. Bei der Abgabe von Heilmitteln außerhalb der Arztpraxis, z.B. beim Physiotherapeuten ist eine zusätzliche Gebühr von 10 Euro pro Verordnungsblatt zahlen.

Rechtlicher Hinweis

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Die Autorin Dr. Christine von Reibnitz
Dr. Christine von Reibnitz, Referentin Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement

Dr. von Reibnitz ist promovierte Gesundheitswissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Bereich des Gesundheitsmanagement. Seit 2013 ist sie bei Dr. Ausbüttel zuständig für den Bereich Krankenkassenmanagement und Expertin für die Themen Abrechnung und Recht.